Die Östlichen Partnerschaften

Handel

Die Wahl zwischen West und Ost

Die Krim und die Ostukraine haben die Welt in Atem gehalten. „Plötzlich“ tauchten vergessene Geister wieder auf. Die Lage der Ukraine zwischen Ost und West ist eine Balance zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftszone. Genauso wie für andere Länder in dieser Region. Die EU hatte 2009 in Prag mit Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Moldawien, der Ukraine und Weißrussland die „Östliche Partnerschaft“ begründet. Mit Georgien, Moldawien und der Ukraine sind Assoziierungsabkommen inklusive eines Freihandelsabkommen unterzeichnet. Weißrussland hingegen hat sich für die östliche Hinwendung entschieden. Die jeweils getroffene Wahl hat für die Länder bedeutende Wirkungen in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Die Abkehr der Ukraine von der EU gilt als Auslöser für die Proteste im Land.

Hinwendungen nach Westen sind von Russland mit restriktiver Tarifpolitik bei allen Ländern beantwortet worden, die kurzfristig die Volkswirtschaften in ihrer Entwicklung beeinträchtigten. Das formuliert die im März 2015 erschienene Studie der Generaldirektion für äußere Angelegenheiten [1].

Kein Gewinnermodus

Jede Entscheidung für Ost oder West bedeute für die Länder ein Verlust der eigenen Handelssouveränität, heißt es in der Studie. Die Wahl zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaft habe die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten nicht unterstützt. Die Wahl wirke sich nicht nur auf wirtschaftliche, sondern auch erheblich auf politischen und geostrategischen Aspekte aus. Ein neuer Ansatz und konstruktiver Ansatz wäre für diese Länder ein Gewinn.

Im Rahmen des EU-Handels haben die Länder ihren Handel ausdehnen können. So konnte Moldawien seine Exporte in die EU um das 20-fache steigern, während das Handelsvolumen insgesamt nur um acht Prozent anstieg. Georgien hat mit dem Freihandelsabkommen 12 Prozent mehr Waren in die EU verkauft, während der Warenfluss in umgekehrter Richtung nahezu konstant blieb.

Neben der Finanz- und Energiehilfe für die Ukraine wird die EU Armenien ein neues Fundament für die Zusammenarbeit anbieten. Dieser Beschluss vom 19. Mai 2014 folgt der Entscheidung des Landes, sich der Eurasischen Wirtschaftsunion anzuschließen.

Mobilität ist für die Länder wichtig. Moldawien profitiert bereits von Visaerleichterungen für die EU. Seit Donnerstag treffen sich die Staats- und Regierungschefs sowie die Außenminister der EU und der Länder der Östlichen Partnerschaft in Riga und werden wohl über entsprechende Vereinbarungen mit Georgien und der Ukraine bis Jahresende entscheiden. Bereits im Juni sollen leichtere Visaregelungen mit Weißrussland gelten.

Schon heute nehmen Moldawien seit Januar 2015 und die Ukraine seit Januar 2015 an der EU-Forschung (Horizon 2020) teil. Studentenprogramme (Erasmus+) sind für alle Länder offen. Die EU erwartet für den Zeitraum zwischen 2014 und 2020 rund 16.000 Teilnehmer. Moldawien nimmt seit Februar 2015 an COSME, einem Netzwerk für kleine und mittlere Unternehmen teil, die Ukraine und Armenien beraten derzeit darüber. Der EU-Initiative „Creativ Europe“ im Medienbereich hat Georgien sich im Februar 2015 angeschlossen, die Ukraine und Moldawien sollen noch in diesem Jahr folgen.

EU-Hilfen

Seit der Gründung der Östlichen Partnerschaft sind insgesamt rund 3,2 Milliarden Euro in die sechs Länder geflossen. Alleine im letzten Jahr waren es rund 700 Millionen Euro. Moldawien ist derzeit das Land mit der höchsten EU-Finanzhilfe per Kopf weltweit. Im letzten Jahr wurden weitere 131 Millionen Euro zugesagt und sind für den Zeitraum von 2014 bis 2017 schon 410 Millionen Euro bilaterale Hilfe vorgesehen. Für Georgien hat die EU die Hilfe von 180 Millionen Euro für den Zeitraum 2011 bis 2013 auf 410 Millionen Euro bis 2017 erhöht.

Das Freihandelsabkommen mit Georgien, Moldawien und der Ukraine hat den kleinen und mittleren Unternehmen rund 200 Millionen Euro Kredite zukommen lassen, die in den Ländern bis zu zwei Milliarden Euro Investitionen auslösen sollen.

Agrarhandel

Unter verschiedenen sektoralen Kooperationen startete im April 2014 auch eine für den Bereich der Landwirtschaft. Dabei geht es vor allem um eine Verbesserung der Beratung im ländlichen Raum und der Landwirtschaft.

Moldawiens Außenhandel wird von Wein und Agrarprodukten dominiert. Eine Diversifizierung ist dringend angeraten, analysieren die Autoren der Studie. Russland hat ein Embargo gegen moldawischen Wein erlassen. Das Land exportiert vor allem Sonnenblumen und Baumwollsaat, Nüsse, Fruchtsäfte, Zuckerrohr. Das Land muss die Frage lösen, ob es die Produkte, die noch nach Eurasien gehen auch wirklich noch in die EU absetzen kann?

Eine besondere Rolle spielt Weißrussland. Seit dem Bann Russlands gegen europäische Agrarprodukte ist das Land eine Drehscheibe für den Handel mit Waren aus dem Embargobereich, schreibt die Studie. So konnte Moldawien seit einem Embargo Russlands für Obst und Gemüse im Juni 2014 und für Wein und Spirituosen seit September 2013 den Export dieser Waren nach Weißrussland um das 24-fache steigern. Russland hat im November 2014 einen temporären Bann auf Fleisch aus Weißrussland und verschiffte Nahrungsmittel für Kasachstan erhoben, weil diese für den Verlauf in Russland vorgesehen waren.

Mit und nicht gegen Russland

Vor dem Gipfel stellte die Bundesregierung klar, dass die Östliche Partnerschaft keine Ausgrenzung von Russland sei: „Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um den Versuch eines inklusiven Politikansatzes, bei dem auch die Einschätzung und der Willen der unterschiedlichen Länder respektiert werden.“ Weil Armenien und Aserbeidschan nicht den Assoziierungsabkommen folgen wollen ,werde sie diesen Ländern „differenzierte Konzepte“ anbieten.

Lesestoff:

DG for External Policies: When Choosing means losing. The Eastern Partners, the EU and the Eurasian Economic Union; March 2015; ISBN (PDF) 978-92-823-6744-5 DOI(PDF): 10.2864/589402

Roland Krieg

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