Die Schwierige Berechnung von Ökobilanzen

Handel

Landnutzungsänderung durch Anbau von Agrokraftstoffen

Die EU macht es sich einfach. Zur Änderung der Biokraftstoffverordnung heißt es zu indirekten Landnutzungsänderungen (ILUC): Die ILUC-Faktoren müssen in die Berichterstattung der Kraftstofflieferanten über die Reduzierung der Treibhausgase mit einbezogen werden [1]. Dahinter steckt aber eine große Diskussion, ob die indirekten Landnutzungsänderungen gemessen werden können und ob sie überhaupt auftreten. Ziel ist die Erfassung der negativen Umweltwirkungen bei Rodung des Regenwaldes und Umwidmung von Flächen in Ackerland, die noch nicht landwirtschaftlich genutzt wurden, weil woanders Energiepflanzen angebaut werden, die eine Verlagerung des Ackerbaus überhaupt erst notwendig machten.

Dazu gibt es nur eine bei Politik und Wissenschaft ernstgenommene Studie des International Food Policy Research Institute (IFPRI), die David Laborde Debucquet auf dem Kongress Kraftstoffe der Zukunft“ zur Grünen Woche vorstellte. Viele andere Studien basieren auf unzureichenden Daten und würden nicht zwischen indirekter und direkter Landnutzung unterscheiden, erläuterte Debucquet auf dem Kongress Kraftstoffe der Zukunft auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin.

Unumstritten ist aber auch die IFPRI-Studie nicht. Dietrich Klein vom Kongressveranstalter Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBE) vermisst 410 Millionen Hektar Land. IFPRI geht weltweit von einer landwirtschaftlichen Fläche von 1,12 Milliarden Hektar aus, während die FAO 1,53 Milliarden Hektar gezählt hat. Das ist ein Fehler von 30 Prozent, der bei einer Schätzung zur Landnutzung einen erheblichen Unterschied mache. Außerdem hat die Welt zwischen 1989 und 2009 die Biomasseproduktion von fünf auf sieben Milliarden Tonnen erhöht, ohne die Fläche groß auszudehnen. Neu zu überdenken ist der Aspekt der Landnutzung auch aus dem Blickwinkel der Koppelproduktion. Raps wird nicht nebeneinander einmal für Biodiesel und einmal als Futterpflanze angebaut. Das eiweißreiche Rapsextraktionsschrot als Futtermittel falle als Koppelprodukt bei der Ethanolherstellung an, so Klein.

Agrarprodukte sind schwer zu bilanzieren

Es gibt Ökobilanzen für Brot, Milch und Ethanol. Aber wenn alles von einem Betrieb kommt, dann sind Ökobilanzen nur sehr schwer zu berechnen, erläuterte Gerhard Brankaschk von der TU Berlin. Die Weizenernte wird zu Mehl gemahlen, geht als Futter in den Trog der Milchkühe und kann auch zu Ethanol verarbeitet werden. Die Ökobilanz verrechnet heute die Prozesswege meist energetisch, ökonomisch oder im Massenfluss. So könnte die Umweltwirkung von Weizen zu 48 Prozent für das Brot und zu drei Prozent der Milchbilanz herangezogen werden. Das Stroh für die Ethanolgewinnung fällt meist außen vor. Das Dilemma solcher Betrachtungen sind Doppelberechnungen oder Nicht-Berücksichtigung von Umweltindikationen. Die Ökobilanz bleibt ungenau.
Als Lösung bietet Brankaschk die Getreideeinheit an. Für diese bereits seit langem verwendete Verrechnungseinheit liegen Umrechnungswerte für fast alle landwirtschaftlichen Produkte wie Kartoffeln, Ethanol oder Stroh vor. Die Getreideeinheit mache die einzelnen Produktionswege vergleichbar und verhindere sowohl Doppelungen auch als Auslassungen einzelner Prozesse. Damit wären Umweltauswirkungen für die Diskussion genauer zu ermitteln.

Lesestoff:

[1] EU-Vorschlag zur Klimabilanz von Bio-Treibstoffen

Roland Krieg

[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige Grüne Woche mit dem Suchbegriff „IGW-13“ im Archiv anzeigenlassen]

Zurück