Die Top-Exportmärkte 2014

Handel

Sechs Länder im Fokus der Exportindustrie

Am Mittwoch hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sechs Länder ausgemacht, für die der deutsche Mittelstand mehr ermutigt werden soll, zu exportieren. Zu den so genannten Top-Exportmärkten 2014 zählen China, Ghana, Indonesien, Kolumbien, Südkorea und das Vereinigte Königreich.

Export läuft

Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), rechnet in diesem Jahr mit einem Exportwachstum von drei Prozent. Am Ende würden Waren im Wert von 1.130 Milliarden Euro das Land verlassen haben [1]. Der Import steigt um zwei Prozent auf 914 Milliarden. Der Außenhandelsbilanzüberschuss vergrößert sich demnach auf 215 Milliarden Euro.

Börner begründet den weitergehenden Höhenflug mit der Konkurrenzfähigkeit deutscher Produkte. „Made in Germany“ gilt zwar noch immer als „hochpreisig“, aber im Preis-Leistungsverhältnis kämen die ausländischen Kunden auf ihre Kosten. Zudem haben die anderen Länder technologisch bereits aufgeholt und der Export von Gütern basiere nicht auf Kostenführerschaft. „Die Welt braucht Investitionsgüter und darin sind wir stark“, unterstreicht Börner.

Der BGA-Präsident relativiert auch den politischen Sprengsatz „Außenhandelsbilanzüberschuss“. Der bisherige Rekordwert von 198 Milliarden Euro liege zwar 25 Prozent über dem Vergleichswert von 2011, aber auf Europa bezogen wurde lediglich ein Bilanzüberschuss in Höhe von 115 Milliarden Euro erzielt. Dieser Wert lag elf Prozent unter dem Wert aus dem Jahr 2011. Auf die EU-Länder bezogen wurden sogar nur 108 Milliarden Bilanzüberschuss ermittelt. In den letzten drei Jahren ging der Wert um 13 Prozent zurück. Die Minuszahlen resultieren nicht aus einem Rückgang der Exporte, sondern aus einem gestiegenen Anteil an Importen nach Deutschland. Deutschlands Importe hätten manchem Land aus der Depression geholfen: „Ohne Deutschland mit seiner starken Wirtschaft gäbe es heute keinen Euro mehr.“

Wachstumsländer

Die sechs Top-Export-Länder wurden zusammen mit dem BMWi von der Germany Trade & Invest (GTAI) identifiziert. BMWi-Staatssekretär Stefan Kapferer: „Trotz ihrer großen Unterschiede zeichnen sich die ausgewählten Länder unter anderem durch ein überdurchschnittliches Wachstum, eine positive Entwicklung in den Kernbranchen des deutschen Mittelstandes und ein stabiles Geschäftsumfeld aus.“ Die Kernbranchen sind: Maschinen- und Anlagenbau, Automobilindustrie, Chemische Industrie, Bauwirtschaft, Elektrotechnik- und Elektronik, Informationswirtschaft sowie Umwelt- und Medizintechnik. In acht davon weisen die Länder besonderes Wachstum auf. Allen Ländern gemeinsam ist, dass sie mehr als zehn Milliarden US-Dollar für den Import ausgeben und für deutsche Waren bereits eine Milliarde. Die gemeinsame Arbeit an der Liste möchte Kapferer auch als Hinweis für die enge Zusammenarbeit zwischen Ministerium und Wirtschaft verstanden wissen. Es sind die Länder, die für die KMU derzeit das meiste Exportpotenzial bieten. Gerade sie bieten Qualität und innovative Produkte, brauchen aber auch Unterstützung für die Eroberung ausländischer Märkte, erläuterte GTAI-Sprecher Dr. Benno Bunse.

Die Länder sollen den deutschen Unternehmen mit Werbung und umfassenden Informationen schmackhaft gemacht werden. „Das Auslandsengagement deutscher Unternehmen ist vor allem dann erfolgreich, wenn sie über den Auslandsmarkt gut informiert sind und vor Ort Unterstützung erfahren.“ Die Auslandshandelskammern und die Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amtes stehen ihnen dafür zur Verfügung.

Dr. Bunse hat die Branchen identifiziert: „Vor allem bei der Umwelttechnik und der Gesundheitsbranche sind die untersuchten Märkte für deutsche Unternehmen vielversprechend. Mit der weltweit zunehmenden Wirtschaftstätigkeit steigen auch die Herausforderungen im Bereich der Abfallentsorgung und der Abwasserwirtschaft“.

Der chinesische Fels in der Brandung

China gilt seit Jahrzehnten als der heimliche Star unter den Exportmärkten. Lange Jahre hatten sich aber die Pioniere blutige Nasen geholt. Jetzt konsolidieren sich die Geschäfte mit dem Reich der Mitte. Die Regierung setzt angesichts der wachsenden Mittelschicht mehr auf den Binnenkonsum, der den Export als Hauptstütze der chinesischen Wirtschaft ablösen soll. Hier will Deutschland mit hochwertigen Konsumgütern aushelfen. Gegen Chinas Umweltprobleme komme immer häufiger deutsche Umwelttechnik zum Einsatz. Für die Umwandlung der Städte in „Smart Cities“ wird das Land zwischen 2011 und 2015 rund 240 Milliarden Euro investieren. Trotz Abkühlung der Konjunktur freuen sich Spezialitäten- und Düngemittelhersteller auf ungebrochenes Wachstum.

Sprungbrett nach Westafrika

Ghana gilt als „kleiner Aufsteiger“ und vor allem als Sprungbrett nach Westafrika. 2050 wird Westafrika mehr Einwohner haben als Europa. Vor allem Nachbar Nigeria gerät in den Fokus der Exporteure. Unklar bleiben die Auswirkungen eines großen Schuldenbergs in Ghana. Das könnte dazu führen, dass der Privatsektor zurückgedrängt wird, weil immer mehr Aufgaben vom Staat übernommen werden.

Attraktives Indonesien

Das Land hat eine zentrale Stellung in Asien. Es ist wirtschaftlich das größte Land im ASEAN, der ab 2015 auch als Wirtschaftsunion die Zollschranken fallen lässt. Wer seinen Fuß im Land hat, der kann auf goldene Socken hoffen. Zudem exportiert Indonesien Rohstoffe nach China, Japan und andere Länder. Die Regierung möchte die Wertschöpfung verbessern und hat in diesem Jahr die Ausfuhr von Roherz verboten. Die Minengesellschaften sollen lokale Metallschmelzen und Verarbeitungskapazitäten errichten. 30 Vorhaben sind bislang bekannt. Das Investitionsvolumen soll mehr als 20 Milliarden US-Dollar betragen.

Kolumbien im Aufbruch

Seit eineinhalb Jahren ist Ruhe in den Andenstaat eingekehrt. Die Regierung sitzt an einem Runden Tisch mit den Rebellen. Daher rückt Kolumbien als Einstiegsland in den Lateinamerikamarkt in den Fokus der Exportbranche. Zudem hat die EU ein Handelsabkommen mit Kolumbien verabschiedet, das derzeit provisorisch in Kraft ist. Deutschland ist bereits generell der wichtigste Handelspartner des Landes.

Dynamisches Technologieland Korea

Das Selbstbildnis Koreas als „Garnele zwischen Walen“ wissen auch die Europäer zu nutzen. Das Freihandelsabkommen mit dem Land, das ebenfalls Hochtechnologie erzeugt, besteht schon. Im Jahr 2012 hat Südkorea 4,4, Prozent seines Bruttoinlandsproduktes alleine für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Neben der Informationstechnologie, sehen vor allem die Umwelttechniker große Chancen für eine Zusammenarbeit. Besonders lukrativ ist das Land für das Ernährungsgewerbe. Spezialitäten fügen die Koreaner gerne in ihre zunehmend „westliche Diät“ ein.

England

Im letzten Jahr hat England vor allem mit seiner intensiven „buy british“ – Kampagne auf sich aufmerksam gemacht [2]. Das hat nach Anton Börner aber kaum Auswirkungen auf den Export. Das Land befindet sich auf dem Weg zur Re-Industrialisierung, sagt Börner. Neben den USA wird das Vereinigte Königreich in diesem Jahr mit 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum zu den dynamischsten Volkswirtschaften der Welt gehören. Auch wenn die Realeinkommen gesunken sind, wird der private Konsum zwischen 2,0 und 2,5 Prozent zulegen.

Anschluss in Afrika finden

Afrika wird als der letzte große Wachstumsmarkt angesehen. Auch wenn die Entwicklung in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich verläuft, weist der Raum südlich der Sahara ein Wachstum von mehr als sechs Prozent auf. Deutschland droht den Zug zu verpassen. Wie andere westliche Länder auch. Wichtige Handels- und Investitionspartner für Afrika kommen meist aus Asien und Lateinamerika. In den 1990er Jahren lag der Anteil des deutschen Exportgeschäftes in Afrika ohne Südafrika bei 2,4 Prozent. Heute sind es nur noch 2,0 Prozent. Der Maghreb nimmt davon auch noch zwei Fünftel auf. Daher steht Ghana nicht nur stellvertretend für West-, sondern auch für den ganzen Kontinent. Die GTAI hat in Accra Ende 2013 ein Büro eingerichtet: „Gate to the West Africa“.

Lesestoff:

Mehr zu den TOP-Exportmärkten finden Sie unter www.gtai.de

[1] Die Januar-Prognose des BGA lag bei 1.159 Milliarden Euro

[2] „Buy british“. Nicht nur bei Schweinefleisch

Roland Krieg

Zurück