Exportboom auf brüchigem Geläuf

Handel

Exporthandel knackt Billionen-Grenze

Schon der Agrarexport läuft trotz Schuldenkrise und Eurodiskussion auf Hochtouren1). Auch der generelle Außenhandel überbietet sein bisheriges Bestergebnis aus dem Jahr 2008 und knackt zum ersten Mal in der Geschichte die Billionen-Marke. „Stürmische Zeiten an den Finanzmärkten gehen derzeit mit bemerkenswert stabilen Fahrwassern bei der Realwirtschaft einher“, verkündete Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) auf der Herbstpressekonferenz am Dienstag in Berlin.


Umschichtung und Drittstaatendynamik

Nominal steigen im Jahr 2011 die Ausfuhren um 12 Prozent auf 1,075 Milliarden Euro. Auch die Importe klettern um 14 Prozent auf 919 Milliarden Euro. Gegenüber zum Vorjahr stieg der Außenhandelsüberschuss um drei auf 156 Milliarden Euro.
Besonders dynamisch zeigen sich die Exporte in Drittstaaten, die um 14 Prozent zulegten. Die Ausfuhren nach China steigen um 25 Prozent, nach Russland sogar um 35 Prozent und auch Japan verzeichnet ein Plus in Höhe von 12 Prozent bei Waren „Made in Germany“.
Der innereuropäische Handel hat um 11 Prozent zugelegt und verzeichnet eine Umschichtung. Die Exporte nach Griechenland gingen um acht, die nach Portugal um vier Prozent zurück. Die Exportfirmen suchen sich andere Märkte in Nord- und Mitteleuropa. Die Ausfuhren nach Ungarn und Rumänien stiegen in diesem Jahr um 20 Prozent.
Nach Angaben des BGA zeichnet sich die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom Welthandel ab. Im Jahr 2011 hat der globale Handel um acht Prozent zugelegt und Deutschland seinen Anteil daran auf 9,5 Prozent ausbauen können.
Der Exportboom erfasst mittlerweile auch die Länder aus der „zweiten Reihe“, hinter den so genannten BRIC-Staaten Brasilien, Russland, China und Indien. Börner zählt mittlerweile Indonesien, Bangladesch, Saudi-Arabien und Kuwait sowie Peru und Ecuador in Südamerika dazu.
Börner hält die globalen Megatrends für stabil und rechnet für das kommende Jahr nochmal mit einer Steigerung. Die Ausfuhren würden um mindestens weitere sechs Prozent, die Einfuhren um sieben Prozent steigen. Der Optimismus resultiert auch aus der nahenden Aufnahme Russlands in die Welthandelsorganisation WTO.

China

China übertrifft derzeit die Exporterwartungen. Das Reich der Mitte galt lange als schwieriger Markt mit vielen Besonderheiten bei der Einfuhr und Produktauswahl. Doch die aktuellen Zahlen zeigen, dass der Export nach China in Schwung kommt. Der BGA verzeichnet ein Plus von 25 Prozent, die Agrarexportagentur GEFA vor kurzem sogar ein Plus von 81 Prozent.
Diesen Boom begründet BGA-Präsident Börner gegenüber Herd-und-Hof.de mit der Binnenkonjunktur des Landes, das nicht mehr nur in Küstennähe Konsumgüter braucht. Schon aus sozialen und gesellschaftlichen Gründen müsse das Land auch den Wanderarbeitern Konsumgüter anbieten und da zahlen sich jetzt die langjährigen Investitionen aus. Ein Ende dieses Trends sei nicht in Sicht.


Der Euro

Über der Erfolgsgeschichte hängt aber ein Damoklesschwert: „Wenn uns jedoch die Staatsfinanzen in den europäischen Ländern entgleiten sollten, wären sämtliche Erwartungen Makulatur“, erklärte Börner. Nur die Währungsunion bringe Deutschland Vorteile, weswegen er Griechenland und Portugal empfiehlt, die Eurozone zu verlassen2). Ein Scheitern des Euro hätte für Deutschland unabsehbare Folgen, weswegen nicht um jeden Preis alle Euroländer gehalten werden müssten. Börner sieht daher den engen Schulterschluss mit Frankreich als Voraussetzung für eine wirtschaftsstarke Eurozone, die durch Länder ohne eigene Wettbewerbskraft nicht gefährdet werden dürfe. Der europäische Gedanke reduziert sich auf die Wirtschaftskraft. „Das alte Europa ist nicht zukunftsfähig – und daher für Deutschland keine Option“, so Börner.

Lesestoff:

1) Agrarexporte brummen weiter

2) Sondermeldung: BGA empfiehlt Griechen die Eurozone zu verlassen

Roland Krieg; Grafik: BGA

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