Futterwirtschaft mit 2013 zufrieden

Handel

Futter- und Agrarwirtschaft zwischen Hoffen und Bangen für 2014

„Gegessen wird immer!“ Das gilt auch für die Futterwirtschaft, die einer der größten Vorleistungsposten der Veredlung in der Landwirtschaft ist. Die heimische Futtermittelwirtschaft hat im letzten Jahr 23,5 Millionen Tonnen Mischfutter erzeugt und nach Schätzung des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT) insgesamt 8,2 Milliarden Euro umgesetzt. 7,2 Milliarden entfielen auf Mischfutter. Die Branche konnte das gute Ergebnis aus dem Jahr 2012 halten und sieht nur wenig Anlass für einen Einbruch im laufenden Jahr. Eigentlich. DVT-Präsident Helmut Wulf blickte zusammen mit Konrad Weiterer, Präsident des Bundesverbandes der Agrargewerblichen Wirtschaft (BVA), am Mittwoch in die Glaskugel 2014.

Der Blick auf 2013

Schweinemischfutter war 2013 das wichtigste Herstellungssegment. Auch wenn die Absatzzahlen leicht rückläufig waren, weil der Schweinebestand stagniert. Den stärksten Zuwachs verzeichnet Rinderfutter. Hier sorgen gute Milchpreise und der Blick auf eine weitere Hausse am Milchmarkt mit mehr Milchkühen und hohem Futterbedarf [1]. Beim Geflügelfutter zeichnete sich 2013 ein unterschiedlicher Trend ab: Bei den Legehennen wurde das Wachstum im Mischfuttermarkt gebremst, während beim Mastgeflügel gemäß steigendem Konsum bei den Verbrauchern noch Wachstum zu verzeichnen ist.

Die Bauern dürfen sich freuen. Die gute Getreideernte 2013 hat die Mischfutterpreise gegen Jahresende um zehn bis 15 Prozent gesenkt. Nur die Entspannung auf den Proteinmärkten lasse noch auf sich warten.

Auch der BVA ist zufrieden. Zu Beginn des Jahres 2014 hat Deutschland so viel Weizen wie noch nie exportiert und sogar das traditionelle Weizenexportland Frankreich vom ersten Platz verdrängt. Im Februar wurden auch schon wieder Exportlizenzen für 800.000 Tonnen Weizen vergeben. Im ersten Quartal hat die EU bereits 21 Millionen Weizen exportiert. „Die aktuelle Entwicklung zeigt die große Bedeutung der Europäischen Union für die Welternährung“, kommentierte Konrad Weiterer. Die hohen Weizen- und Gerstenpreise im letzten Jahr haben zu einem Ersatz von Mais im Mischfutter geführt. Deutscher Mais hingegen wurde knapp, so dass die Mischfutterwerke Ware aus anderen EU-Ländern, der Ukraine und Russland hinzukaufen musste.

Ausblick 2014

Die Fundamentaldaten stehen. Auch für 2014 könnten beide Verbände optimistisch in die Zukunft blicken. Der DVT erwartet stabilen Absatz an Mischfutter mit sortenspezifischen Unterschieden. Die Rohstoffverfügbarkeit bleibt weiter Dreh- und Angelpunkt des Marktes. Der milde Winter hat derzeit noch keine sichtbaren Schäden beim Wintergetreide hervorgebracht und die Sojaernte in Südamerika gilt als gut. Das könnte das erhoffte Preissignal für den Proteinmarkt sein.

Die hohe Getreidenachfrage in der Welt macht sich bei den deutschen Bauern bemerkbar. Die um 40 Euro gefallenen Getreidepreise aus dem Sommer 2013 haben sich erholt. Die Kontrakte für den November 2014 zeichnen schon bei 200 Euro je Tonne und Weiterer ruft die Landwirte auf, 20 bis 25 Prozent ihrer Ernte an der Warenterminbörse abzusichern. Die Landwirte aber sind zögerlich. Derzeit liegt das Kontraktvolumen sogar unter dem von 2013 [2].

Futtermittel mit Sicherheit

Futtermittel geraten immer mal wieder in die Schlagzeilen. Dr. Hermann-Josef Baaken, Sprecher der DVT-Geschäftsführung nutzte die Gelegenheit und legte die Sicherungs- und Qualitätsmaßstäbe in der Futterwirtschaft dar. Alleine im Rahmen des QS-Monitoring nimmt die Futtermittelbranche jährlich rund 20.000 Proben und hält etwa 425.000 Analyseergebnisse vor. Im Vorjahr 2012 wurden mit 371.118 Analysen weniger Futtermittel untersucht, aber noch immer dreimal mehr als bei amtlichen Untersuchungen.

An Beispiel eines Mischfutterwerkes mit einem Ausstoß von jährlich 200.000 Tonnen zeigte Dr. Baaken, dass dieser Betrieb 700 Proben im Jahr zieht:

Beispielrechnung des DVT für ein Mischfutterwerk mit einer Produktion von 200.000 Tonnen im Jahr. DON und ZEA sind Mycotoxine. Grafik: DVT

Seit 2013 gibt es ein Aflatoxin-ad-hoc-Monitoring für alle in Deutschland eingehenden Mais- und Maisverarbeitungsprodukte. Insgesamt wurden 5.030 Proben auf Aflatoxin B1 gezogen.

In der Lebensmittelbranche heißt es: Kenne deinen Lieferanten! Anonyme Beziehungen sind ein Hort ungeklärter Herkünfte. Das gilt auch für die Futtermittelwirtschaft. Die Mitgliedsfirmen des DVT haben schon vor zehn eine Lieferantenauditierung eingeführt. Die Lieferanten bekommen Besuch von den Futtermittelherstellern. Die 313 organisierten Futtermittelhersteller repräsentieren rund zwei Drittel des deutschen Futtermittelmarktes.

Sorgen 2014

Es gibt aber auch einige Sorgen. „Die unübersichtliche Lage in der Ukraine kann zu erheblichen Turbulenzen auf den Märkten für Getreide und Ölsaaten führen“, erklärte Weiterer. Zwei Drittel der Mais- und Weizenimporte und gut die Hälfte der Rapseinfuhren in die EU stammen aus der Ukraine. Die Ukraine hat den Maisanbau in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Ausfuhreduzierungen und ausfallende Aussaat werden Auswirkungen auf die Weltmärkte haben. „Die Lage ist sehr kompliziert geworden“, sagte Weiterer. Die Börse habe bereits mit einem Plus reagiert und geschlossene Kontrakte werden möglicherweise nicht mehr geschlossen werden können. Normalerweise wären derzeit Frachter im Schwarzen Meer in Richtung Ukraine unterwegs. Nach Weiterer ist das derzeit aber nicht der Fall. Russland ist ein großer Exporteur von Weizen. Wenn weniger exportiert wird, „bekommen wir ein Problem“, ergänzte Wulf. Vielleicht nicht die Weizenerzeuger selbst, sondern mehr die Länder, die auf russisches Getreide angewiesen sind. Die amerikanischen Getreidebauern rechnen bereits mit neuen Absatzmärkten, die von der Ukraine nicht mehr beliefert werden können. Vor allem sollten sie ihre Ware sorgsam aussuchen, wenn sie in die EU verkaufen [3].

Auch die näher heranrückende Afrikanische Schweinepest macht Sorgen [4]. Die ersten Handelsbeschränkungen in Richtung Russland lassen aufhorchen. Wenn das Seuchengeschehen westwärts zieht, dann ist mit dem Schweinemarkt auch das stärkste Segment der Futtermittelindustrie betroffen. Das Ausmaß der Schäden sei nicht vorhersehbar. Dr. Baaken vertraut auf den Krisenstab im Bundeslandwirtschaftsministerium.

Jüngst sorgte die Geflügelwirtschaft für Aufsehen, weil sie nicht mehr genug Futter ohne grüne Gentechnik beziehen könne. Vor allem die Nulltoleranz bei nicht zugelassenen Mais- und Sojasorten kontaminiert bestehende Lieferwege. Das Futter muss verworfen werden. Der Anbau ist nach Wulf auch nicht das Problem. Es gebe schon GVO-freie Angebote. Auch in Brasilien. Dort aber verarbeiten Futterwerke rund 5.000 Tonnen am Tag. Die Ware wird per Lkw mehr als 2.500 Kilometer bis zum Überseehafen transportiert, wo sie noch einmal in Silos eingelagert wird. Auf diesem Wege finde eine schleichende Kontamination mit ungewollten und nicht zugelassenen Körner statt. Zudem sorgt der Ausblick auf einen EU-Flickenteppich bei nationalen Anbauverboten für weiteres Chaos, erläuterte Dr. Baaken gegenüber Herd-und-Hof.de [5]. Zum einen können sich die Hersteller nur auf ihre Lieferanten verlassen, zum anderen sollte die EU neue GVO-Sorten schneller zulassen, um die Nulltoleranz zu umgehen. GVO-freies Futter sei verfügbar, aber nur für Nischenmärkte. Für ganze Produktlinien reiche es nicht. Weltweit werden gentechnisch veränderte Sorten mittlerweile auf mehr als 175 Millionen Hektar angebaut, was zwangsweise zu einer schleichenden Kontamination führt. Auch Wulf glaubt nicht an eine rein heimische Eiweißstrategie. Selbst das Donau-Soja reiche nur für den regionalen Markt [6]. Körnerleguminosen bleiben derzeit für den Ackerbauern uninteressant. Nicht nur wegen der Ertragsschwankungen, auch wegen des Preises. Der für Soja müsste sich verdoppeln, bevor Ackerbohnen und Futtererbsen rentabel werden.

Ein weiteres Ärgernis ist der Preiskampf bei den Discountern. Mit 99 Cent für zehn Eier fing es nach Wulf an. In den letzten Wochen ist das Fleisch in die preisliche Abwärtsspirale gelangt. Der Handel konterkariere seine eigenen Versprechen von Qualität und Tierwohl. Am Ende fehle den Bauern die Luft zum Atmen, sagte Wulf. Derzeit muss ein Landwirt 160 Euro in ein Mastschwein investieren, das er für 145 Euro an den Schlachter verkaufen muss. Pro Mastschwein machen die Bauern derzeit 15 Euro Verlust. „Das ist ein ganz, ganz schlechtes Zeichen, was die Discounter da machen. Am Ende trifft es die Landwirte“, klagte Wulf.

Lesestoff:

[1] Hausse am Milchmarkt

[2] Landwirte könnten WTB mehr nutzen

[3] Wirtschaftliche Auswirkungen der Krim-Krise

[4] Geld gegen die Afrikanische Schweinepest

[5] EU-Umweltminister mehrheitlich für eine Opt-out-Regel

[6] Donau-Soja geht in die nächste Runde

Roland Krieg

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