Fruit Logistica: Konsum rückläufig

Handel

Früchte- und Gemüsemesse in Berlin

Mit einem Plus an Ausstellern von 13 Prozent startet heute die Fachmesse Fruit Logistica in Berlin. Auf 81.000 Quadratmetern präsentieren sich auf der Fachhandelsmesse 2.110 Aussteller und Marokko gibt sich als Partnerland die besondere Ehre. Das Land im Maghreb stellt Afrikas größten Obst- und Gemüseproduzenten. Parallel zur Fruit Logistica startet die Messe Berlin mit der „Freshconex“ eine neue Fachmesse für den Wachstumsmarkt der Fresh-Cut Convenience Produkte.

Branche sieht Nachfragepotenzial
Ganz so rosig wie die Zahlen zum diesjährigen Messebetrieb sind die Verbrauchertrends nicht. Die Preissteigerungen des letzten Jahres hatten auch Obst und Gemüse erreicht. Mit zwei bzw. 2,9 Prozent sind Fruit Logistica 2008aber Obst und Gemüse nicht so teuer geworden wie der Frischemarkt, betonte Jürgen Boruszewski, Präsident des Deutschen Fruchthandelsverbandes. Die unterdurchschnittliche Preissteigerung sei vielmehr ein Hinweis auf den starken Wettbewerbsdruck der Branche, sagte er in Berlin. Verbraucher zeigen aber generell eine Zurückhaltung beim Konsum. 2004 gelangten noch 67 kg Frischgemüse in jeden Haushalt, 2007 waren es nur noch 63,4 kg. Im gleichen Zeitraum ging der Konsum von Obst von 94 auf 86 kg je Haushalt zurück, obwohl doch Obst und Gemüse ernährungsphysiologisch besonders wertvoll sind.
Zudem bewahrt der Import von Obst und Gemüse die Verbraucher vor leeren Regalen. Mehr als 80 Prozent der bunten Frische stammt nicht aus Deutschland, klagt der Verband. Hier sieht Boruszewski ein großes Potenzial für Erzeuger.

Klimabilanz Obst und Gemüse
In der Klimabilanz kommen Obst und Gemüse gegenüber Fleisch und Milch viel besser weg. Wegen des hohen Importanteils und vor allem der weiten Wege exotischer Früchte geraten die Produkte jedoch in die Kritik. Die Branche will Verbraucher über die Verhältnisse stärker aufklären: . So liegt der Anteil von Obst und Gemüse an der Luftfracht nur bei 0,4 Prozent. Insgesamt kamen über den Luftweg nur 21.000 Tonnen nach Deutschland. Das meiste wird verschifft, was eine deutlich bessere Klimabilanz aufweist. Für ein Kilogramm Äpfel, das aus Argentinien über den Atlantik kommt, entstehen nach Verbandsangaben lediglich 160 g Kohlendioxid. Das entspricht der Emissionsmenge eines Neuwagens – je Kilometer. Verbraucher sind sich meist auch wenig bewusst, dass heimisches Obst und Gemüse unter hohem Energieaufwand gelagert wird.
Der Fruchthandelsverband will noch in den nächsten Monaten einen wissenschaftlichen Beirat berufen, um den Energieverbrauch in der Branche zu ermitteln und Einsparpotenziale aufzeigen. Bis 2020 will die Branche ihre CO2-Emissionen um 40 Prozent senken, verspricht Boruszewski.

Zahlenschnipsel
2006 wurden weltweit 800 Millionen Tonnen Gemüse und 650 Millionen Tonnen Obst geerntet. Nur bei der Obstproduktion hat sich nach Angaben der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle ZMP das Partnerland MarokkoWachstum seit 2005 durch Hurrikan- und Frostschäden verlangsamt. Das dürfte im vergangenen Jahr nicht anders gewesen sein, schätzt Dr. Hans-Christoph Behr von der ZMP.
International gehandelt wird von den großen Erntemengen erfahrungsgemäß nur wenig. Bei Obst liegt die Handlesquote bei zehn, bei Gemüse zwischen drei und vier Prozent.
In Europa haben die 27 Mitgliedsstaaten im vergangenen Jahr mit 34 Millionen Tonnen Obst die seit langem kleinste Erntemenge eingefahren. Vor allem Spätfröste im Mittelmeer haben auf dem Sektor Zitrusfrüchte Einbußen gebracht. Das Minus von etwa zwei Prozent bei Gemüse führt die ZMP überwiegend auf die Überschwemmungen in England und den sehr heißen Sommer in Südosteuropa zurück.
Deutschland hingegen hat mit 1,4 Mio. Tonnen Obst die höchste Ernte der letzten fünf Jahren eingefahren und konnte mit 3,4 Mio. t Gemüse sogar das bisherige Rekordjahr von 2004 in den Schatten stellen.
Für die Branche in Deutschland sieht das Ergebnis gut aus. Rund 2.400 Unternehmen erwirtschafteten 2006 rund 18 Milliarden Euro Umsatz und dürften im letzten Jahr leicht zugelegt haben.

Bio boomt
Knapp ein drittel aller Verbraucherausgaben entfällt auf Obst, Gemüse und Kartoffeln. Damit gehören sie neben Wurst und Fleisch zu den wichtigsten Produkten des Frischwarenbereiches, stellt die GfK zur Fruit Logistica fest.
Äpfel und Tomaten behaupten mit 24 und 20 Prozent Anteil ihre Spitzenplätze auf der Beliebtheitsskala der Verbraucher. Es folgen Clementinen, Weintrauben, Birnen und Erdbeeren.
Beim Gemüse bleibt die Tomate unangefochten mit 17 Prozent Mengenanteil auf dem ersten Platz. Danach folgen Möhren, Salatgurken und Zwiebeln.
Zwischen 52 und 54 Prozent des Obst und Gemüses wird in Discountern abgesetzt. Damit liegen die Zahlen sogar über dem Gesamtanteil der Discounter am Lebensmitteleinzelhandel. Mengenmäßig haben Aldi und Lidl zugelegt.
Bio boomt auch im Obst- und Gemüsebereich. Hier liegt der Anteil am Gesamtmarkt mit sieben Prozent mehr als doppelt so hoch als über das gesamte Warensegment betrachtet. Auch hier punkten die Discounter. 42 Prozent des Biogemüse und -obst gelangen über den Discount an die Verbraucher.

Fresh-Cut und Smoothies
Fresh-Cut-Salate haben bis zu 40 Prozent Zuwachsraten. Fast jeder dritte Haushalt kauft die Convenience-Produkte mindestens einmal im Jahr. Auch hier sorgen Discounter für den starken Anstieg. Hingegen steckt Convenience-Obst in Deutschland noch in den Kinderschuhen, stellt die GfK fest. Bislang gibt es entsprechende Angebote nur bei den Vollsortimentern. Wenn die Discounter in den Markt einsteigen, dann erwartet die GfK auch hier eine rasante Nachfrageentwicklung. Bei entsprechender Pflege und Warenpräsentation bieten Obst und Gemüse dem Handel eine hohe Profilierungschance.

Roland Krieg; Fotos: Messe Berlin

Zurück