Die liebe Verpackung

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BfR spricht mit der Industrie

>Zu den Zeiten als Fisch noch in Zeitungspapier gewickelt wurde, dachte niemand an die Druckerschwärze und die Verpackungsindustrie kannte noch nicht so viele unterschiedlichen Materialien. Heute kommen Lebensmittel nicht mehr ohne Verpackung aus, um sie vor Temperaturen, Licht, Bakterien oder Pilze zu schützen.
Gleichzeitig muss die Verpackung den Verbraucher ansprechen, damit die Ware im Regal auffällt und sie muss praktisch sein: Leicht zu öffnen und wiederverschließbar. Damit Getränkebecher, Pizzakartons oder Fast-Food-Schalen nicht aufweichen, können sie mit Perfluorchemikalien beschichtet sein. Diese an einen Jägerzaun erinnernden Ketten, die an fast allen Enden Fluor gebunden haben, weisen Fett und Wasser ab. Dabei können diese Stoffe auch Flourtelomer-Alkohole (FTOH) enthalten, die im vergangenen Jahr mehrfach Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung gewesen sind. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat seine gesundheitliche Bewertung der FTOH vor Jahresende online publiziert.

Mangelnde Datenbasis
Wiederholt werden gesundheitliche Bedenken gegen FTOH geäußert, weil diese Fluorketten zu Perflouroctansäure (PFOA) abgebaut werden, die im menschlichen Körper eine sehr lange Halbwertszeit aufweisen.
Die FTOH sind eine wichtige chemische Gruppe für der Chemischen Industrie. Sie nutzt ihn für Oberflächenbehandlungen bei Tapeten, Textilien, Papier, Löschschaum und Fliesenversiegelung. Das Abbauprodukt PFOA wird teilweise sogar in dem Herstellungsprozess eingesetzt und kann somit auch bereits als Verunreinigung auftreten. Der Chemieriese DuPont beispielsweise setzt PFOA nicht bei der Herstellung ein, kann aber auch nicht ausschließen, dass es als unabsichtliches Spurenelement im Prozess entsteht. In welchem Umfang Verbraucher mit den Stoffen in Kontakt kommen ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht.

Abbauprodukte im Eisbären
FTOH entsteht durch elektrochemische Prozesse, bei denen die Wasserstoffatome am Kohlenstoffgerüst durch Fluor ersetzt werden. Die Endprodukte sind thermisch und chemisch wesentlich stabiler. In der Regel werden sie als Dispersion in Wasser verkauft. Der Anteil aktiver Bestandteile umfasst etwa 20 bis 30 Prozent und der Anteil Fluoride zwischen sechs und 10 Prozent, so Robert Buck von DuPont auf dem kanadischen Arbeitstreffen über FTOH im September 2004. Die Ketten können durch verschiedene Prozesse abgebaut werden. PF-Carboxylsäure findet sich in der Arktis: In Polarbären, Seehunden, Belugawalen und Seevögeln. Von West nach Ost nimmt die Kettenlänge der vorgefundenen Moleküle ab, was Derek Muir von Environment Canada auf unterschiedliche Zusammensetzungen zwischen Kanada und Europa zurück führt.
Ulf Jarnberg von der Universität Stockholm führte aus, das PFOA in Skandinavien in Wasser, Sedimenten, Schlamm, Fischen, Vögeln, Robben und Walen gefunden wird. Rückstände in Wasseraufbereitungsanlagen konnten in Verbindung mit nahen Textilfabriken gebracht werden.

Gefährdungspotenzial FTOH
Bei Ratten zeigt sich, dass Fluor-Verbindungen nur langsam wieder ausgeschieden werden. Im menschlichen Blut haben die Stoffe eine Halbwertszeit von über vier Jahren. Ratten wiesen bei Höchstbehandlung erhöhte Lebergewichte und Anzeichen einer Fluorose auf. Der Wert, der keine schädigende Wirkung hervorruft (No Observed Adverse Effect Level - NOAEL) wurde mit 25 mg pro kg Körpergewicht und Tag ermittelt. Eine andere Studie ermittelte 5 mg/kg KW/Tag.
Demgegenüber ermittelte das BfR die Menge, die aus einem entsprechenden Getränkekarton vollständig in das Lebensmittel übergehen würde: Weniger als sechs Mikrogramm. Für eine wirkliche Expositionsabschätzung reicht das allerdings nicht aus, denn der Mensch nimmt mit der Atmung zusätzlich FTOH auf. Das sind bis zu zwei Nanogramm pro Tag und Person. Eine höhere Aufnahme erfolgt über die Innenraumluft.

Weitere Maßnahmen
Generell nimmt das BfR die Aussagen aus dem Kongress in Toronto auf, dass noch zu viele genaue Daten fehlen. Allerdings stellt die "Kontamination von Lebensmitteln durch Papiere, die mit Fluorchemikalien behandelt wurden, die größte Expositionsquelle für diese Chemikalien über die Nahrung dar." Zur Zeit wird mit den Herstellern geklärt, wie groß der Übergang von der Verpackung in das Lebensmittel tatsächlich ist. Mit Hilfe des kanadischen Umweltschutzgesetzes von 1999 wurden von der Regierung im Juni 2004 vier FTOH verboten. Grundlage ist das Programm für neue Substanzen, dass Stoffe, die ein Risiko für Mensch und Umwelt darstellen können, verboten werden können. Es gilt für FTOH aus denen PF-Carboxylsäure entstehen kann und gilt zunächst bis Sommer 2006. Dann muss ein Regelwerk der Industrie vorliegen, wie mit den Stoffen sicher umgegangen werden kann.

Wissenschaftliche Texte:
Die gesundheitliche Bewertung des BfR kann unter www.bfr.bund.de eingesehen werden;
Eine Zusammenfassung des Arbeitstreffens 2004 in Toronto finden sie unter www.trentu.ca/cemn/newsreports/cemnreport200401.pdf

roRo

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