EU-Umweltausschuss: Biokraftstoffe und Emissionshandel

Handel

EU-Envi: Biokraftstoffe und Emissionshandel

Biokraftstoffe

Der EU-Umweltausschuss hat am Dienstag dem Entwurf zugestimmt, traditionelle Biokraftstoffe schneller durch neue Biomasse wie Algen und Bioabfall zu ersetzen. Das soll sowohl die Treibhaugasemissionen in der Kraftstoffproduktion als auch die Nutzungskonkurrenz zu Nahrungsmitteln verringern. Hierbei geht es vor allem um technologische Aspekte, was den liberalen Berichterstatter Nils Torvalds aus Finnland besonders anspornt, diese durch die Triloge mit dem EU-Rat und der Kommission zu bringen.

Bislang waren noch zehn Prozent Biokraftstoffe als Zielmarke für das Jahr 2020 vorgesehen. Der aktuelle Entwurf sieht nur noch sechs Prozent für Biosprit aus Nahrungspflanzen vor. Dafür sollen die neuen Biomassequellen einen Anteil von 1,25 Prozent im Transportsektor einnehmen. Der Umweltausschuss plädiert für die Berücksichtigung der umstrittenen indirekten Landnutzungsänderungen.

Für den Europaabgeordneten Martin Häusling (Die Grünen) greift das Paket zu kurz. Ob Biomasse bessere Emissionswerte aufweisen als konventionelle Treibstoffe sei noch immer unsicher. Daher reiche die vorgeschlagene Deckelung nicht aus. Häusling wünscht sich einen Paradigmenwechsel. Insgesamt müssen das Mobilitätsverhalten und der „internationale Transportwahn“ geändert werden. „Bessere Verkehrskonzepte und mehr lokale Produktion könnten ein Vielfaches an CO2-Einsparungen bewirken, ohne weitere Agrarflächen zu benötigen. Positiv sei zwar die Einbeziehung der indirekten Landnutzungsänderung (ILUC), allerdings, so Häusling „muss die Berechnungsformel überarbeitet und verbessert werden.“

Für den Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) bildet das abgestimmte Konzept keine tragfähige Zukunft für die Branche. Da die Biokraftstoffe mannigfaltig bereits zertifiziert sind, ist die Deckelung auf sechs Prozent zu wenig. Auch die Mindestquote von 1,25 Prozent für neuartige Biomasse ist für das einstige Ziel von zehn Prozent bis 2020 viel zu wenig. Für völlig inakzeptabel hält der BDBe die Einbeziehung der „wissenschaftlich nicht haltbaren so genannten ILUC-Faktoren als Malus“. Der Verband prognostiziert, dass sie keinen Bestand haben werden. Schon auf der Grünen Woche hat der Verband kritisiert, dass es für Biokraftstoffe für die Zeit nach 2020 noch immer keine Perspektive gibt [1]. Geschäftsführer Dietrich Klein kommentiert: „Mit diesem unbefriedigenden Abstimmungsergebnis werden getätigte Investitionen nicht geschützt. Zudem fehlt es an verlässlichen Rahmenbedingungen zur Investition in neue Technologien für Biokraftstoffe aus Abfällen und Reststoffen in industriellem Maßstab. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Europäische Parlament, EU-Ministerrat und –Kommission in den jetzt anstehenden Beratungen auf eine Verschärfung und Fortschreibung der Treibhausgas-Minderungsquote bei Kraftstoffen für den Zeitraum nach 2020 verständigen werden. Eine weitgehende Umstellung auf E-Mobilität ist eine sehr langfristige Perspektive.“

Kritik gibt es auch vom europäischen Bauern- und Genossenschaftsverband Copa-Cogeca. Für Generalsekretär Peka Pesonen gefährdet der Entwurf die Biokraftstoffindustrie und vergibt Chancen für eine heimische Futtermittelproduktion durch Koppelprodukte wie beispielsweise aus Raps. Wo bereits hohe Anteile an Biokraftstoffen vorhanden sind, gefährdet eine Kürzung der Quote auf unter acht Prozent Investitionen in neuartige Biomasse. Für einen stabilen Markt sei eine Fortsetzung der Biokraftstoffpolitik nach 2020 notwendig.

Emissionshandel

Um den Handel mit Emissionszertifikaten zu stärken sollen Zertifikate zurückgenommen werden. Das findet auch die Mehrheit des EU-Umweltausschusses. Das könnte nach dem belgischen Berichterstatter Ivo Beket (Christdemokrat) zu einem ehrgeizigen Klimaziel und zu mehr Beschäftigung führen. Schon 2018 könnten Zertifikate aus dem Markt in eine Stabilitätsreserve überführt werden. Drei Jahre früher als die EU-Kommission plant. Die bereits zwischen 2014 und 2016 zurückbehaltenen 900 Millionen Zertifikate sollen nicht vor 2019 wieder zurückgebracht werden. Allerdings nicht auf den Markt, sondern in die Stabilitätsreserve.

Des Weiteren sollen die Erlöse aus dem Handel mit 300 Millionen Zertifikaten in einen „Energie-Innovations-Fonds“ fließen, aus dem sich die Industrie für den Transfer in eine CO2-arme Produktion bedienen dürfe.

Für den Emissionshandel sei das ein guter Tag, fasste Matthias Groote (SPD) nach der Sitzung zusammen. Das mache den Emissionshandel wieder „flott“. „Der Emissionshandel ist eine Hauptsäule der EU-Klimapolitik und hat das Potenzial, auch andere Regionen auf der Welt zu stärkenem Klimaschutz zu inspirieren.“

Mit „Erleichterung“ hat Germanwatch den Vorschlag aufgenommen. Die Marktstabilitätsreserve habe die Eigenschaft, den Emissionshandel zu reparieren. Das ist ein Wendepunkt. Der Emissionshandel hat ab heute wieder eine echte Überlebenschance, kommentiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation. Das neue Europaparlament zeige sich beim Klimaschutz deutlich engagierter als das alte. Für die deutschen Klimaziele komme er aber zu spät. Die Reservebildung ab 2018 habe keine Wirkung mehr für die 2020er-Ziele. Daher müsse die Bundesregierung bis diesen Sommer ein eigenes Konzept vorlegen, wie sie die selbst ernannten Ziele erreichen will, fordert Bals. Um dem Emissionshandel nach der Reanimation auch am Leben zu erhalten, müssten nach Analysen von Germanwatch mindestens 1,6 Milliarden Zertifikate still gelegt werden.

Lesestoff:

[1] Nachhaltiger Transportsektor nach 2020?

roRo

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