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Handel
Freigabe Verpackungsgröße „überflüssigste Neuregelung“
Schon heut ist es nicht so einfach, die Waren im Regal miteinander zu vergleichen. Von jedem Produkt gibt es zu viele Marken und oft ist der Preis das einzige Unterscheidungsmerkmal. Heute bereits sind die Füllmengen für gleiche Produkte nicht immer gleich und wer mag sich schon spontan auf die günstigste Variante festlegen, wenn die 0,75 Liter-Flasche Mineralwasser 0,60 Cent kostet, die Flasche mit einem vollen Liter aber 0,70 Cent. Da hilft oft nur der Blick auf den Grundpreis, der am Regal angebracht sein muss und die Ware preislich auf 100 Gramm, einen Liter oder ein Kilogramm vergleicht.
Seit Ostern wird der Blick zur Pflicht, denn mit der Freigabe der Verpackungsgröße sind die Produkte noch weniger zu unterscheiden als bisher.
Verbindliche Mengenangaben entfallen
Ab dem 11. April entfallen fast alle verbindlichen Mengenangaben für Lebensmittel, womit Deutschland eine EU-Richtlinie in nationales Gesetz umsetzt. Bestimmte Erzeugnisse konnten nur in für sie festgelegte Verpackungsgrößen verkauft werden. So durfte Milch beispielsweise zwischen 0,5 und einem Liter nur in den Verpackungsgrößen 0,5, 0,75 und 1 Liter verkauft werden. Jetzt hat hier der Handel Freiraum wie bei Wasser, Limonade, Fruchtsäfte, Zucker aber auch bei Obst und Gemüse.Verbraucher werden künftig mit versteckten Preiserhöhungen hinters Licht geführt, fürchtet Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg und hat schon einmal vorab nachgeschaut, auf welche Tricks sich Verbraucher mittlerweile einstellen müssen:
So bietet Real 400 Gramm Bio-Cherrytomaten für 2,59 Euro an, während die konventionelle Ware 2,49 € kostet. So kommen die Bio-Tomaten auf den ersten Blick noch recht günstig weg. Doch der zweite entlarvt, wie teuer die Bioware in Wirklichkeit ist, denn die Tomaten in der konventionellen Verpackung wiegen 500 Gramm – der Kunde bekommt also auch 100 Gramm mehr. Damit ist die Bio-Variante nicht nur 10 Cent, sondern sogar 30 Prozent teurer.
Billen fordert Revision des Beschlusses
Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) meint: „Das ist eine der für die Verbraucher überflüssigsten Neuregelungen der zurückliegenden Jahre.“ Ab Herbst 2009 seien die neuen Bundesregierung und das neue Europaparlament gefordert, diese Regelung „wieder rasch zu kippen“.
Das Verpackungsspiel ist nicht nur für Verbraucher verwirrend, sondern auch für die Kontrollbehörden, die nach Aussagen des vzbv „ohnehin maßlos überfordert sind“. Schon jetzt kämpfen sie gegen Unterfüllungen der Verpackungen an, was mit den neuen Verpackungsgrößen noch mehr Aufwand nach sich zieht.
Den Grundpreis fordern
Die Angabe des Grundpreises ist Pflicht, wenn die Verbraucherschützer auch feststellen, dass er in manchem Geschäft fehlt. Die Verbraucher sollen den Grundpreis aktiv einfordern. Aber: Der Grundpreis ist lediglich für die Produkte zwingend, die nach Gewicht oder Volumen verkauft werden. Produkte, die stückweise abgegeben werden, müssen nicht entsprechend gekennzeichnet werden.
Lesestoff:
Die Verbraucherzentrale Hamburg hat auf ihrer Seite eine Liste der Produkte veröffentlicht, bei denen die Verpackungen kleiner geworden sind, obwohl der Preis gleich blieb: www.vzhh.de
roRo; Foto: vzhh