Europäischer Rat kommt nicht an

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EU-Rat: Zu wenig Klima, zu wenig Spitzenkandidat

Der Europäische Rat hat zusammen mit der Eurositzung Ende der vergangenen Woche nur bei den Beteiligten für positive Nachrichten gesorgt.

So hat sich nach Bundeskanzlerin Angela Merkel „eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten“ für die Klimaneutralität bis 2050 entschieden. Aber die notwendige Einstimmigkeit verfehlt. Auch bei den Spitzenkandidaten bei der Wahl des Europaparlamentes hat sich Merkel nicht durchsetzen können. Dieses Konzept ist vom Tisch. Jetzt suchen der Rat mit Parlament und Kommission eine neue Lösung. Dennoch sagte Merkel: „Ich über den Verlauf des heutigen Europäischen Rates nicht besonders enttäuscht“. Die Fortsetzung heißt „Prozess“.

Klima am Rand

Während Bundesumweltministerin Svenja Schulze den Blick auf die 24 Länder legt, die sich für die Treibhausneutralität bis 2050 ausgesprochen haben, und bis Anfang 2020 mit den drei noch ausstehenden Ländern Polen, Ungarn und Tschechien um ihre Zusagen zu ringen, resigniert der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier: „Völlig widersinnig ist, dass die Staats- und Regierungschefs sich gegen das Votum der Menschenauf dem Gipfel nicht auf verbindliche Klimaziele einigen konnte.“ Da auch noch der EU-Finanzrahmen nicht steht, sei außerdem unklar, wie Nachhaltigkeitsziele finanziert werden.

Der Bundesverband WindEnergie (BWE) zieht die positive Karte und verpflichtet Deutschland wegen seiner Zusage an die Umsetzung von Taten. „Die Dekarbonisierung wird kommen. Hinter diese Ankündigung darf die Bundesregierung jetzt nicht mehr zurückfallen“, kommentiert Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie. Albers setzt auf eine CO2-Bepreisung für eine „effektive Lenkungswirkung“ hin zu neuen Technologien. Dazu müsse die Bundesregierung auch die Ergebnisse der so genannten Kohlekommission umsetzen. Die Windenergie ist für den Verband einer der Schlüssel. Ahlers fordert zur Auflösung der Blockade bei der Windenergie an Land auf: „Es braucht belastbare Zeit- und Mengengerüste für den Ausbau bis 2030.“ Die Flächen für das Repowering der Anlagen müssten gesichert werden.

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, gibt ein vernichtendes Urteil über die Ratssitzung: Die Regierungs-Chefs sind „bei dieser ersten Bewährungsprobe für diese Schwerpunktsetzung“ gescheitert. Im September steht der nächste Klimagipfel an und die EU muss bis dahin einen formalen Beschluss fassen: „ Außerdem muss die EU einen Prozess ankündigen, ihr Ziel für 2030 im kommenden Jahr zu erhöhen. Sonst stehen die Kanzlerin und die anderen EU-Regierungschefs im September mit leeren Händen da.“

„Das ist ein fatales Zeichen für den Klimaschutz und die Sicherung unserer Lebensgrundlagen“, kommentiert Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) das Ergebnis. „Die Verhandlungen zeigen aber auch, dass nur einzelne Länder blockiert haben, während fast alle EU-Staaten die Treibhausgasneutralität bis 2050 weiterhin wollen. Im Sinne des Klimaschutzes und der erneuerbaren Wertschöpfung in Europa sollte diese deutliche Mehrheit auch ohne erfolgreichen Kompromiss entsprechend ihres Votums handeln“.

Abgelenkt

Franziska Brandtner und Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) wissen auch, warum der Europäische Rat gescheitert ist. Der Sprecher der Euro-Gruppe und die Haushaltssprecherin teilen mit: „Dass das Gerangel um die EU-Spitzenjobs die zentralen Fragen zur Stabilität und Zukunft der Euro-Zone überdeckt, ist eine schlechte Nachricht für alle Europäerinnen und Europäer, denn die Stabilisierung der Eurozone ist dringend notwendig. Entgegen des eigenen Zeitplans ist es den Staats- und RegierungschefInnen der Europäischen Union nicht gelungen, heute Ergebnisse für die Stabilisierung der Eurozone zu präsentieren. Das liegt auch an der Blockadehaltung und dem Zaudern der Bundesregierung. Es rächt sich, dass Angela Merkel so lange die Reform der Eurozone ausgesessen hat und das Eurozonenbudget nun vom Europäischen Rat auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben wurde. Dabei waren schon die bisherigen Planungen der FinanzministerInnen für den Eurozonenhaushalt völlig unzureichend und eigentlich ein schlechter Witz. Das Ziel, dass der Haushalt die Eurozone stabilisieren soll, ist damit de facto vom Tisch. Auch die geplante Höhe zeigt: das wird ein Haushalt ohne Geld. Bei der Frage nach Einnahmequellen für den Haushalt herrscht weiter Streit, wodurch ein späteres Aufstocken quasi unmöglich ist.  Auch bei der notwendigen Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus werden die wichtigen Änderungen weiter nach hinten vertagt.“

Roland Krieg

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