Fair Trade wächst konventionell

Handel

Boom bei Fairtrade-Bananen

Im ersten Halbjahr 2013 hat der faire Handel einen Umsatz von 300 Millionen Euro erzielt. Mit 33.742 Tonnen Ware wurde mit 45 Prozent Wachstum das zweitstärkste Plus in der Geschichte eingefahren. Wertmäßig lag das Wachstum nur bei 20 Prozent, weil Bananen weniger kosten als Kaffee, dort aber der größte Zuwachs zu verzeichnen war, verkündete Dieter Overath, Geschäftsführer von TransFair, auf der ANUGA. „Es gibt keine FairTrade-freie Zone mehr in Deutschland“, so Overath. Zuletzt hat dm den Drogeriemarkt erschlossen. 40.000 Gescchöfte bieten mittlerweile fair gehandelte Produkte. Edekas Markendiscount Netto, Edeka Minden, Lidl, Kaufland und Globus sind in diese Warengruppe eingestiegen. Aldi Süd präsentierte in einer Aktion gleich 30 faire Produkte und hat Kaffee ordnungsgemäß gellistet. Dass sich der Absatz von Bananen gleich verdoppelt hat, erklärte Overath durch die Wettbewerbssituation. Beim Kaffee müssen die Kunden an einer langen Reihe konventioneller Produkte vorbei, bevor sie zum fairen Heißgetränk kommen. Mehr als drei verschiedene Bananensorten gibt es im Geschäft aber nicht. Daher fallen faire Bananen gleich auf – und werden gekauft.

Der Kunde entscheidet

Schauspieler Hannes Jaenicke appellierte dann auch gleich deftig an die Verbraucher, die mehr Eiinfluß auf die Marktgestaltung nehmen können. Die Kunden wüssten zu wenig, was sie mit nicht fair gehandelten Produkten „anrichten“ würden und bezeichnete die Firmen, die sich dem Trend Fairer Produkte entziehen, als „Mafia“. Jaenicke versteht nicht, warum Lindt und Ritter Sport keine fair gehandelte Schokolade verwenden. Der Kunde müsste solche Produkte im Regal liegen lassen und damit den Rechtfertigungsdruck auf die Firmen erhöhen.
Vor allem die deutschen Kunden seien noch zu zögerlich. In Großbritannien, Schweden, der Schweiz und Norwegen sind die Anteile von fairen Produkten ungleich höher – obwohl die Deutschen mit elf Prozent nur einen kleinen Anteil ihres Budgets für Lebensmittel ausgeben.

FairTrade beflügelt die Politik

Bei Bananen liegt der Anteil fair gehandelter Ware bei 5,5 Prozent. Silvia Campos arbeitet beim internationalen Dachverband Fairtrade International und ist für die gelbe Frucht verantwortlich. Sie will den Anteil innerhalb der nächsten fünf Jahre auf zehn Prozent verdoppeln. Vor allem für die Bauern bietet der Absatz von fairen Bananen eine Chance für ein Einkommen. Biobananen sind deutlich schwerer zu produzieren. In den vergangenen Jahrzehnten wurde beispielsweise viel Boden durch Pflanzenschutzmittel verseucht. Eine sehr lange Umstellungsphase auf Bio sei kaum möglich. Daher bietet der faire Handel einen Einstiegspunkt in einen ökonomischen Mehrwert.
Das haben vor Ort auch die lokalen Regierungen bemerkt, sagte sie zu Herd-und-Hof.de. Vor fünf Jahren zeigte sich noch kein großes Interesse an dem Trend. Mittlerweile gelten die neuen Kooperativen als soziale Zugpferde der Region. Sie leisten mit Mindestlohn und Mutterschaftsurlaub Vorarbeit für andere Betriebe. Deshalb fördern vor allem Peru und Ecuador den fairen Handel. Am Ende helfen sich die Bauern selbst, führen Beratungen durch, schicken ihre Kinder in die Schule und dringen in die Regionen vor, die von der Regierung vernachlässigt werden. Aber, so Campos, das ist jedes Mal ein langer Weg.
In Kenia fing es mit Blumen an, ergänzte Dieter Overath. Das Kenya Flower Council hat die Standards gesetzt, die vorher als unmöglich galten.

Marktmacht Deutschland

Der ökologische Anbau steht den Discountern skeptisch gegenüber. Sie fürchten Preisdruck und Marktmacht. Bei Transfair scheint das noch nicht der Fall zu sein. Offenbar haben die Discounter diesen Markt als Differenzierungspotenzial erschlossen, sagte Overath zu Herd-und-Hof.de. Der Discount erleichtert auch die Marktdurchdringung. Der Anteil von Bioprodukten ist absolut gestiegen, anteilsmäßig aber von 70 auf 50 Prozent gefallen. Das sei ein Erfolg, weil damit die konventionelle Ware über faire Wettbewerbsbedingungen mehr Kunden findet. Dem Bauern in Malawi ist es egal, ob sein Produkt im Discount oder im Supermarkt verkauft werde, erklärte Overath. Er kann sicher sein, dass seine Ware zu höheren Preisen in Deutschland verkauft wird und er mit seinem Einkommen mehr Entwicklungsmöglichkeiten hat.

Faire Textilien

Dieter Overath hofft auf eine baldige Regierungsbildung in Deutschland. Beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit hat er einen Antrag für den Textilbereich gestellt. Baumwollbauern und Näherinnen in Afrika bräuchten dringend Mindestlohn und Arbeitsrechte. Dazu müssen Standards festgelegt und kontrolliert werden. Diese Entwicklung kostet Geld und braucht Hilfe. Das wäre gleich ein erster Auftrag für die neue Regierung.

Lesestoff:

www.fairtrade-deutschland.de

Roland Krieg; Fotos: roRo

Zurück