Die „Luft“fracht in der Stadt verringern
Handel
Nahversorgungs-Logistik
Die Autos stauen sich im Berufsverkehr hinter dem Lkw,
der in der zweiten Reihe steht und das Lebensmittelgeschäft beliefert. Insgesamt
beliefern vormittags fünf Lastwagen von fünf Zulieferern das Geschäft. Lkw sind
nur halbvoll und transportieren viel „Luft“fracht durch die Stadt.
Das Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik
arbeitet in einem Verbundprojekt an einem „Urban Hub“, der das Lieferkonzept
eines Verdichtungsraums bündel soll und damit Frachtverkehr und Geld spart
sowie die Umwelt schont. Eine besondere Herausforderung für den Frischebereich,
der mit Obst und Gemüse frische Ware noch am gleichen Tag knackig in die Regale
liefern muss.
Tante Emma 2.0
Das Einkaufsverhalten geht in Deutschland auseinander
wie bei einer Schere. Christiane Auffermann vom Fraunhofer-Institut beschreibt,
dass die junge Generation mobil und über das Internet einkaufen will und dass
die ältere Generation jedoch Einkaufsmöglichkeiten für eine geringere Mobilität
braucht. Der Lebensmittelhandel muss sich neu ausrichten: Er muss der mobilen IT
eine stationäre Handelsfläche bieten und ein Nahversorger mit Vollsortiment
sein. In Verdichtungsräumen beliefern Handelslager, Lieferantenlager und
Dienstleister Filialisten, Shops, Abholstationen und den Kunden direkt mit
Ware: Lebensmittel, Textilien, Drogerieartikel – und alle durcheinander. Der Trend
in der Logistik geht nach Auffermann zu einer „Atomisierung“ von Sendungen: Die
Liefermengen werden immer kleiner, die Lieferfrequenzen steigen.
Beispielsweise beliefert die DOEGO rund 400
Einzelhandelsgeschäfte mit Obst und Gemüse. Die 1956 gegründete „Dortmunder
Einkaufsgenossenschaft für Obst und Gemüse“ ist mittlerweile eine REWE-Tochter
und Klaus Schnorr stellte auf der Fruit Logistica die Lieferleistung vor:
Jährlich werden 120 Millionen Tonnen Obst und Gemüse mit einem
durchschnittlichen Umschlagsdauer von 1,7 Tagen an 450 Geschäfte von 80 Fahrern
mit 36 Fahrzeugen ausgefahren.
Der Urban Hub
Seit Mai 2010 läuft ein Verbundprojekt, dass in
Dortmund einen Urban Hub eingerichtet hat, um Ware und Transportleistung zu
bündeln. Es wird mit geräuscharmer Nachtanlieferung experimentiert und mit
„Mobilen Wareneingangszellen“. Diese Container sind diebstahlsicher und können
mit im Anlieferbereich des Geschäftes an die Kühlversorgung angeschlossen
werden. Durch die Anlieferung in der Nacht kann diese personalunabhängig
erfolgen und daher entzerrt werden.
Rund 60 Prozent der in den Urban Hub gelieferten Ware
geht gleich zur Auslieferung durch und spart im Einzugsgebiet 15 Prozent
Stellfläche und 25 Prozent Lieferfahrten, so Schnorr.
Allerdings gibt es Ober- und Untergrenzen. Ein Urban
Hub mit bis zu 300 Transporteinheiten am Tag für den Tante Emma-Bereich
unterfordere den Warenumschlagsplatz. Bei mehr als 2.500 Transporteinheiten am
Tag ist auch der Hub überfordert. Dazwischen scheine sich jedoch eine
Rentabilitätsbereich abzuzeichnen, so Schnorr.
Wenn der Pflegedienst klingelt
Das Fraunhofer Institut hat ein System aus Bausteinen
entwickelt. So kann ein Urban Hub auf die spezifischen Bedürfnisse eines
Supermarktes, eines Discounters oder für den Drogeriebereich zusammengestellt
werden.
Noch radikaler ist der Gedanke von Klaus Schnorr. Ein einzelnes
Lieferantenfahrzeug beliefert Kunden mit Lebensmitteln, Textilien und
Drogeriewaren – oder noch besser: der mobile Pflegedienst integriert auch die
Warenlogistik.
Lesestoff:
Roland Krieg (Text und Fotos)