EU-Kommission will das Ende der Plastiktüte

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Plastiktütenverbot mit Auswegen

Der Gebrauch von Plastiktüten ist in der EU sehr unterschiedlich. 2010 haben die Europäer 98,6 Milliarden Plastiktüten verbraucht, was rund 198 Tüten pro Person und Jahr sind. Während die Dänen nur durchschnittlich vier Tüten im Jahr beanspruchen, sind 466 Tüten in Polen, Portugal und der Slowakei.
Vor allem die dünnen Tüten sind der EU-Kommission ein Dornim Auge. Dünner als 50 Mikrometer finden sie kaum den Weg in das Recycling, sondern den Weg in die Umwelt. Acht Milliarden dieser Tüten, nur einmal genutzt, verweilen bis zu 100 Jahre in der Umwelt. Ein besonderes Problem ist der Tütenberg im Meer, wo er die Nahrungskette stört.
Am Montag hat die Kommission einen Vorschlag gemacht, das Müll-Tütenproblem zu minimieren. Die Mitgliedsländer können zwischen einer Tütengebühr, einem Reduzierungsziel oder einem Bann wählen. Ziel: Die Tüten sollen aus Meer und Landschaft verschwinden.

Falscher Ansatz

Klimaschutzexperte Hans-Josef Fell (Bündnis 90 / Die Grünen) sieht in dem Vorschlag einen falschen Weg. Das Verbot sei ein halbherziger Weg. Besser sei die Forcierung der Umstellung auf nachwachsende Rohstoffe und der Kunststoffchemie. Die heizen auch das Klima durch die Verbrennung in der Müllverbrennung an. Biokunststoffe hingegen verbrennen klimaneutral oder lösen sich, in die Umwelt gelangt, nach kurzer Zeit von selbst auf. Der Einsatz von Biokunststoffen verbrauche lediglich ein Prozent der weltweiten Ackerfläche und stehe daher nicht in Nutzungskonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Würde Deutschland diesen Weg einschlagen, hielten sie Schritt mit Fernost und Brasilien, wo die Entwicklung von Biokunststoffen weiter sei.

VKU fordert strenge deutsche Vorgaben

„Die Reduktion von Plastiktüten ist ein wichtiger Beitrag zur Abfallvermeidung“, kommentierte Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) den Vorschlag. Vor allem nimmt die EU Abschied von einheitlichen Regelungen, wenngleich Reck die Bundesregierung auffordert, „strenge Reduktionsziele zu erlassen, die dem auch sonst hohen Umweltschutzniveau in Deutschland Rechnung tragen.“
Reck appelliert aber auch an die Verbraucher, die selbst darüber entscheiden können, auf Plastiktüten zu verzichten. In der Woche zwischen dem 16. und 24. November findet erneut die Europäische Woche zur Abfallvermeidung statt, die vom VKU gemeinsam mit dem Naturschutzbund Deutschland und dem Bundesumweltministerium durchgeführt wird.

Halbherziger Vorschlag

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) findet den Vorschlag halbherzig. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch vermisst konkrete Vorgaben für die Länder, so dass sie unverbindlich bleiben können. Auch die Beschränkung auf dünne Tüten führe dazu, dass andere Tüten weiter angeboten werden. Machen die Hersteller die Tüten etwas dicker, dann umgehen sie jedem Regelwerk. Resch plädiert für eine Abgabe: „In Irland führte die Einführung einer Abgabe von 22 Cent zur Verringerung des Plastiktütenverbrauches von 328 auf nur noch 16 Stück pro Kopf und Jahr. Wir fordern die deutsche Bundesregierung deshalb auf das politische Signal aus Brüssel ernst zu nehmen und eine Abgabe in Höhe von 22 Cent einzuführen, um die massenhafte Nutzung von Kunststofftüten endlich zu beenden."

Lesestoff:

EU-Vorschlag: http://ec.europa.eu/environment/waste/packaging/legis.htm#plastic_bags

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roRo

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