Die Milch macht´s - noch

Handel

ZMP Milchforum in Berlin – Teil I

Am vergangenen Freitag lud die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle ZMP zu ihrem 13. Milchforum nach Berlin. Experten aus 16 Ländern sind gekommen und, so Dr. Klaus Siegmund, Leiter der ZMP in Berlin, so viel Praktiker, wie schon lange nicht mehr. Um Milchseen und Butterberge in den 1980er Jahren einzudämmen, schuf Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle die Milchquote als Marktregularium. Eine Obergrenze pro Betrieb, damit es keine Überschüsse mehr gibt. 30 Jahre später, im Wirtschaftsjahr 2014/15 wird die Quotenregelung auslaufen. Auf was müssen sich die Bauern in den nächsten acht Jahren einstellen?

Eine D-Mark für jedes Kilo Milch
Mit dem Versprechen, zu Weihnachten 1984 jedes Kilo Milch mit einer Mark entlohnen zu können, wurden die Bauern in die Milchmengengarantieverordnung gelockt. Immerhin, der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter hat zurückgerechnet, ein paar Jahre später wurden es 40 Cent/kg. Eine Größe, die heute noch gewünscht wird, damit die Bauern kostendeckend Milch produzieren. Allerdings liegen die Erzeugerpreise heute um gut ein Viertel darunter, obwohl alle Betriebsmittel in den letzten Jahren immer teurer wurden.
Milchpreise DBVBei der Einführung der Quote wurde mit den Härtefallregelungen auch gleich das erste Ungleichgewicht wieder in den Markt gebracht. Die neuesten Vakuumleitungen „erforderten“ letztlich eine Milchmenge, die höher war, als zu Beginn der Referenzmengenregelung. So hat auch Dr. Gerd Müller, Staatsekretär aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium, die Härtefallregelungen als Grund des Versagens der Quotenregelung auf dem ZMP-Forum angesprochen. Sie hat jedoch auch keine flächendeckende Milchproduktion ermöglicht, sondern, so Dr. Müller weiter, lediglich den Alpensaum und die Küste zu Milchregionen gemacht.
Zwar stellt die Milchproduktion mit 20 Milliarden Euro 17 Prozent des Umsatz der Ernährungsindustrie, beschäftigt 40.000 Mitarbeiter und damit 7,5 Prozent der Erwerbstätigen und Deutschland liefert mit 28 Millionen Tonnen die meiste Milch in Europa und die EU mit 140 Mio. t die meiste Milch in der Welt – aber von den derzeit nur noch existierenden 102.000 Milchviehbetrieben in Deutschland werden in acht Jahren nur noch 55.000 übrig bleiben.
Dabei sind die Ursachen für das Ungleichgewicht auf dem Milchmarkt vielschichtig und können nicht allein auf die Quote reduziert werden. Das zeigte vor zwei Jahren bereits der Deutsche Bauerntag in Rostock.

Mehr Milchkonsum
Die Herausforderungen an die Milchbauern kommen nicht nur vom deutschen und europäischen Markt. In China steigt der Pro-Kopf-Verbrauch um 7,41 Prozent auf 21 kg und in Indien um 2,05 Prozent auf 99 kg. Die Deutschen schaffen im Durchschnitt 92,7 kg im Jahr. Für Udo Folgart, Bauernpräsident des Landes Brandenburg, sind die Grenzen nach oben noch nicht abgesteckt, wenn China realisiert, dass jedes Kind zukünftig einen halben Liter Milch pro Tag erhalten soll. Rund um Moskau haben innerhalb von drei Jahren 20 real-Märkte eröffnet, die nach Angaben Dr. Müllers die gesamte deutsche Molkereipalette in Osteuropa anbieten. Da ist noch eine ganze Menge Platz – aber rund ein Drittel der Betriebe liefert die Milch unterhalb der Produktionskosten an. Die Politik könne keine höheren Milchpreise durchsetzen, so dass für den Strukturwandel „eine kritische Grenze nach unten“ vorgegeben ist. Aber ein großer Betrieb sei auch nicht von vornherein profitabel.

21. ZMP-Milchforum
2015 ist der Milchmarkt quotenfrei und es gibt keine Zusatzvereinbarungen mehr. Der Milchpreis sorgt für ausreichenden Gewinn bei Erzeugern und Molkereien und der Erzeugerpreis liegt zwischen 27 und 39 Cent je kg. Der Lebensmittelhandel ist aus dem Verkauf unter Einstandspreis ausgestiegen.
Die Kuh als Hauptakteur des Milchmarktes gibt im Jahr 2014 zwischen 8.000 und 14.000 kg Milch, hat während ihrer Lebensspanne sieben oder acht Kälber und fühlt sich in jedem Stall wohl.
Vision von Dr. Klaus Siegmund

Welche Betriebe also „übrig“ bleiben ist nicht ganz klar. Der kleine Familienbetrieb, der die heimische Region versorgt oder der große Betrieb, der preiswerte Milch für die Veredlung und den Export erzeugt? Zwei Tendenzen werden zunehmend greifen:
Flächen DBVEinmal erhöht sich die Flächenkonkurrenz zum Anbau nachwachsender Rohstoffe und die zur Verfügung stehende landwirtschaftliche Nutzfläche nimmt bei steigender Weltbevölkerung ab. Dr. Müller sieht keinen Ausweg aus diesem Dilemma ohne eine intensivierte Leistungssteigerung. Hier kommen die Familienbetriebe nicht mehr mit.
Wird ohne Quote dem Milchmarkt freier Lauf gewährt, dann wird sich die Milchwirtschaft in Küstennähe, dem Alpensaum und Süd-Sachsen weiter konzentrieren. Jedoch sind die Mittelgebirge die traditionellen Grünlandstandorte, auf denen dann nicht mehr produziert werden kann.

Heute produziert der Vater auf dem Betrieb mit Mais noch Milch. Das bedeutet Arbeit an 365 Tagen im Jahr ohne Urlaub. Der Sohn hingegen will den Mais in die Biogasanlage stecken, die bereits mehr Gewinn verspricht als die Milch. Mit freien Wochenenden.
Dr. Müller jedoch fragt angesichts solcher Entscheidungen auf den Höfen, ob Betriebe mit 35 Kühen bereits aufgeben sollen? „Wir können aber die Landschaften nicht schließen!“

Werden die Milchbetriebe in den Mittelgebirgen abgeschafft – was soll dann statt der grünen Wiesen und Weiden dort sein? Naturschutz, Wald, Energiepappeln...?

Morgen wird sich der zweite Teil mit der Konzentration auf dem Molkereisektor beschäftigen und Chancen durch den Ernährungstrend beleuchten.

Termine:
Das Bayrische Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten führt am Donnerstag, den 15. März im Haus Hochland in Kempten die 6. Milchfachtagung „Erfolgreich in die Zukunft – Milchstandort Bayern 2015“ durch.
In Mecklenburg-Vorpommern veranstaltet der Kreisbauernverband Müritz am 20.03. ab 09:30 Uhr die Informationsveranstaltung „Zukunft der Milchquotenregelung“ im CJD Gotthun, Schlossstraße 4.

roRo; Grafiken: Situationsbericht DBV

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