Gabriels Energie-Freitag

Handel

Bund und Länder tauschen sich zum Thema Energie aus

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel trifft sich heute mit den Energieministern der Bundesländer. Bund und Länder wollen sich über den Energiemarkt, die Kraft-Wärme-Kopplung, über Netzausbau und Klimaschutz austauschen. Das Programm beginnt schon morgens, weil Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im Bundesrat zum Thema steuerlich geförderte Gebäudesanierung reden will und wenig später Klimaschutzminister Johannes Remmel aus Nordrhein-Westfalen über die Kraft-Wärme-Kopplung. Gleich mehrere Redner haben sich zum Thema „Aktionsprogramm Klimaschutz“ der Bundesregierung angesagt. Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Bündnis 90/Die Grünen) fordert Nachbesserungen beim Aktionsplan. Neben der Reform des Emissionshandels müsse eine Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz umgesetzt werden. Auch die Rahmenbedingungen für Wärmenetze sollten verbessert werden. Beim Ausbau der Photovoltaik wünscht sich Siegesmund mehr Engagement vom Bund. Sie zeigte sich am Donnerstag optimistisch, dass sich die Bundesratsmehrheit für einen wirksameren Klimaschutz aussprechen werde.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch mit dem Thema Netzausbau vorgelegt [1] und die Abgeordneten redeten sich am Donnerstag bereits im Bundestag auf Betriebstemperatur. Die KWK-Novelle gefällt nicht allen.

Gebäudesanierung

Aigner bringt einen Vorstoß des Freistaates für eine bayerische Variante der steuerlich geförderten energetischen Gebäudesanierung ein. Inklusive Handwerkerbonus, den die Sozialdemokraten als Verrechnung lieber streichen möchten [2]. Aigners Wunsch ist ein Fokus auf Eigenheimbesitzer, die bislang eine energetische Modernisierung nicht steuerlich geltend machen können. Das Ergebnis steht auf der Kippe. Bislang hat nur der Bundesratsausschuss für Umwelt dem Antrag zugestimmt, wenn auch in geänderter Fassung. Es fehlten konkrete Fördermaßnahmen, die jedoch in früheren Anträgen bereits vorhanden waren. Sowohl der federführende Wirtschaftsausschuss als auch der Städtebauausschuss haben ihre Beratungen nicht beendet. Daher hat Bayern eine „sofortige Sachentscheidung“ eingefordert. Aigner muss sich also ins Zeug legen. Im Bundestag hat Dr. Anja Weisgerber (CSU) Vorarbeit geleistet: „Wir brauchen keine Gegenfinanzierung.“ Der Handwerkerbonus könnte erhalten bleiben.

Kohle

Nach wie vor strittig ist die Rolle der Kohle im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) forderte, die alten Kohlkraftwerke abzuschalten. Arbeitsplätze seien nur dadurch gefährdet, weil die Bundesregierung keine klaren Signale für einen Ausstieg aussende. Arbeitsplätze hätten die Energiekonzerne aufs Spiel gesetzt, weil sie eine Neuausrichtung in Richtung erneuerbare Energien verpasst haben. Parteikollegin Annalena Baerbock hat sich in Brandenburg das Arbeitsplatzargument näher angeschaut. Der Strukturwandel sei bereits im vollen Gange. Der Rückzug Vattenfalls aus der märkischen Kohle setze alleine schon mindestens 3.000 Arbeitsplätze frei. Zudem seien zwei Drittel der Arbeiter und Angestellten älter als 45 und hörten in den nächsten Jahren aus Altersgründen auf. Klare Signale für einen Strukturwandel gäben den Menschen in der Lausitz Planungssicherheit. Den Standpunkt der Koalition brachte Thomas Bareiß (CDU) auf den Punkt: „Wir können nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums aus Atom und Kohle gleichzeitig aussteigen.“ Auch Gabriel will das nicht: „Der Strukturwandel braucht Zeit“.

In Niedersachsen forderte Umweltminister Stefan Wenzel die Abschaltung der Kraftwerke mit den schlechtesten Wirkungsgraden. Wenzel sprach sich am Donnerstag dafür aus, die größten und ältesten „CO2“-Schleudern auf Braunkohlebasis in eine Kapazitätsreserve zu überführen.

Emissionshandel

Die Bundesregierung ist für Dr. Anja Weisgerber führend mit dem Vorschlag, Backloading-Zertifikate in die Marktreserve zu überführen [3]. Die Belebung des Emissionshandels sei ein wesentlicher Bestandteil der Klimaschutzpolitik und schaffe gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa. Doch Sigmar Gabriel ist skeptisch. Außer Skandinavien, Frankreich und Deutschland will keiner vor 2020 eine Reform des Handels. Vor allem die osteuropäischen Kohleländer wehrten sich dagegen. Mangelnde Durchsetzungsfähigkeit musste sich der Wirtschaftsminister danach von Eva Bulling-Schröter (Die Linke) anhören. Der niedrige Zertifikate-Preis und hohe Freigrenzen sowie Klagen gegen den Atomausstieg, würden Gabriel am Ende zu einem „butterweichen Deal“ veranlassen.

KWK

Das Kraft-Wärme-Koppelungsgesetz ist derzeit der heißeste Streitpunkt. Der Anteil aus Kraftwerken, die Strom und Wärme liefern soll bis 2020 auf 25 Prozent steigen, heißt es in den Eckpunkten des BMWi-Papiers. Weil die Fördersumme pro Jahr begrenzt ist, erreicht das bestehende KWK-Gesetz nur eine Quote von 20 Prozent. Das hat Prognos/BEA in einem Zwischenbericht berechnet. Daher soll es für Anlagen, die ab 2013 in Betrieb gegangen sind, eine moderate Zuschlagserhöhung geben und die Nachrüstung von Kondensationskraftwerken soll in die Förderung aufgenommen werden.

Nordrhein-Westfalen hat das zum Anlass genommen, eine Entschließung in den Bundesrat zu bringen. „Viele KWK-Anlagen können derzeit, insbesondere aufgrund der gesunkenen Erlöse an der Strombörse, nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden und die Abschaltung droht“, heißt es in dem Antrag. Das gefährde vor allem viele kommunale Unternehmen. Dazu müsse das bisherige Fördersystem beibehalten, für Neubau und Modernisierung sollen die Fördersätze angehoben, Speicher müssen ausgebaut werden und der Förderdeckel müsse höher liegen. Zudem müsse das Eigenstromprivileg bleiben.

An die Stadtwerke denken

Die Novelle rechnet sich schön, kritisiert Oliver Krischer. Die 25 Prozent sollen jetzt nur noch thermisch gelten. Derzeit beträgt der Anteil thermischer Energie 18 Prozent. Das sind 96 TWh. Wenn der Anteil auf 25 Prozent steigen soll, erreicht der Umfang lediglich 115 TWh, was also nur ein moderater Ausbau wäre.

Dirk Becker von der SPD will den Vorwurf, die Eckpunkte seien ein KWK-Abbruchgesetz, hingegen nicht gelten lassen.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) appelliert an Bund und Länder, heute nicht die Stadtwerke zu vergessen. „Die Stadtwerke sind ein wesentlicher Faktor für das Gelingen der Energiewende. Die Energieversorgung der Zukunft wird mehr und mehr durch Dezentralität geprägt sein und genau dafür stehen die Stadtwerke“, sagte Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck. Reck drängt wie Remmel auf eine rasche Novelle. Seit Oktober 2014 lägen alle Daten und Fakten vor, aber nichts wurde bislang entschieden.

Der Interessenverband der Contracting-Anbieter und Energiedienstleister VfW schlägt Alarm. Die Bundesregierung wolle die Förderung bei Versorgungsprojekten in Häusern und Siedlungen streichen, in denen der lokal erzeugte Strom als Mieterstrom verkauft oder vom Betreiber des BHKW selbst anstelle von Strom aus dem Netz verbraucht wird. Intelligente Objektversorgungsprojeke würden dadurch nicht gefördert.

Lesestoff:

[1] Transparenz beim Netzausbau

[2] CDU-Wirtschaftsrat fordert steuerliche Gebäudesanierung

[3] Mehrheitsfähiger Konsens im EU-Umweltausschuss?

Roland Krieg; VLE

Zurück