Gegenwind für Gabriels EEG-Reform

Handel

„Die Emissionen steigen, steigen und steigen“

In Berlin wurde der dritte Teil des 5. Sachstands-berichtes [1] des Weltklimarates IPCC verabschiedet und zusammen mit Wirtschafts-minister Sigmar Gabriel am Montag an der TU Berlin vorgestellt. Der Minister, der in seiner Reform des EEG neben den erneuerbaren Energien auch auf Kohle setzt, wurde von Demonstranten mit einem entsprechenden Plakat empfangen.

Emissionen steigen

Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Vorsitzender der 3. Arbeitsgruppe „Klimaschutz", verdeutlichte noch einmal, dass seit Jahren die „Emissionen steigen und stiegen und steigen.“ Und zuletzt sogar noch mit deutlichem Zuwachs. Ohne einen Richtungswechsel werde das Zwei-Grad-Ziel nicht mehr einzuhalten sein. Und das trotz Einbruch der Wirtschaft in der Finanzkrise. Vor allem die Schwellenländer setzen in den letzten zehn Jahren vermehrt auf den Energieträger Kohle, der die Emissionen steigen lässt. Dem müsse die Weltgemeinschaft mit dem ganzen Bündel an Technologien entgegentreten. Edenhofer zählte auch die Kernkraft dazu. Jedes Land müsse seinen Beitrag finden, dass spätestens ab 2050 die Treibhausgasemissionen zurückgehen. Sigmar Gabriel allerdings hält am Atomausstieg fest und will keinen „atomaren Abfall unter unseren Füßen“. Auch Dr. Rajendra Pachauri, Vorsitzender des IPCC will keine Kernkraft mehr: Zwar heiße es: „A mind is a terrible thing to waste“, aber in diesem Falle auch: „A waste is a terrible thing to mind.“

Es ist bezahlbar

Die sozioökonomische Analyse des Berichtes geht von einem jährlichen Wachstumsminus von 0,6 Prozent BIP aus, wenn die Anstrengungen gegen den Klimawandel umgesetzt werden. Dr. Edenhofer rechnet aber auch vor, dass das globale BIP bei einem Wachstum von 1,6 bis drei Prozent der Aufwand lohne. Je länger die Menschen warten, desto teurer wird der Kampf gegen den Klimawandel. Als wichtigstes Element bezeichnet Edenhofer den Preis für Kohlendioxid.

Gabriel verteidigt EEG-Reform

Gabriel verteidigte seine Energiewende mit den Ausnahmeregelungen für die Industrie. Zum einen würden beispielsweise die Chinesen kaum noch auf Deutschland hören, wenn sie mit ständig neuen Umweltstandards Hürden im globalen Markt setzten, zum anderen würden auch kaum noch europäische Mitgliedsländer den Deutschen ungeteilt folgen. Ohne Sicherung der Industrie hätte die Energiewende keine Chance. Für Gabriel haben in den letzten Jahren „die Falschen“ verhandelt. Umweltministerien und Nichtregierungs-organisationen hätten kaum etwas erreicht. Jetzt säßen mit den Wirtschaftsministern diejenigen am Tisch, die Ökonomie und Ökologie verbinden könnten.

Gabriel will den eigenen Industrien auch nicht mehr zumuten, weil Edenhofer einen Großteil der steigenden Emissionen in den Schwellenländern auf die arbeitsteilige Produktion für die Industrieländer zurückführte. Die Lände, die einen steigenden Exportmarkt aufweisen, haben auch die meisten Emissionen.

Anthropogen verursachte Treibhausgase

Kohlendioxid aus der Verbrennung fossiler Energieträger und durch industreielle Prozesse verursachen rund 78 Prozent des Emissionsanstiegs zwischen 1970 bis 2010. Ähnlich wie in den letzten zehn Jahren allein, so der Bericht. Die Hälfte der anthropogenverursachten Treibhausgasemissionen zwischen 1750 und 2010 sind alleine in den letzten 23 Jahren entstanden. Stammen die meisten Emissionen in den ärmeren Ländern noch aus der Landwirtschaft, ändert sich das in den Industrieländern. Dort verursachen die Energiebereitstellung, Industrie und Verkehr mehr als die Hälfte der Emissionen. So unterschiedlich sind auch die Vorkehrungsmaßnahmen. Was den Europäern große Fluttore wie vor dem Hafen Rotterdams sind, sind Neuanpflanzungen von Mangrovenwäldern für den Küstenschutz in Südostasien.

Die Reduzierung der Emissionen in den Industrieländern ist nach Prof. Edenhofer hauptsächlich politisch motiviert. Sie hat es in der Hand, weniger Ressourcen zu verbrauchen, Energieeffizienz umzusetzen, Wärmedämmung an den Gebäuden einzuführen oder die Mobilität auf neue Fundamente zu stellen. Regularien sind wichtig, so Edenhofer. Der IPCC will aber politikrelevante Maßnahmen vorlegen, ohne eine Politik vorschreiben zu wollen.

Gral IPCC

Kritik am IPCC äußert Hans-Josef Fell, Präsidnet der Energy Watch Group. Die Vorschläge führten mit CCS, Atomenergie und effizienter Erdölnutzung in eine „immer stärkere Erderwärmung.“ Die Analysen des IPCC „über die Dramatik der Erderwärmung sind wichtig und unverzichtbar“, so Fell, aber die Vorschläge gegen den lmawandel seien nur halbherzig. Fells Ziel ist eine weltweite Nullemissionswirtschaft mit neuen Energien, erneuerbarer Chemie, Nullemissionsverkehr und einer Landwirtschaft, die auf Biokohle basiert.

Fell als Autor des EEG vermisst den Hinweis, dass mittlerweile mehr als 100 Länder ähnliche Einspeisevergütungen für neue Energien aufgebaut haben.

Landwirtschaft

Änderungen in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung bewirken Klimaveränderungen. Es gibt lokale Erwärmungen, wenn natürliche Vegetation in Ackerland umgewandelt wird, schreibt Geo-Ökologe Martin Wattenbach vom Deutschen GeoForschungszentrum GFZ in einer aktuellen Studie [2]. Untersuchungen in gemäßigten Breiten in Nordamerika und Eurasien haben gezeigt, dass die Summe aller veränderten Landnutzungen eine regionale Erwärmung von 1,7 Grad Celsius ergeben hat. Da künftig mehr Menschen u ernähren sind, fordert Wattenbach auch die Einbeziehung der Intensivierung der Landwirtschaft in die veränderte Energiebilanz.

Lesestoff:

www.ipcc.ch

[1] Bundestag debattiert über den 5. Sachstandsbericht

[2] Sebastiaan Luyssaert et al., “Land management and land cover change have impacts of similar magnitude on surface temperature”, Nature Climate Change, AOP 13.04.2014, DOI: http://dx.doi.org/10.1038/nclimate2196

Roland Krieg; Foto: roRo

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