Geflügelfleisch aus Brasilien

Handel

Brasiliens Geflügelindustrie beschwert sich über die EU

Die Forderung nach Abbau von Exportsubventionen der EU kommt meist aus dem Lager der Umwelt- und Entwicklungshilfesubventionen. Diese Form der Marktverzerrung beschäftigt aber auch die Brasilianer. Genauer gesagt die Brasilianische Geflügelfleischindustrie, die auf der Anuga die Gelegenheit nutzte, ihre Sicht der Dinge darzulegen.

Gute Fachliche Praxis

Geflügelfleisch erlebt einen Boom und weist im Fleischsektor die höchsten Steigerungsraten auf. Man könnte von einem Jahrzehnt des Geflügelfleisches sprechen. Die Gründe liegen auf der Hand: Gesundes Fleisch, das preiswert produziert und gekauft werden kann, und für das nur wenig Futterfläche genutzt werden muss.
Ubabef, der brasilianische Verband der Geflügelindustrie
, wirbt auch mit diesen Vorteilen. Präsident Francisco Turra betont die Nachhaltigkeit in der Produktion. Brasilien hatte keinen einzigen Fall von aviärer Influenza, Eier und Fleisch werden nach Guter Fachlicher Praxis produziert und findet im Süden und Südwesten statt. Für die Produktion wird kein Regenwald gerodet – ein oft kolportierter Vorwurf aus Europa.
Im Jahr 2000 wurden 0,9 Millionen Tonnen Geflügelfleisch für den Export produziert, im letzten Jahr waren es bereits 3,8 Millionen und für das Jahr 2020 sind 4,1 Millionen Tonnen prognostiziert. Das meiste geht, verbrauchergerecht auch Halal-Zertifiziert, nach Saudi-Arabien (14 Prozent) und Japan (10 %).
Die Exportbetriebe erstrecken sich über alle Betriebsgrößen, so Turra und die Veterinärmaßnahmen sind von der EU anerkannt. Brasilien hat vor Ort mit dem Sojaanbau preiswertes und hochwertiges Protein zur Verfügung und braucht im Winter die Ställe nicht zu heizen. Studien haben ergeben, dass je Tonne produzierten Geflügelfleisches nur die Hälfte an Treibhausgasen anfallen wie vergleichsweise in England und Frankreich.

EU droht Partner zu verlieren

Kostengünstig und Nachhaltigkeit. Preisgünstiges und gesundes Protein. Brasilien würde gerne mehr Geflügelfleisch in die EU verkaufen, vor allem mehr Tiefkühlware und mariniertes Fleisch. Das Land, drittgrößter Exporteur für Agrarprodukte, zieht die Wertschöpfung immer mehr zu sich und verkauft veredelte Produkte. Doch die Brasilianer fühlen sich von der EU gegängelt. Ricardo Santin, Marketing Direktor der Ubabef wird deutlich: Es drohen nicht nur neue Einfuhrquoten für brasilianisches Geflügelfleisch, es werden zusätzliche Zölle für 1.400 Tonnen mariniertes Geflügelfleisch und für weniger als eine Tonne Entenfleisch auferlegt. Außerdem verzerrt die EU mit Exportsubventionen in Höhe von 300 US-Dollar je Tonne Geflügel den Wettbewerb mit Drittmärkten. „Das ist kein fairer Handel“, sagt Santin gestern Abend in Köln.
Insgesamt gibt die EU im Geflügelmarkt 273 Millionen Euro an Subventionen aus. Während Brasilien in die Produktionstechnologie investiert, investiert die EU in niedrige Preise. Das führe nach Santin zu Wohlfahrtsverlusten auf beiden Seiten. In Brasilien gehen Arbeitsplätze in der Exportbranche verloren und europäische Konsumenten zahlten am Ende höhere Verbraucherpreise.
Gegenüber Herd-und-Hof.de forderte Ricardo Santin die EU zu einem fairen Wettbewerb auf. Vor allem mariniertes Geflügel solle freien Zugang zu den europäischen Märkten erhalten.
Zu sicher dürfen sich die Europäer auch nicht fühlen. Die EU ist nicht Hauptabnehmer von brasilianischen Agrarprodukte. 39 Prozent der Ware geht in den Mittleren Osten, 27 Prozent bereits nach Asien. Der Exportanteil Europas ist mit 12 Prozent auf das Niveau Afrikas gefallen.

Lesestoff:

www.brazilianchicken.com.br

Roland Krieg (Text und Fotos)

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