Energiegipfel
Handel
Energieabstimmung Bund-Länder
Heute treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder im Bundeskanzleramt, um die Energiewende zu harmonisieren und die einzelnen Bedarfe und Vorstellungen aufeinander abzustimmen.
Vor dem dritten Energiegipfel gab es Unstimmigkeiten, ob die Bundesregierung eine einheitliche Position präsentiere, denn im Gegensatz zu Bundesumweltminister Peter Altmaier votierte Wirtschaftsminister Philipp Rösler für den Ersatz des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes durch ein Quotenmodell.
Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums unterstrich am Mittwoch, dass die Bundesregierung mit einer Position zum EEG in die Gespräche gehe: „Alle anderen Modelle stehen nicht zur Debatte“. Es gebe auch keinen Dissens über die Ausbauziele der erneuerbaren Energien. Nur der Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums lavierte immer noch mit den verschiedenen Begriffen Quotenmodell und Mengenmodell. Beim ersteren gebe es weniger, beim zweiten mehr Wettbewerb. Das EEG stehe aber nicht im Vordergrund dieser Gesprächsrunde, die eine erste Etappe des Verfahrensvorschlags von Peter Altmaier sein soll [1]. Die 16 Energiewenden der Bundesländer sollen mit der des Bundes harmonisiert werden. Beispielsweise, ob Schleswig-Holstein wirklich dreimal so viel Energie produzieren soll, um sie in den Süden zu leiten, ob dieser Plan nicht eher die dezentralen Ausbaupläne der Südländer behindere [2]?
Energiepakt schließen
Im Vorfeld haben die Energieintensiven Industrien Deutschlands (EiD), angesiedelt bei der Wirtschaftsvereinigung Metalle, Bund und Länder aufgefordert, endlich einen „Energiepakt“ zu schließen. EiD-Sprecher Martin Kneer: „Wir brauchen einen nationalen Energiepakt, in dem alle Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in einer konzertierten Aktion handeln. Sonst explodieren die Energiepreise für Bürger und Industrie.“ Die im EiD vertretenden Firmen sehen durch die steigenden Energiepreise einen Wettbewerbsnachteil und wollen vor allem die „Systemkosten des EEG“ begrenzen [3]. Die Firmen im EiD beschäftigen rund 830.000 Menschen und haben Deutschland durch die Krise gebracht, so Kneer.
Kein Geschacher veranstalten
Der Nabu warnt Bund und Länder vor einem weiteren Geschacher, falls es keine Einigung gibt. „Statt verzerrte Kostendebatten zu führen und über Ausbauziele für die erneuerbaren Energien zu feilschen, müssen sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten endlich ihrer Verantwortung für die Koordination der Energiewende stellen“, sagte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke. Er fordert einheitliche Kriterien für die Durchführung von Potenzanalysen in den Bundesländern. Kritisch sieht Tschimpke den Ausbau der Offshore-Windanlagen gegenüber. Wenn Onshore-Wind und Photovoltaik die Stromversorgung sicher stellen sollen, dann müssen ein flexibles Lastenmanagement, intelligente Netze und Speicher vorhanden sein.
Bund und Länder sollten heute mehr über den Wärmemarkt reden, fordert Tschimpke. Die Haushalte geben zwei Drittel der Energiekosten für Heizung und Warmwasser aus und nur ein Drittel für Strom. Der Energiegipfel wäre schon erfolgreich, wenn Bund und Länder sich auf Steuerrabbatte in Höhe von einer Milliarde Euro für Effizienzstandards, Wärmedämmung und moderne Heizungsanlage einigen könnten, wie es einst geplant war. Die 300 Millionen Euro, die im Finanzministerium diskutiert werden, reichen nach Ansicht Tschimpkes nicht aus.
Wirtschaft profitiert von Energiewende
In dieser Woche hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung im Auftrag des baden-württembergischen Umweltministeriums ökonomische Auswirkungen der Energiewende abgeschätzt. Die wesentlichen Ergebnisse:
- Spätestens ab 2030 sind die Kosten für die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien günstiger als durch konventionelle Energieträger.
- Die volkswirtschaftlichen Mehrkosten durch die Investitionen in erneuerbare Energien erreichen 2016 ihren Höhepunkt und sinken danach.
- Im Bereich der Wärmebereitstellung wurde der Kostenscheitelpunkt bereits 2009 überschritten. Die neuen Energien werden „deutlich vor 2025“ günstiger werden.
- Bei einer Sanierungsquote des Wohnbestandes von 30 Prozent kann allein das Land Baden-Württemberg mit einem Beschäftigtenzuwachs von 120 Prozent (35.000 Arbeitsplätze) rechnen. Bis 2020 werden es dann sogar 64.000 neue Arbeitsplätze geben. Neue Anlagen und der Netzausbau bringen weitere 5.000 Menschen in Lohn.
Direktvermarkter stärken
Prof. Dr. Kurt Lauk, Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, will einen „nationalen Energie-Konsens für mehr Markt und Innovation.“ Staatlich verordnete Steuern und Abgaben müssen ein Ende finden und bedrohten die Energiewende, weil sie mehr als die Hälfte der Energiepreise ausmachten. Das EEG müsse so reformiert werden, dass die Direktvermarktung der erneuerbaren Energien gestärkt werde. Dazu müsse der Einspeisevorrang schrittweise abgesenkt werden. Die Energiewende muss nach Prof. Lauk nicht nur die neuen Energien, sondern „das gesamte energiewirtschaftliche System“ im Blick haben und dieses nach marktwirtschaftlichen Kriterien ausrichten. Ein Nachfolgemodell des EEG verbinde alle Energieformen und reagiere auf Preissignale.
Engpass Netz
Von den 1.438 Kilometer Übertragungsnetze, die im Energieleitungsausbaugesetz von der Bundesnetzagentur vorgesehen sind, sind erst 214 Kilometer gebaut. Für den energiepolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Dr. Georg Nüßlein, ist der Netzausbau daher das drängendste Problem. Für die Beschleunigung des Ausbaus könnte eine „Netz-AG“ gegründet werden, in der sich kapitalkräftige Netzgesellschaften zusammenschließen. Es wäre bedauerlich, wenn dieses Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag „ad acta gelegt werden müsste.“ Die Übertragungsnetzbetreiber müssten daher ihren Widerstand aufgaben, die Netz-AG zu gründen.
Energiekosten systematisch senken
Mit dem neuen Spitzenausgleich für energieintensive Unternehmen sind diese zu einem Energiemanagement verpflichtet. Das Umweltbundesamt hat zusammen mit dem Bundesumweltministerium einen Leitfaden „Energiemanagementsystem“ vorgelegt, der Betrieben und Behörden Einsparpotenziale aufzeigen will. Dafür gibt es sogar eine neue Zertifizierung nach ISO 50001, die weltweit bereits an 900 Unternehmensstandorten vergeben wurde. Mit 470 Standorten sind die Zertifikate allein in Deutschland vergeben worden. Der Leitfaden gibt eine praxisorientierte Hilfestellung, unabhängig vom aktuellen Verbrach, der Größe des Betriebes oder der Branchenzugehörigkeit [4].
Erneuerbare Energien sparen Geld
Durch die Verwendung neuer Energien hat Deutschland im Jahr 2011 auf den Import von fossilen Energieträgern in Höhe von 6,02 Milliarden Euro verzichten können. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Importkosten für Kohle, Öl und Gas um 220 Millionen Euro, erläutert Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur Erneuerbare Energien. Deutschland ist der sechstgrößte Erdölimporteur der Welt und zahlt derzeit so viel wie noch nie für den Rohstoff. Im letzten Jahr kostete eine Tonne importiertes Rohöl 593 Euro. Drei Jahre vorher lag der Preis noch bei 484 Euro. Im August 2012 hat Deutschland sogar 666 Euro für eine Tonne Rohöl bezahlen müssen. Wegen der Endlichkeit dieser Ressource, wird der Preis langfristig weiter steigen.
Lesestoff:
[1] Verfahrensvorschlag zur Änderung des EEG
[2] Energieausbau Schleswig-Holstein
[3] Spitzenausgleich für energieintensive Betriebe
[4] Leitfaden Energiemanagementsystem: www.umweltbundesamt.de -> Publikationen -> Energie
Roland Krieg