EU-Budget auf halbem Weg
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Budget-Flexibilisierung soll Europaparlament locken
EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski zeigte sich am Freitag enttäuscht über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFF), den die Regierungschefs in Brüssel ausgehandelt haben. Dennoch ist ein schlechter Deal besser als gar keiner, so Lewandowski. EU-Präsident José Manuel Barroso hätte sich auch einen Kompromiss gewünscht, der näher am Kommissions-Vorschlag gewesen wäre. Doch war der Kompromiss nach Einschätzung Barrosos offenbar der beste, auf den sich die 27 Länder haben einigen können. Barroso warnte jedoch vor eiligen Interpretationen: „Ohne Einigung über die Flexibilität kann der Beschluss noch nicht in Auszahlungen übersetzt werden.“ Auch Hermann Van Rompuy, Präsident des EU-Rates verwies auf die notwendige Zustimmung durch das Europäische Parlament. Für eine Einigung sei aber „genug drin“.
Flexibilität und Zwischenbericht
Aus Sicht Angela Merkels „ist diese Einigung gut, und sie ist wichtig.“ Für die wichtigsten Projekte bestehe Planbarkeit. Die Obergrenze von 960 Milliarden Euro entspreche dem deutschen Wunsch von maximal einem Prozent des Bruttonationaleinkommens an die EU zu überweisen. Die Zahlungsverpflichtungen wurden auf 908,4 Milliarden Euro festgesetzt. Während Martin Schulz noch in der Verhandlungsnacht vor einem neuerlichen Defizit-Haushalt warnte [1], gibt sich die Bundeskanzlerin gelassener: Auch in der jetzigen Vorausschau hat es einen Unterschied zwischen den sogenannten Verpflichtungen und tatsächlichen Zahlungen von etwa fünf Prozent gegeben.“ Das haben die Mitgliedsländer aus dem letzten Budget fortgeschrieben. Dieses Mal gibt es aber einen Unterschied, denn die Zustimmung des Parlaments soll mit einer Flexibilität erreicht werden, dass Gelder zwischen den Jahren und Etatposten hin- und hergeschoben werden können. Das habe es in der Vergangenheit nicht gegeben, betonte Merkel.
Als zweites Lockmittel soll nach zwei Jahren eine „Review“ durchgeführt werden, „damit in zwei Jahren noch einmal geschaut werden kann“, erklärte Merkel bei ihrer Rückkehr nach Berlin. Sie hofft, dass sich die schwierigen Zeiten verbessert haben, um auch mehr Geld nachzuschießen.
Der MFF
Der MFF hat auch schon den Beitritt Kroatiens im Sommer 2013 einberechnet. Es wird sechs Auszahlungsrubriken geben: „Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung“ (125,614 Mrd. €) mit dem Unterpunkt „wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt“ (325,149 Mrd. €), „Nachhaltiges Wachstum: natürliche Ressourcen“, „Sicherheit und Unionsbürgerschaft“, „Europa in der Welt“, „Verwaltung“ und „Ausgleichszahlungen“.
Die Verpflichtungsobergrenze liegt bei 959, 988 Milliarden Euro und die Zahlungen bei 908,400 Milliarden Euro, was einem und 0,95 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Länder entspricht. Jährlich kommt ein Inflationsausgleich in Höhe von zwei Prozent hinzu.
In der Unterrubrik stecken die Gelder für die neuen Bundesländer. Gefördert werden wenig entwickelte Regionen, deren Pro-Kopf-BIP weniger als 75 Prozent der EU27 erzielen. Hier sind die Fördermittel geringer geworden und Merkel will der Entwicklung der Länder Rechnung tragen, die heute mehr als 75 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienen. Damit sie nicht völlig aus der Förderung rausfallen gibt es ein Sicherheitsnetz in Höhe von 64 Prozent der bisherigen Zahlungen.
Für diese „Konvergenzregionen“ erhält Deutschland 510 Millionen Euro und für Leipzig wegen der dringenden Anpassung 200 Millionen extra.
Rubrik 2
Die Landwirtschaft wird aus der Rubrik 2 finanziert. Hier sind 373,179 Milliarden Euro, davon 277,851 Milliarden für markbezogene Ausgaben und Direktzahlungen vorgesehen. Die Gelder sollen sich wie folgt verteilen und sind degressiv angelegt.
Die Höhe der Direktzahlungen unterscheidet sich zwischen den um mehrere Hundert Euro.
Die Länder, deren Direktzahlungen weniger als 90 Prozent des EU-Durchschnitts ausmachen, sollen die Differenz um ein Drittel verringern können. Ab 2020 sollen alle Mitgliedsstaaten eine Mindestförderung von 196 Euro je Hektar erhalten.
Die Deckelung von Großbetrieben wird von den Mitgliedsstaaten auf freiwilliger Basis eingeführt. 15 Prozent der Mittel aus der ersten Säule können als zusätzliche Förderung für die Entwicklung des ländlichen Raumes in der zweiten Säule eingesetzt werden. Die zweite Säule wird mit 84,936 Milliarden Euro ausgestattet. Für größere Krisen wird eine neue Reserve in Höhe von 2,8 Milliarden Euro eingeführt, wenn sie sich auf Erzeugung oder Vermarktung der landwirtschaftlichen Produktion bezieht. Die Reserve soll sich durch die Haushaltsdisziplin bei Verringerung der Direktzahlungen bilden und wird jährlich eingestellt.
Entwicklungshilfe
Die Rubrik „Europa in der Welt“ ist die Entwicklungshilfe, für die 58,704 Milliarden Euro vorgesehen sind. Hier steigen die jährlichen Mittel von 7,8 auf 8,9 Milliarden an. Eine Schlüsselpriorität hat das Ziel bei 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungshilfe auszugeben. Bis 2020 soll die gesamte externe Hilfe der EU als Entwicklungshilfe gemäß der OECD-Definitionen eingesetzt werden.
Im Vergleich
Die Agrargelder wurden seit dem ersten Vorschlag im November kaum verändert, liegen fast neun Milliarden Euro unter dem Kommissionsvorschlag und sogar 27 Milliarden Euro unter dem Finanzrahmen 2007 - 2013. Der Gesamthaushalt liegt 34 Milliarden unter dem Niveau der Vorgängerperiode.
Lesestoff:
EP-Schulz unterschreibt keinen Defizit-Haushalt
Roland Krieg