Die Energiewende im Russlandkrieg Teil II

Handel

Energiewende beschleunigen

Auch am zweiten Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine bestätigt sich, was die Ökonomen zu den Auswirkungen auf die Energiewende schon mitgeteilt haben: Die erneuerbaren Energien müssen ausgebaut werden und der Winter ist vorbei [1].

Die Börsen reagieren viel heftiger, beruhigen sich aber auch wieder. Das gilt für Agrarprodukte sowie wie für die Preis von Erdöl und Erdgas. Welche Informationen liegen gegen Panikverhalten vor:

Schon am ersten Angriffstag sprang der Erdölpreis kurz über die Marke von 100 US-Dollar für einen Barrel (159 Liter). Das war in der zweiten Nacht wieder der Fall, als die Nordsee-Sorte Brent Von 101 US-Dollar fiel der Kurs gegen Morgen (07:45 Uhr) wieder auf 94,60 Dollar zurück. Das hängt mittelfristig nicht nur mit dem Ausblick auf iranisches Öl bei einem neuen Atom-Abkommen zusammen, sondern auch mit den am Donnerstag veröffentlichen Erdöl-Bestandsdaten. Die sind ausreichend, auch weil die US-Gesamtnachfrage zurückgegangen ist.

Die Abkehr vom russischen Erdgas ist scheint beschlossene Sache. Die Gasreserven reichen für den Restwinter aus, die EU hat Zeit, sich um neue Flüssiggaslieferungen zu kümmern, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag sagte. Die EU-Infrastruktur sei dafür vorhanden.

Die Zeichen stehen bei dennoch anhaltend hohen Preisen auf Verstärkung der energiewende.

Heute kommt die Aussage von Bruno Burger von der Abteilung Leitungselektronik und Netztechnologie am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg hinzu:

„2016 bis 2020 hatten wir aufgrund der niedrigen Erdgaspreise bei der Stromerzeugung einen Brennstoffwechsel (Fuel Shift) hin zu mehr Gas. 2021 hat sich dieser Trend wieder umgekehrt zu weniger Gas und mehr Steinkohle. Dieser Trend wird sich unter den aktuellen Vorzeichen für 2022 weiter verstärken, sodass bei hohen Gaspreisen automatisch weniger Gas verstromt wird und eher Kohle eingesetzt wird. Da es bei der Stromerzeugung also eine Second Source gibt, sollten wir die Verstromung von Erdgas erst mal auf ein Minimum beschränken, um Erdgas zu sparen. Die Speicher sollten möglichst schnell wieder gefüllt werden, damit wir zumindest für den nächsten Winter gut vorbereitet sind. Die deutschen Erdgasreserven müssen zukünftig von Deutschland verwaltet werden, damit auch sichergestellt ist, dass sie für die nationalen Bedürfnisse verfügbar sind. Die erneuerbaren Energien müssen so schnell wie möglich ausgebaut werden. Wir sollten einen nationalen Kraftakt unternehmen, zum Beispiel ein Energy Independence Programm, um uns von der Abhängigkeit von fossilen Energien so schnell wie möglich zu lösen. Dadurch reduzieren wir die Abhängigkeit und gewinnen an Souveränität.“ Beim Kohleausstieg sollte die Bunderegierung an die Flexibilität der Kraftwerke denken. „Wir sollten sie in Krisenzeiten nicht abschalten, sondern in der Reserve lassen. Der nächste Winter könnte kälter als der aktuelle sein und wir könnten auch weniger Windstromerzeugung haben. Die Versorgungssicherheit in Deutschland belegt weltweit einen Spitzenplatz, und das soll und muss auch so bleiben. Dabei könnten Steinkohlekraftwerke in der Reserve helfen. Solange sie nicht in Betrieb sind, erzeugen sie auch keine Emissionen und schaden damit auch nicht der Umwelt.“

Den schnellsten Zubau können nach Burger Solar- und Windkraftanlagen leisten.

Lamia Messari-Becker ist Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Universität Siegen. „Die derzeitige Situation lässt weitere massive Preissteigerungen und auch Energieengpässe befürchten. Die Bundesregierung sollte dringend einen Energiegipfel berufen und ein Moratorium zur bisherigen Energiewende, dem geplanten Ausbau erneuerbarer Energien sowie den geplanten Ausstiegen halten, um eine Gesamtstrategie sowie regional differenzierte Pläne für die Energiewende schnell zu entwickeln. Bund und Länder sollten schnell Blockaden überwinden, um die Transformation des Energiesystems gemeinsam zu schaffen. Geopolitisch betrachtet sollten die Bundesregierung und Europa mit einem europäischen Energieverbund sowie Energiekooperationen mit dem afrikanischen Kontinent endlich Ernst machen und ins Handeln kommen. Im europäischen Verbund lassen sich Schwankungen von erneuerbaren Energieerträgen besser ausgleichen. Energiekooperation mit dem afrikanischen Kontinent sichern europäische Industrie-Standorte und sind zugleich eine nachhaltige Entwicklungs- und Aufbauhilfe für afrikanische Länder.“

Ein Fehler bei der Energiewende ist der Fokus auf Strom, der die Notwendigkeit im Wärmesektor vernachlässigt habe.

Lesestoff:

[1] Neubewertung der Energiewende: https://herd-und-hof.de/handel-/neubewertung-der-energiewende.html

Roland Krieg, VLE

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