Gabriel erlaubt EDEKAiser´s
Handel
+++ 12.01.16 +++ 14:31 +++
Gabriel erlaubt Zusammenschluss Edeka und TengelmannIn ein paar Wochen wird die Fusion von Edeka und Tengelmann Realität. Dann verschwindet Kaiser´s von der Landkarte des Lebensmitteleinzelhandels. Nur kurz nachdem das Bundeskartellamt die Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel kritisiert hat, kündigte Karl-Erivan Haub eine neue Fusion an. Obwohl Kaiser´s pro Ladenfläche die höchsten Umsätze schreibt, lohne das Geschäft insgesamt nicht mehr.
Edeka solle der Wunschpartner werden und brachte gleich alle gefühlten Wettbewerbshüter auf den Plan. Sie kritisierten die fortschreitende Oligopolisierung auf Kosten der Erzeugerstrukturen, die weitgehend atomistisch dem LEH gegenüberstehen. Der Konzentration der Marktmacht in nur noch fünf Lebensmittelketten gilt seit zwei Jahren Dauerpreiskrise auf den Agrarmärkten als eine Mitschuld an niedrigsten Erzeugerpreisen. Die echten Kartellwächter aus Bonn nahmen sich für eine Bewertung mehr Zeit und fanden zwar eine differenziertere Betrachtung, aber keine andere Bewertung: Weil Kaiser´s in Ballungsräumen trotz nur regionalem Auftreten ein starker Mitbewerber ist, würde eine Fusion die Marktmacht unzulässig konzentrieren. Die Akteure beantragten eine Ministererlaubnis, die anders ausfallen könnte. Wenig später hat auch die Monopolkommission ähnlich reagiert und Sigmar Gabriel ausdrücklich gewarnt: „Die Ministererlaubnis sollte auch nicht mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden.“ Gemeinwohlgründe überwiegen die Wettbewerbsnachteile. Zwischenzeitlich buhlte auch Rewe um Kaiser´s-Filialen.
Doch heute Gabriel zunächst über Agenturmeldungen den positiven Bescheid verlauten lassen und im Verlauf des Nachmittags die Auflagen mitgeteilt, unter denen der Bundeswirtschaftsminister die Fusion schließlich erlaubt. Dabei zeigte die im November veranstaltete öffentliche Anhörung zur Fusion alles andere als ein klares Bild. Vordergründig gehe es um 16.000 Arbeitsplätze, die allerdings auch Rewe zu erhalten versprochen hat. Die Bundesländer sprachen sich tendenziell für eine Erlaubnis aus. Bayern und Hamburg sagten „Ja“, Berlin und Nordrhein-Westfalen forderten zusätzliche Auflagen zu einem positiven Bescheid. Niedersachsen hingegen sträubte sich heftig. Vor allem im Fleischbereich hätte die Fleischindustrie kaum noch eine wirkliche Alternative, was diesen Sektor unter Dauerdruck setze. Selbst eine aktuelle Stunde im Bundestag brachte kein einheitliches Bild außerhalb der Parteilinien.
So auf sich allein gestellt hat Gabriel jetzt pünktlich zur Internationalen Grünen Woche aus einer vollkommen unvermuteten Ecke der Agrarpolitik Grund für heftiges Jammern gegeben. Was am Ende mit den 16.000 Arbeitsplätzen geschieht, wird sich erst zeigen, wenn Gras über die Fusion gewachsen ist. Den Bauern hat der Bundeswirtschaftsminister jedenfalls die Grenzen ihrer Politik aufgezeigt. Dem BMWi geht es um die Arbeitsplätze, andere Begründungen hat er nicht aufgeführt.
Die Bedingungen
Das BMWi erlaubte einen Arbeitsplatzabbau, sofern sie durch Umbaumaßnahmen im Unternehmen entstehen und nicht mehr als fünf Prozent sind. Damit erhöht das Ministerium die Arbeitsplatzzusage von Edeka um zwei Prozentpunkte. Des Weiteren müsse der Erhalt der Arbeitsplätze durch eine Gewerkschaft sicher gestellt sein. Dazu müsse Edeka einen Tarifvertrag mit ver.di abschließen. Für die Fleischwerke für die Eigenmarke Birkenhof muss der Ansprechpartner die NGG sein. Die Fusion darf erst abgeschlossen werden, wenn die BMWi-Bedingungen erfüllt sind.
Jetzt ist die Edeka am Zug.
Lesestoff:
Die Anforderungen des BMWi finden Sie hier als PDF
Tengelmann will an Edeka übergeben
Kartellamt untersagt Kaiser´s-Übernahme
Monopolkommission lehnt Übernahme ab
Roland Krieg; Fotos: Entwicklung der Schutzmarke Kaiser´s Kanne und Firmengründer mit Berliner Kaiserßs-Geschäft im Jahr 1906 aus (Kaiser´s Kundenmagazin)