EMB fordert Systemwechsel aus Vernunftgründen
Handel
EMB übergibt Forderungen zum Milchmarkt
Die Situation auf dem Milchmarkt ist verfahren. In Deutschland kommt die Branche vom Überschuss nicht los und die Bauern halten an ihren Milchkühen fest. Die gute Ernte 2009 hat auch die Preise bei heimischem Futtergetreide gesenkt, so dass die Milchbauern auch bei den niedrigen Milcherzeugerpreisen noch „irgendwie“ durchhalten können.
Auf europäischer Ebene wird angesichts von 27 Mitgliedsstaaten der mühsam gefundene Kompromiss des Quotenausstiegs bei vorheriger Quotenerhöhung kaum noch aufgedröselt werden. Auf der anderen Seite beginnen die Marktentlastungsprogramme für die Milch das Budget der EU zu belasten. Der Milchsektor steht vor der Wahl „kurz und schmerzvoll“ oder „langsam siechend“. Oder: Selbstdisziplin und eigenverantwortliche, gemeinsame Strukturpolitik.
„Ausscheidungswettbewerb“
Vor kurzem haben die Unternehmensberater der „Munich Strategy Group“ (MSG) auf der Datenbasis von 80 Molkereien in die Zukunft geschaut. Bei den Milchverarbeitern und damit auch bei den Erzeugerbetrieben erwartet die MSG einen Strukturwandel. Dieser werde getrieben durch preisbewusste Verbraucher, der hohen Marktmacht des Handels, dem Markteintritt großer ausländischer Molkereien und den übergeordneten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Fast ein drittel der bestehenden Molkereien in Deutschland erzielen keinen operativen Gewinn, der größer als ein Prozent des Umsatzes ist. Um der Insolvenz zu entgehen, müssen sich die Molkereien „rekonstruieren und konzentrieren“.
Systemwechsel statt Strukturwandel
Hingegen hält das European Milkboard (EMB) an seinen Forderungen nach einem Systemwechsel und dem Erhalt der gegenwärtigen Milchviehwirtschaft fest. Am Dienstag übergab der EMB in Brüssel seine Forderungen nach einem Systemwechsel der EU. „Seit Anfang 2009 versucht die EU-Kommission mit der Wiedereinführung der Exporterstattung und der Einlagerung erheblicher Mengen an Butter und Magermilchpulver den Markt zu stabilisieren, nachdem sie die Ausweitung der Menge erst forciert hat. Obwohl diese Maßnahmen bereits mehrere hundert Millionen Euro kosten, konnte der Milchpreisabsturz nicht verhindert werden“, erklärte EMB-Präsident Romuald Schaber. Das EMB versucht das Problem an seiner Wurzel zu packen – „und zwar an der überhöhten Milchproduktion“.
Ein Preismodell für den deutschen Markt, gegen Vergütung auf Milchlieferrechte zu verzichten, hatte der Bund Deutscher Milchviehhalter kürzlich vorgestellt. Neben so einer erzeugerfinanzierten Umlage wurde in Brüssel noch mehr gefordert: Das einrichten einer Monitoringstelle zur Erfassung der Angebots- und Nachfragesituation, die Bündelung der Milchproduzenten zu Erzeugergemeinschaften und ein Stufenplan zur Reduzierung der Milchmenge. Sieta van Keimpema, Vizepräsidentin des EMB hält eine Neuausrichtung der Milchpolitik für „unausweichlich“. „Ich denke, man hat jetzt lange genug gesehen, dass die Strategie der EU-Kommission, die Milchmenge auszuweiten und die überschüssige Produktion auf den Weltmarkt schwemmen zu wollen, nicht funktioniert.“
Der Milchzehnt
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner wollte in August eine Handelskette finden, die freiwillig 10 Cent auf jedes Milcherzeugnis aufschlägt und dieses Geld den Bauern zukommen ließe. Heftige Kritik kam aus dem Norden. Dr. Till Backhaus, Landwirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, bezeichnete die Idee als „Armutszeugnis und Beispiel bayerischer Kleinkariertheit.“ So etwas werde in der Marktwirtschaft nicht funktionieren. Backhaus forderte stattdessen 10 Prozent statt 10 Cent. Mit Blick auf die produzierte Milchmenge, würde eine „Absenkung von 10 Prozent für ganz Europa“, so Backhaus, „zu einer spürbaren Marktentlastung führen.“
An diesem Freitag will sich vor dem nächsten Treffen des EU-Agrarministerrates am 07. September ein neues Bündnis gegen die derzeitige Milchpolitik der Öffentlichkeit präsentieren. Das Bündnis besteht neben dem BDM, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland auch der Deutsche Tierschutzbund, Gewerkschaften und kirchliche Organisationen an.
Roland Krieg (Text und Foto)