Energie- statt Konsumkonzept

Handel

Wiederbelebung alter Diskussionen

So oft wie in der letzten Woche kamen die Bilder der deutschen Atommeiler schon lange nicht mehr in die Zeitung. Die Diskussion über die Laufzeitverlängerung erinnerte an die Diskussion zum Einstieg in die Atomkraft. Auch auf dem Berliner Zeit-Forum Wissenschaft wurde an die alten Versprechen erinnert, dass die Kernspaltung Wüsten erblühen lasse und sichere Energie für alle und immer bereithalte.
Aber nicht nur diese Versprechen wurden nicht erfüllt. Robert Werner von Greenpeace Energy machte klar, dass es heute immer noch kein Endlager für den bisher anfallenden Atommüll gebe – obwohl dann in 15 Jahren der doppelte Müllberg vorhanden sei?
Während die Bundesregierung selbst verschuldet vom Gutachten abweichende mögliche Laufzeiten diskutiert und die Redaktionen den Tipp bekamen, am vergangenen Wochenende „besser nicht an die Ostsee“ zufahren, damit sie die Entscheidung vom Sonntag mitbekommen, sind die möglichen Abweichungen der Strompreise ohne Laufzeitverlängerung oder mit bis zu 20 Jahre nur im Ein-Cent-Bereich zu messen.
Die Entscheidung über die Laufzeiten ist auch nur ein Baustein in dem Energiekonzept, dass die Bundesregierung für Ende September angekündet hat.

Am Sonntag Abend einigte sich die Koalition auf eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Diese soll sich nach dem Alter der Meiler richten und zwischen acht und 14 Jahren liegen.

Diesseits der Steckdose
In einer gemeinsamen Stellungnahme befinden neun Ministerinnen und Minister von SPD, Linke und Grüne: „Das Energiekonzept der Bundesregierung ist um die politisch gewollte Laufzeitverlängerung herum aufgebaut.“ Hermann Albers, Präsident des Bundesverband Windkraft wandte sich anlässlich der Pressekonferenz über die Exportchancen der Windkraftbranche schon erneut gegen eine Laufzeitverlängerung, die von Investitionen in erneuerbare Energien ablenken würde. Das sehen auch die Minister in ihrer Stellungnahme so: „Mit mehr als 13.000 Megawatt installierter Leistung erzeugen die Stadtwerke zu 71 Prozent Energie aus Kraft-Wärme-Kopplung hocheffizient und klimafreundlich.“ Die rund 12 Milliarden Euro Investitionskosten sind vor dem Hintergrund des Atomausstiegs investiert worden.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fürchtet in seinem Positionspapier, dass die Erzeugerseite der Energie zu sehr betrachtet und die Verbrauchsseite vernachlässigt wird. Demnach liegen die größten Effizienzpotenziale im Gebäudebereich, die zudem die niedrigsten CO2-Vermeidungskosten aufweisen: „Die Gebäude beanspruchen für Heizung und Warmwasser ca. 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauches und sind für 20 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich.“ Die Verbraucherschützer bemängeln das Fehlen eines klaren ordnungspolitischen Rahmens und gezielte Förderungen durch die Politik. Zuletzt blockierte die Bundesregierung mit dem Aussetzen des Marktanreizprogramms für Wärmeenergie ihren eigenen Weg in die erneuerbare Zukunft. Erst nach heftigen Protesten hat sie die Kürzungen noch vor der Sommerpause wieder zurückgenommen.

Es gibt keinen Königsweg
Das Zeit-Forum vom Freitag Abend hat auch nur mehr die Restriktionen der Energieformen aufgezeigt. Neben der Atommüll-Diskussion, ist auch der Off-Shore-Ausbau der Windenergie technisch noch nicht ausgereift, so Albers und forciert die landgestützten Windmühlen. Groß angelegte Projekte wie Desertec entschwinden aus den Schlagzeilen, weil es derzeit noch keinen europäischen Konsens über ein gemeinsame Energiekonzept gibt. Letztlich fehlt noch die Infrastruktur für transnationale Netze, deren Finanzierung kaum beziffert werden kann.
So rückte Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Chefökonom vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die Biomasse wieder in den Vordergrund. Dezentral erzeugt und verwendet bleibt die Landwirtschaft weiterhin ein Wirtschaftssektor, der im Energiekonzept eine tragende Rolle spielt.
Legt die Bundesregierung Ende September das Energiekonzept vor, ist auch das nur eine Zwischenstufe – denn letztlich fehlt eine breite Diskussion über das Konsumkonzept.

Lesestoff:
Das Gutachten über die Energieszenarien können Sie beispielsweise auf der Seite des Bundesumweltministeriums einsehen: www.bmu.de

Roland Krieg

Zurück