EU warnt vor ausuferndem Protektionismus
Handel
Protektionismusbericht der EU
In ihrem neunten Bericht über handelsbeschränkende
Maßnahmen beklagt die Eu den ansteigenden Protektionismus im G20-Raum.
In den letzten acht Monaten wurden 123
Handelsbeschränkungen eingeführt, was einen Anstieg von 25 Prozent bedeutet.
Damit gibt es derzeit 534 erfasste handelsbeschränkende Maßnahmen wie Ein- und
Ausfuhrbeschränkungen durch höhere Zölle oder Kontingente, technische
Handelshemmnisse wie Zertifikate oder Beschränkungen im Dienstleistungsbereich,
die häufig ausländische Investoren diskriminieren. Die G20-Länder müssten mehr
gegen protektionistische Maßnahmen vorgehen, meint EU-Handelskommissar Karel de
Gucht: „Wir wollen nicht vergessen, dass Protektionismus niemandem nützt und
das sich die G20-Staaten dafür ausgesprochen haben, derartigen Praktiken
Einhalt zu gebieten.“
Die Hauptaussagen des Berichts:
- Von September 2011 bis 1. Mai 2012 wurden jeden Monat im Schnitt über 15 neue Maßnahmen eingeführt; im Jahr davor waren es weniger als 12 im Monat: Der Rhythmus, mit dem neue Beschränkungsmaßnahmen eingeführt werden, hat sich also beschleunigt. Insgesamt wurden in den letzten acht Monaten 123 neue handelsbeschränkende Maßnahmen eingeführt.
- Die G20-Staaten blieben eindeutig hinter ihren Zusagen zur Beseitigung bestehender Maßnahmen zurück. Von September 2011 bis 1. Mai 2012 hat sich zudem die Rücknahmerate verringert: Es wurden lediglich 13 Maßnahmen beseitig. Von Oktober 2010 bis September 2011 waren es noch 40. Seit Oktober 2008 wurden insgesamt nur 17 % (89) der Maßnahmen aufgehoben oder traten außer Kraft.
- Weltweit scheint sich der Handel gut zu erholen, auch wenn Mitte 2011 ein kurzfristiger Rückgang festzustellen war. Obwohl die wirtschaftliche Macht der Schwellenländer weiter zunimmt und sie eine immer gewichtigere Rolle in der Weltwirtschaft spielen, gehen die meisten handelsbeschränkenden Maßnahmen auf das Konto dieser Schwellenländer, wobei die Maßnahmen häufig in neue nationale Industrialisierungspläne eingebettet sind.
- Handelsbezogene Beschränkungen mit Auswirkungen auf ausländische Direktinvestitionen untergraben das Vertrauen der EU-Investoren in die Investitionstätigkeit im Ausland erheblich, weil sie die Unberechenbarkeit erhöhen; ein Beispiel dafür ist der Beschluss Argentiniens, 51% der YPF-Aktienanteile des spanischen Unternehmens Repsol zu enteignen.
- Russland sollte unter die Lupe genommen werden, denn dieses Land ergreift mit am häufigsten handelsbeschränkende Maßnahmen. Dieses Verhalten dürfte nicht mit seinen Verpflichtungen als künftiges WTO-Mitglied vereinbar sein.
- Die EU appelliert an die G20, ihre Zusagen wirksamer umzusetzen, indem sie die Transparenz erhöhen und alle Maßnahmen rascher und umfassender notifizieren; dadurch ließe sich der Protektionismus genauer beobachten. Die EU wird diese Frage beim nächsten G20-Gipfel am 18. und 19. Juni 2012 in Mexico ansprechen.
Lesestoff:
Neunter Bericht über handelsbeschränkende Maßnahmen: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2012/june/tradoc_149526.pdf
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