„Die Lebensmittelwirtschaft“ zieht positive Jahresbilanz
Handel
Ernährungswirtschaft hat Reputation gewonnen
Um das Rennen zwischen Hase und Igel auf eine sachliche Basis zu stellen, hat sich vor einem Jahr der Verein „Die Lebensmittelwirtschaft“ gegründet [1]. Der Skandalisierung durch Nichtregierungsorganisationen hat der neue Kommunikationsverband der Agrar- und Ernährungsbranche grundlegende Informationen entgegengestellt. Informationen sind die Basis für ein Vertrauen in die Branche, formulierte Markus Mosa, Vorstandsvorsitzender der Edeka AG, der in diesem Jahr den Vorstandsvorsitz von „Die Lebensmittelwirtschaft“ übernehmen wird.
Gerhard Berssenbrügge von Nestlé ist mit der Arbeit zufrieden. Umfragen zeigen, dass die Ernährungsbranche an Reputation gewonnen hat. Der Verein habe sich als Ansprechpartner für die Medien etabliert und Symposien zu aktuellen Themen fanden großes Interesse [2]. Am Vorabend zur Internationalen Grünen Woche verweist der Verband auf seine vierstündige Pressetour, auf der Journalisten die Facetten der Wurstproduktion auf dem Erlebnisbauernhof gezeigt werden. „Wir sind mit dem Ergebnis des ersten Jahres zufrieden“, fasste Berssenbrügge zusammen.
Für 2014 hat sich der Verein das Thema „Sicherheit und Vielfalt“ vorgenommen und will Indizes entwickeln, die über „die gesamtwirtschaftliche Bedeutung und Struktur der Branche“ Auskunft geben können. Welche neuen Daten gegenüber dem BVE-Konjunkturreport und dem Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes neu gefunden werden sollen, steht noch nicht fest, erläuterte Mosa gegenüber Herd-und-Hof.de. Die Verbraucher sollen beispielsweise darüber informiert werden, dass die Zahl der Eigenkontrollen größer ist als die Zahl der staatlichen Kontrollen ist.
Wie ganzheitlich ist die Kommunikation?
Vom Acker bis zum Teller wollen die am Verein beteiligten Verbände die Verbraucher informieren. Die Zufriedenheit misst sich bereits in kleinen Schritten. Geschäftsführer Stephan Becker-Sonnenschein zeigte sich erfreut, weil Foodwatch und der Verbraucherzentrale Bundesverband der Branche bescheinigen, sie produziere sichere Lebensmittel.
Die ganzheitliche Sicht hat aber Grenzen und in den letzten 12 Monaten keine Fortschritte gemacht. Schon vor einem Jahr klammerte Mosa gegenüber Herd-und-Hof.de horizontale Themen wie Flächenüberhang im Handel und Dauerniedrigpreise als Thema aus.
Die Branche stöhnt beim Thema Mindestlohn auf und fürchtet um Existenzen. Auch das Thema Tierwohl wird ohne Zahlungsbereitschaft der Verbraucher scheitern. Seit Dezember klagen die Verbände in jeder Ausgabe der Lebensmittelzeitung über steigende Energiepreise. Die Margen sind klein. Warum, scheint auch klar: Lidl hat mit Kampfpreisen wie beispielsweise 66 Cent für 1,25 Liter Markencola selbst dem Preisprimus Aldi gezeigt, wo der Hammer hängt. Aldi Süd hat im jungen Jahr 2014 bereits zwei Preisrunden hinter sich gebracht und Norma greift seit Freitag zum „Rotstift“. Wieso müssen sich nur die Verbraucher um eine Wertschätzung der Lebensmittel kümmern?
Auch in diesem Jahr will Mosa diese horizontalen Themen nicht in die Kommunikation über die Ernährungsbranche unterbringen. Solche Preisaktionen seien nur vereinzelt und zeigten einen funktionierenden Wettbewerb, verteidigt er den „Dauerniedrigpreis“ gegenüber Herd-und-Hof.de. Solche Aktionen müssten im Gesamtbild betrachtet werden und fänden nur bei den Produkten statt, die in hohen Mengen und guter Qualität vorhanden sind. Das Gesamtsortiment hingegen leide nicht unter Preis- und Qualitätsverfall. In Nischen wie „Bio“ und „Regionalität“ leben die Erzeuger nicht vom Preis allein. Mosa will Preisaktionen nicht mit geringer Wertschätzung verglichen wissen.
Ob das reicht? Kommunikationswissenschaftler sprechen von einem Sender-Empfänger-Modell, bei der der Aussender eine Selbstoffenbarung in Form einer Botschaft vermittelt. Diese Übertragung findet auf Sach- und Beziehungsebene statt und kommt als Appell beim Empfänger an. Welchen Eindruck vermittelt also ein einmaliger zweiseitiger Sachtext über die Wurstproduktion gegenüber dem täglichen Dauerniedrigpreis im Briefkasten? Am 11. Januar warb ein Fürther Discounter mit dem Satz: „Noch billiger einkaufen als bei xxxxx, eigentlich wäre das schon geschenkt.“ Solange solche Themen nicht auch angesprochen werden, fehlt ein Stück zur Ganzheitlichkeit.
Lesestoff:
www.lebensmittelwirtschaft.org
[1] Start „Die Lebensmittelwirtschaft“
[2] Das Thema Lebensmittel hat hohe Medienrelevanz
Roland Krieg