Die „ganz neue Energiepolitik der EU“

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Europas Energieunion

Anfang Februar hat Maros Sefcovic, zuständig für die Energieunion Europas [1] mit dem Beginn der Energieunion „eine ganz neue Energiepolitik“ der EU verkündet. Was vor 60 Jahren die Römischen Verträge noch mit Kohle und Atom umsetzen wollten, sollen demnächst die neuen Energien fortführen. Der Energiebinnenmarkt ist dabei ein wichtiger Faktor für die Harmonisierung der unterschiedlichen Ausgangssituationen der 28 Mitgliedsländer. In der nächsten Woche wird die Rahmenstrategie für den „Weg nach Paris“, dem möglichen internationalem Klimaabkommen, ausgearbeitet.

EU-Einkaufsgemeinschaft

Deutschland ist wie ein Brennglas für das Szenarium der neuen Energiegemeinschaft. Im Norden wird der Strom produziert, im Süden verbraucht. Trassen sorgen für einen Ausgleich. Für die EU sollte einst Strom in der Sahara produziert und in den Industriezentren der EU verbraucht werden. Doch Desertec ist tot. Spanien könnte Strom nach Norden liefern, doch gibt es kaum Energietrassen über die Pyrenäen. Die Länder haben noch viel für die Realisierung des Energiebinnenmarktes zu tun.

Unter anderem könnte die EU als „ehrlicher Makler“ für den Einkauf von Gas bei Drittstaaten auftreten. Damit sollen Versorgungslücken und die Abhängigkeit von Importen fossiler Energien aus Krisenstaaten geschlossen werden. So sieht das die Bundesregierung auch in einer Antwort an Bündnis 90/Die Grünen. Der Maklertätigkeit für Importe und zwischen den EU-Staaten gesteht sie die gleiche Bedeutung zu, wie dem Ausbau der neuen Energien. „Darüber hinaus bleibt die Diversifizierung der Bezugsquellen und Transportwege bedeutsam.“ Im Mai dieses Jahres wird das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie fertig stellen, die „strategische Reserven und Speicherverpflichtungen“ für die Gasversorgung beschreiben will. Sie dient als Grundlage für politische Entscheidungen.

Flüssiggas (LNG) ist einer der Energiequellen für die Versorgungssicherheit. Private Investoren planen derzeit im schleswig-holsteinischen Haitabu einen LNG-Terminal. Ob der Sinn macht ist fraglich, denn die Bundesregierung muss zugeben, dass die derzeitigen LNG-Terminals in der EU nur zu einem Viertel ausgelastet sind.

Weitere Maßnahmen

„Fossile Energieträger werden auf absehbare Zeit für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit eine wichtige Rolle spielen“, schreibt Gabriels Energieministerium. Sie werden aber durch neue Energien zunehmend ersetzt. Inwieweit die CCS-Technologie eine Rolle spielen wird, würde erst nach einer Probe- und Evaluierungsphase ersichtlich.

Mit Energieeffizienz könne die EU bis 2020 alleine bei den Hausgeräten 700 TWh Energieverbrauch einsparen.

Die Verwaltung der Energieunion

„Governance“ bezeichnet einen unklaren Begriff. Es ist die Leitung und verantwortliche Führung eines Zieles für die Gesellschaft, die im Wesentlichen „gut“ sein soll. Doch was das genau ist, bleibt zu schwer zu definieren. Die Energieunion braucht eine „governace“. Doch die gesetzliche Grundlage für eine verlässliche EU-Governance ist nach Auffassung der Bundesregierung derzeit nicht gegeben. Eine Aufgabe für die kommende Woche.

Die Vision der Regierung ist eine „schrittweise und ausgewogene Angleichung und Konvergenz der nationalen Energiepolitiken durch verstärkte Koordinierung“. Dann aber fängt das Differenzieren an. Insbesondere der Energiebinnenmarkt wird als „Kernbereich der Integration“ definiert und könnte an die EU abgegeben werden. Der Energiemix in den EU-Ländern hingegen sollte in deren Zuständigkeit bleiben, mehr Flexibilität beinhalten und damit weniger gemeinsam gestaltet werden dürfen. Also: „Die Energie-Governance muss die im Lissabon-Vertrag festgelegte Kompetenzverteilung beachten“, heißt es aus dem BMWi. Das wird der größte Streitpunkt auf dem Weg zur Energieunion.

Trasse Frankreich-Spanien

Am Freitag wurde im Beisein des EU-Kommissars Miguel Arias Canete, zuständig für Klimapolitik und Energie, die Stromtrasse zwischen Santa Llogaia und Baixas eingeweiht. Mit der Verbindung wird der bestehende Stromverbund zwischen Frankreich und Spanien von 1.400 auf 2.800 MW verdoppelt und die iberische Halbinsel ein Stück mehr an das europäische Netz angebunden. Die Trasse ist wichtig, weil die EU im Oktober 2014 die Mitgliedsländer aufgefordert hatte, mindestens zehn Prozent ihrer installierten Stromkapazität den Nachbarländern zur Verfügung stellen sollen. Bislang deckte der Stromverbund zwischen Frankreich und Spanien nur drei Prozent ihrer Nachfragespitzen in Spanien.

Die neue Stromtrasse ist 64,5 Kilometer lang und verläuft rund zur Hälfte in beiden Ländern. Für die Querung des Albera-Massivs in den Pyrenäen wurde ein 8,5 Kilometer langer Tunnel gebaut. Die übrige Trasse verläuft unterirdisch. Die Gesamtkosten beliefen sich auf etwa 700 Millionen Euro, von denen die EU im Rahmen des Europäischen Energieprogrammes zur Konjunkturbelebung 255 Millionen beigesteuert hat.

Lesestoff:

[1] Arbeit an der Energieunion beginnt

Roland Krieg

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