G-Länder sehen EU-Beihilferegelungen kritisch
Handel
„EU-Beihilferegelungen bedrohen die Energiewende“
Die sieben Energieminister aus Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein kritisieren die von EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia angekündigten neuen Regelungen für Beihilfen in den Bereichen Umwelt und Energie. Almunia hat die Überarbeitung in Angriff genommen, als er die EEG-Umlagebefreiung in Deutschland unter die Lupe nahm. Für den 09. April ist die Beschlussfassung der Kommission vorgesehen.
„Mit den neuen Beihilfeleitlinien würde die Kommission die Weichen im Energiesektor grundlegend falsch stellen und die Politik damit für Jahrzehnte falsch ausrichten“, sagen die grünen Minister. 2 „Der Almunia-Entwurf unterwirft die energie- und klimapolitische Gestaltungsfreiheit der Mitgliedsstaaten der Wettbewerbspolitik. Damit riskiert die Kommission das Erreichen ihrer eigenen energie- und klimapolitischen Ziele und gefährdet die erforderliche Investitionssicherheit für Energieversorger und stromintensive Unternehmen“
Die Kritik richtet sich auf die folgenden Punkte:
- Mit den vorgeschlagenen Beihilfeleitlinien überschreitet die Kommission ihre rechtlichen Kompetenzen.
- Trotz der enormen Auswirkungen der neuen Beihilfeleitlinien auf die Energiepolitik in der Europäischen Union wurde eine Folgenabschätzung im Hinblick auf deren wirtschaftliche und energiepolitische Auswirkungen bisher nicht vorgenommen. Diese ist nachzuholen. Die Eile, mit der die neuen Beihilfeleitlinien in Kraft gesetzt werden sollen, gibt dem bisher keinen Raum.
- Die 2009 beschlossene Erneuerbare-Energien-RL 2009/28/EG verpflichtet die Mitgliedsstaaten, mit geeigneten Maßnahmen den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu fördern. Die neuen Beihilfeleitlinien stehen im Widerspruch zu dieser Richtlinie und stellen in wesentlichen Punkten die den Mitgliedsstaaten dort zugestandenen Gestaltungsmöglichkeiten in Frage. Mittels einer Verwaltungsvorschrift wird somit geltendes EU-Recht, das auf Beschlüsse von Rat und Parlament zurückgeht, konterkariert. Eine Einschränkung der geltenden Erneuerbare-Energien-Richtlinie über eine Verwaltungsvorschrift halten wir für unzulässig und wird entschieden abgelehnt.
- Die neuen Beihilfeleitlinien gestatten es den
Mitgliedsstaaten nicht, sich zwischen den verschiedenen Förderinstrumenten
Ausschreibung, Marktprämien, Einspeisetarifen und Zertifikaten unter dem
Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zu entscheiden oder einen für die jeweilige
nationale Situation sachgerechten und kostengünstigen Mix dieser Instrumente
anzuwenden.
Die für den Erfolg des deutschen EEG elementar wichtigen Einspeisetarife werden
nur noch für Kleinanlagen bis 500 kW (3 MW bei Wind) zugelassen und damit an den
Rand gedrängt. Stattdessen werden technologieneutrale Versteigerungen für die
Fördermittelzuteilung ab 1.1.2017 zum Regelfall erklärt, ein Verfahren, das den
Beweis seiner Praxistauglichkeit bisher schuldig geblieben ist.
Zur Wahrung eines fairen Wettbewerbs muss die Kommission den Mitgliedsstaaten
offen lassen, welche Instrumente sie nutzen wollen, um den Ausbau der
Erneuerbare Energien in ihrem Land weiter voranzubringen. Das effektivste und
flexibelste Instrument der Erneuerbare-Energien-Förderung – der Einspeisetarif
– darf nicht aus dem Mainstream der Förderkulisse in die Nische der
Kleinanlagen verdrängt werden.
- Mit den neuen Leitlinien werden vor allem
Weichenstellungen zugunsten großer Anbieter getroffen, die es einfacher haben,
sich an europaweiten Ausschreibungen zu beteiligen und die mittels
vorübergehender Dumpingpreise kleine Produzenten aus dem Markt drängen können.
Die Folge wäre weniger statt mehr Wettbewerb und höhere Strompreise statt
Preisdämpfung.
Für die Förderung von dezentralen Energiesystemen und smart grids, für die
Stärkung von genossenschaftlich organisierten Bürgerenergieanlagen und
energieautarken Kommunen lassen die Leitlinien zu wenig Raum. Der Weg,
Bürgerinnen und Bürger, mittelständische Betriebe und Kommunen bei der Energiewende
mitzunehmen und zu beteiligen, darf nicht versperrt werden. Die Leitlinien
müssen genug Raum lassen für die Förderung der Akteursvielfalt in der
europäischen Energiewende.
- Auch wenn die Beihilfeleitlinien dazu nicht explizit Stellung nehmen, gibt es eindeutige Aussagen der Kommission, den Einspeisevorrang für Strom aus erneuerbaren Quellen ins Netz abzuschaffen. Wenn der in Deutschland und international bewährte Einspeisevorrang aufgegeben wird, wäre dem Mechanismus des deutschen EEG eine seiner wesentlichen Grundlagen entzogen. Dies wäre energiepolitisch fatal. Der Einspeisevorrang für Strom aus EE muss auch im Sinne der langfristigen energiepolitischen Ziele der EU-Kommission als ein Instrument zur Förderung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien unbedingt erhalten bleiben.
roRo