Die Morgenstadt

Handel

Leben und Planen in der nachhaltigen Stadt

Das Ziel ist ehrgeizig: Die CO2-arme Stadt, in der die Menschen wissen wie und wovon sie leben. Unter dem Klimawandel leiden verbaute Städte und Stadtregionen besonders. Dort fällt Abfall an, der recycelt werden muss, dort bündeln sich Versorgungsinfrastruktur und Herausforderungen eines verdichteten Raums. Die Warmwasserbereitung und Beheizung einer deutschen Großstadt machen rund die Hälfte ihrer Emissionen aus, der Kühlbedarf in Büros und Supermärkten ist groß. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Plattform „Morgenstadt“ ins Leben gerufen. Gerade im städtischen Raum müssen Forschung und Praxis besonders eng zusammen arbeiten, erklärte Forschungsministerin Dr. Annette Schavan auf dem BMBF-Nachhaltigkeitsforum in Berlin. Das gut ausgebaute Smart Grid bezieht die intelligente Gebäudetechnik mit ein und der Verkehr in der Morgenstadt ist nicht geringer als heute, heißt es in der Vision des BMBF.

Tuwas oder Tunix?

Doch die Kommunen wollen ihre Städte, Dörfer und Regionen nicht alleine nachhaltiger gestalten, sondern mit dem Bürger zusammen. 15 Gemeinden beteiligen sich an dem Projekt ZukunftsWerkStadt und fordern die Menschen auf, mit zu planen.

Wilfried Kraus aus dem BMBF erklärte, warum er lieber Wissenschaft und Bürgerbeteiligung fördert und nicht Geld für Projekte gibt. Die Kommunen sind die Schnittstellen, an denen die Anpassung an den Klimawandel und eine nachhaltige Gesellschaft entwickelt werden muss. Die Bürgerstimmen verstärken das Wissen, weil die Menschen heute besser informiert sind und eigene Ideen entwickeln - und die Pläne letztlich ohne Akzeptanz nicht umgesetzt werden können.

Der Landkreis Rhein-Hunsrück in Rheinland-Pfalz beteiligt sich auch. Landrat Betram Fleck zeigt die Besonderheiten auf: Rund 110.000 Menschen leben in 134 Gemeinden und Kleinststädten. Da ist der Arzt schon mal 20 Kilometer weit entfernt und die ältere Bevölkerung wächst jährlich um 20 Prozent. Der Landkreis muss sich etwas einfallen lassen, damit die Menschen nicht vor der Wahl stehen, doch in die Stadt zu ziehen, weil sie nicht allein zu Hause bleiben wollen. Rund 200 Windräder stehen im Landkreis und „Platz für Biomasse haben wir auch“, so Fleck. Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll die jährlich anfallenden 290 Millionen Euro einsparen, die derzeit für den Kauf von fossilen Energien aufgewendet werden müssen. Entstehen sollen lokale Wertschöpfungsketten und Umsetzungsprojekte, die den Menschen vor Ort eine Heimat bieten können.

Die Beteiligung der Bürger vor Ort kann die Synergien der Vereine und Bürgerinitiativen nutzen. Auch wenn das auf dem Land nach Prof. Dr. Peter Rink vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sicherlich schwerer ist als in der Stadt.

Leipzig versucht mit der Bürgerbeteiligung Lösungen zu finden, die sonst kaum zustande kommen. Viele Hauseigentümer leben außerhalb der Stadt und können bei der energetischen Sanierung der Häuser über eine Online-Plattform eingebunden werden, führt Oberbürgermeister Burkhard Jung aus. Die Sanierungen sind besonders aufwendig, da mehr als 15.000 Häuser unter Denkmalschutz stehen. Leipzig lässt die Bürger auch mitdiskutieren, wie der Etat von einem Schuldenberg in Höhe von 700 Millionen Euro in eine nachhaltige Stadtkasse überführt werden kann. Nach Jung gibt es nur drei Möglichkeiten: Es muss gespart, die Einnahmen könnten erhöht oder Eigentum verkauft werden. Bürgergespräche zeigten immer wieder auf, dass Lösungen sehr viel differenzierter umgesetzt werden können. Derzeit hat es erste Gespräche um die Schließung der Oper gegeben, denn der Umbau in eine nachhaltige Stadt erfolgt auf allen Gebieten der Kultur, Sport- und Freizeitmöglichkeiten bis hin zur Ausgestaltung des öffentlichen Nahverkehrs und der Vision der Mehrgenerationenstadt.

Lesestoff:

www.bmbf.de/pubRD/morgenstadt.pdf

www.zukunftsprojekt-erde.de/mitmachen/zukunftswerkstadt.html

Roland Krieg

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