Fruchtbranche fordert Fachverkäufer für O+G
Handel
O+G – Branche geht in die Werbeoffensive
Die Fruchtbranche steht vor einem Scheideweg. Nicht
nur, weil im letzten Jahr wegen EHEC 14 Tage lang kaum Gurken, Tomaten und
Salat gekauft wurden, sondern langfristig, weil Obst und Gemüse (O+G) immer
noch im Lebensmitteleinzelhandel „verramscht werden“. Die Branche befindet sich
in einer Preisfalle. Die Konsumenten erwarten inzwischen eine immer bessere
Qualität, jedoch zu einem niedrigen Preis, erklärte Dieter Krauß, Präsident des
Deutschen Fruchthandelsverbandes zu Beginn der Fruit Logistica in Berlin.
Langfristig zeichneten sich zudem strukturelle
Veränderungen des weltweiten Handels mit Obst und Gemüse ab. Mit den neuen
Mittelschichten in den Schwellenländern und in Osteuropa bilden sich neue
Absatzmärkte, die den Warenfluss nach Europa umlenken werden. Auch lasse sich
das Angebot wegen knapper Ressourcen nicht unendlich steigern. Krauß sieht
einen Rückgang an pflanzlichen Lebensmitteln voraus. Vor allem Obst und Gemüse
würden darunter leiden.
Rätsel Verbraucher
Die Branche trifft auf Verbraucher, die in Deutschland
nur etwa die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und Gemüse in Höhe von 600
Gramm am Tag verzehren. Der Selbstversorgungsgrad liegt bei Gemüse bei 40 und
bei Obst bei 20 Prozent.
Wegen der niedrigen Preise haben schon Betriebe die
Produktion eingestellt, weil der Markt kaum noch lukrativ sei.
Daher hat sich die Branche um die Ursachen für den
geringen Absatz angeschaut. Mit Hilfe einer tiefenpsychologischen
Verbraucheranalyse fassen Konsumenten ihr Dilemma wie folgt zusammen. „Ich weiß
selber nicht, warum ich nicht mehr Obst und Gemüse esse, ist doch eigentlich
nur positiv!“. Die Branche folgert:: Der Verzehr könne nicht über „den
erhobenen Zeigefinger“ erhöht werden.
Fachkraft und Werbekampagne
Zum einen fordert der Fruchthandel eine
Qualifizierungsmaßnahme des Verkaufspersonals. Zusammen mit der Industrie- und
Handelskammer wurden Richtlinien aufgestellt und in Kürze starte der erste
Pilotlehrgang. Nach Krauß müsse die Obst- und Gemüseabteilung eine ähnliche
Verkaufsprofessionalität erreichen wie Fleisch, Fisch und Käse. „Das Auslegen
von Rezepten reiche nicht“, so Krauß.
Neidisch schaut die Branche auf das Mineralwasser. Das
werde emotional und trendy beworben, Kunden zahlen sehr viel Geld für „ihr
Mineralwasser“. Deshalb soll eine neue Werbekampagne für Obst und Gemüse den
Verbrauch steigern.
Weil auch die Nachbarländer vor ähnlichen Problemen
stehen, hat sich die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und
Gemüse (BVEO) mit dem Deutschen Fruchthandelsverband, dem Obst- &
Gemüsebüro Holland und dem Flanderns Agrar-Marketing-Büro (VLM) aus Belgien
zusammengetan. In den nächsten drei Jahren stehen insgesamt 0,5 Millionen Euro
jährlich zur Verfügung, die zur Hälfte von der EU mitgetragen werden, um Obst
und Gemüse mit den Themen „Genuss“ und „Snack“ beim Verbraucher anzubringen.
Die Kunden sollen direkt in verschiedenen Geschäften angesprochen werden.
Die Kampagne steht unter dem Dach der „5 am Tag“ –
Aktion, die schon seit längerem den Verzehr von Obst und Gemüse steigern will.
Roland Krieg; Foto: Messe GmbH