EP-Schulz unterzeichnet keinen Defizithaushalt
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EU-Haushalt bei 913 Milliarden?
Bei der Ankunft zum EU-Ministerrat über den Mehrjährigen Finanzrahmen lagen die Positionen noch sehr weit auseinander, wie es die Bundeskanzlerin ausdrückte. Wirtschaftskrise, Arbeitsplätze und das Verhältnis zwischen Nettozahler und Empfängerländer müsse in Gänze ausbalanciert werden. Merkel wünschte sich einen 7-jährigen Finanzrahmen. Ob es aber vielleicht doch „Jahresscheiben“ für das Budget gibt, schloss sie nicht aus.
Der englische Premier David Cameron wählte starke Worte: Die EU solle sich nicht den Stimmern verschließen, die weniger ausgeben wollen. Der November-Vorschlag von 975 Milliarden war den Engländern noch viel zu hoch. „We need to come down“, so Cameron.
Der Präsident des Europaparlamentes, Martin Schulz, machte klar, dass kein Weg am Parlament vorbeiführe. Die EU sei „tödlich bedroht“ und er Rat werde auch darüber entscheiden, ob die EU eine Addition von 27 Einzelinteressen sei oder mehr. Die Position des Parlaments sei seit Monaten bekannt. Wenn sich alle bewegten, könne auch ein Kompromiss zusammenkommen. Eine Vorlage des Rates nach dem Motto „Friss oder stirb“ werden sich die Parlamentarier nicht gefallen lassen.
„Es wird keinen Defizithaushalt geben“
Im Ministerrat legte Martin Schulz noch einmal die Sichtweise des Europaparlaments dar. Auf der Pressekonferenz zur frühen Nachtstunde machte er klar, wo die Grenzen für das Europäische Parlament liegen. Für das laufende Haushaltsjahr wird ein Nachtragshaushalt von 16 Milliarden Euro notwendig. Aus vergangenen Förderperioden sind noch immer Rechnungen in Höhe von insgesamt 213 Milliarden Euro offen, wobei 100 Milliarden in den neuen Haushalt ab 2014 schon „eingepreist“ sind.
Schulz legte dar, wie das Verhältnis von Zahlungen an die EU und Verpflichtungen der EU auseinanderdriftet. Die Länderchefs reden derzeit nur über die Gelder, die an die EU gezahlt werden sollen, jedoch nicht über die Verpflichtungen, die wieder fällig werden. Und da ist die EU vertragswidrig bereits in einem Defizit angelangt. Schulz: „Ich unterschreibe keinen Defizithaushalt mehr!“. Sollten die Länder vom Rompuy-Vorschlag in Höhe von 975 Milliarden Euro weiter nach unten abweichen, vergrößerten sie das Haushaltsdefizit. 910 Milliarden Euro sind in der Nacht auf den Freitag im Gespräch. Das sei der „rückwärts gewandteste Haushalt“, den die EU jemals hatte und Schulz hält damit die Ziele der EU 2020 für nicht mehr erreichbar. Konflikte werden auf die nächste Generation vertagt.
Rettung Flexibilität?
Der Präsident des Europaparlamentes zeigte sich jedoch auch kompromissbereit. London wolle bei 900 Milliarden aufsetzen. Auch wenn Schulz immer wieder betont, dass eine zu große Differenz zu den Parlamentsvorschlägen zu einer Ablehnung des Rats-Vorschlages führen werde, könnte dieser Betrag ein Kompromiss sein – wenn der Haushalt deutlich flexibler wird. Schulz kann sich vorstellen, dass Gelder jährlich zwischen den verschiedenen Etats und zwischen den einzelnen Jahren flexibel eingesetzt werden. Für Schulz ist es wichtiger, kein weiteres Defizit anzuhäufen – auch wenn er 900 Milliarden als zu wenig hält. Dann stünden im Jahr 2020 für die Ziele der EU Etats der Jahre 2005 zur Verfügung.
Wahrscheinich wird es im Europaparlament eine geheime Abstimmung geben, weil der Druck auf die Parlamentarier sehr groß ist. 151 Stimmen reichten für diesen Antrag aus, die nach Schulz auch schon zusammengekommen sind. Aber zuerst muss der Ministerrat einen Vorschlag unterbreiten.
Roland Krieg; Fotos: Ministerrat der EU