EU-Budget: Nur gestolpert?

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EU-Haushaltstagung abgebrochen

In der Nacht zum Freitag hatte Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments ein Scheitern des EU-Haushaltsgipfels schon für wahrscheinlich gehalten. Zum einen müssen die Regierungschefs untereinander einen Kompromiss für die weit auseinanderliegenden Vorstellungen finden, und wenn dieser Kompromiss noch weit von den Vorstellungen der EU-Kommission ist, dann wird die Mehrheit des Europaparlaments diesem auch nicht zustimmen.
Bis zur zweiten Hürde im Europaparlament haben es die Ideen der Mitgliedsländer gar nicht erst geschafft – die EU-Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 sind schon innerhalb des Rates gescheitert. Am Freitagnachmittag wurde der Gipfel abgebrochen.

Merkel hat Scheitern eingeplant

Schon vor dem Sondergipfel heiß es aus dem Bundeskanzleramt: Wir müssen nicht unbedingt in dieser Woche zu einem Abschluss kommen. Man sei sich aber bewusst, dass nach einem Abschluss noch Rechtssetzungstexte wie bei der Strukturpolitik, in der Agrarpolitik und beim Forschungsrahmenprogramm vereinbart werden müssen. Nach dem Rat sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Wir haben noch Zeit. Wir haben uns auch einen ambitionierten Zeitrahmen gesetzt. Es geht um den Beginn des nächsten Jahres.“
Am Freitagabend war sich auch Ratspräsident Herman van Rompuy sicher, dass Anfang 2013 in Kompromiss gefunden werden könne. Es sei nun allen klar geworden, dass es sich um einen Sparhaushalt handeln müsse. Sein Kompromissvorschlag, der in der Gesamtsumme nicht von den 80 Milliarden Einbußen abgewichen ist, habe keine weiteren Kürzungen enthalten, weil das kaum mehr ginge.

Kiosk

Die englische Tageszeitung The Guardian vermerkte nach dem Scheitern der EU über die Griechenlandhilfe einen weiteren Fehlschlag innerhalb einer Woche und bezweifelt, ob die EU überhaupt noch in der Lage sei, einen Kompromiss zu kreieren. Neben Premier Cameron wähnte die Zeitung auch Deutschland, die Niederländer und Skandinavier als heimliche Sieger bei der Verteidigung von Steuerzahlerinteressen.

Die amerikanische Los Angeles Times fürchtet auch die fehlende Kompromissbereitschaft zwischen 27 EU-Ländern. Fehlschläge würden chronisch. Die Hoffnungen Rompuys auf einen baldigen Gipfel werden als „Herunterspielen“ der dramatischen Situation bezeichnet.

Der englische The Independent sieht Merkel und Cameron als „Camerkel“ vereint. Wie lange die haushalterische Liaison allerdings halten wird, sei noch offen. Merkel habe aber mit der Unterstützung des englischen Kurses Sympathien gewonnen.

Ähnlich: „Der Standard“ aus Österreich sieht in Merkel eine neue „Maggie“, die ehemalige „Eiserne Lady“ in England. Der österreichische Europaabgeordnete Hannes Swoboda will gleich den Europäischen Rat in einen Senat überführen. Europa habe mit dem Kommissionspräsidenten eine wichtige Position genug. Vor allem Rompuy fehle die „Kommunikationsfähigkeit“ sagte er im „Der Standard“. Europa brauche mehr Gestalter.

Roland Krieg

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