Die demografische Chance

Handel

Es altert die Bevölkerung, nicht die Gesellschaft

In dieser Woche erst hat das Landwirtschaftsministerium in Mecklenburg-Vorpommern den Landkreisen und Landwirtschaftsämtern 30 Millionen Euro für den Wegebau, für Kindergärten und Gemeinschaftseinrichtungen im Jahr 2013 überwiesen. In der Agrarpolitik steht die so genannte zweite Säule für die Entwicklung des ländlichen Raums und Brandenburg zeigt monatlich, welche Ideen gefördert werden [1].
Der ländliche Raum ist in der Politik tägliche Arbeit geworden – aber die Vorstellungen über die Herausforderungen sind meist vage. Geisterbahnhöfe auf dem Land, langsam sterbende Dörfer, aber auch die Rolle der lokalen Medien: „Wenn sie immer wieder das Bild reproduzieren, eine Region werde sich negativ entwickeln, führt das dazu, dass ihre Bewohner irgendwann tatsächlich glauben, sie hätten keine Chance und müssten wegziehen.“ Das sagt Gabriele Christmann vom Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner bei Berlin [2].

„Ist kein Arzt am Ort, dann entwickelt sich ein Arztbesuch zu einem Ein-Tages-Unternehmen“, erklärte Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer, Soziologe und Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, gegenüber Herd-und-Hof.de.

Zukunft leben

Die Leibniz-Gemeinschaft hat eine Wanderausstellung zum demografischen Wandel konzipiert und zeigt ab heute im Berliner Naturkundemuseum „Die demografische Chance“. Ein abstrakter und komplexer Zusammenhang wird in vielfältigen Kuben per Ton, Bild und Video und Comics „handgreiflich“ erklärt.
Das Thema hat die Menschen schon immer beschäftigt: Welche Lebensepisoden gibt es, wie und wo werden sie gestaltet? Die begehbare Alterspyramide führt im wahrsten Sinne des Wortes in das Thema ein und führt Besucher zu verschiedenen Holzboxen. Leben, Kinder, Lernen, Altern, Arbeiten, Migration, Teilhabe und Chancen 2050 beantworten nicht die Frage, ob es sich lohnt, für drei Häuser am Dorfrand noch einen Kläranschluss zu legen. Sie beantwortet auch nicht die Frage, ob 17 Millionen Menschen weniger im Jahr 2050 mehr Fläche frei geben, um erneuerbare Energien anzubauen – Die Ausstellung zeigt aber eindrücklich, dass wir uns dem Thema stellen müssen. Und welche Politik- und Lebensbereiche davon betroffen sind.


Im Kubus "Lernen"

Lebensnah

Schon alleine die Frage, welche Auswirkungen ein verlängerter Lebensverlauf hat, setzt den Besucher in die Mitte des Geschehens. Mit bunten Mosaiksteinchen kann er sich seinen Lebensplan visualisieren. 300 Quadratmeter Ausstellungsfläche platzieren den Besucher in das Grundverständnis der demografischen Veränderung. Diese ist eine „Vorgabe und eine Vorprogrammierung“, so Prof. Mayer, sie ist aber auch zu gestalten.
Kurator Thomas Spring sagt zu seiner Ausstellung. „Es gibt keinen Grund zur Panik!“. Aber es gibt Anlass zum Nachdenken. So will die Ausstellung nach Kuratorin Petra Lutz die täglich in den Medien berichtete Statistik und die Dynamik des demografischen Prozesses sichtbar machen.
Die Ausstellung ist gleichzeitig Namensgeber für das Thema des Wissenschaftsjahres 2013 und zeigt Hintergründe und eine Einführung in das Thema. Nach dem Besuch lesen sich Meldungen von 30 Millionen Euro für den ländlichen Raum anders – werden vielliecht auch erst von der Bevölkerung als Alltagsmeldung und nicht nur als Meldung über entleerte Räume in weiter Ferne wahrgenommen.

Lesestoff:

Die Ausstellung ist bis zum 07.04. im Naturkundemuseum Berlin zu sehen. Danach ist sie bis März 2014 in Mainz, Dresden, Bochum, Bremerhaven und München zu Gast www.demografische-chance.de

[1] ELER-Projekt des Monats in Brandenburg

[2] in: Leibniz-Journal 1/2013

Roland Krieg (Text und Fotos)

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