Grüne „Due Diligence“

Handel

„Environmental Due Diligence“

Mit dem Bereich „Environmental Due Diligence“ hat die Umweltakademie Fresenius ein neues Thema in ihr Veranstaltungsportfolio aufgenommen. Auf der ersten Intensivtagung am 18. November 2014 in Dortmund wurden Begrifflichkeiten und der Sinn und Zweck entsprechender Audits geklärt. Ebenso erhielten die Teilnehmer Hinweise zu deren Durchführung.

Was ist Due Diligence?

Der Begriff Due Diligence meint die sorgfältige Analyse und Bewertung eines Objekts im Rahmen einer beabsichtigten geschäftlichen Transaktion, welche auf freiwilliger bzw. vertraglich vereinbarter Basis stattfinden. Im Fokus der Bewertung stehen Kosten, Haftungsfragen und Reputationsrisiken. Bekannt ist der Begriff aus dem US-amerikanischen Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht. Unter „Transaktionen“ verstehen sich im Fall der Due Diligence verschiedenste Aktivitäten rund um Unternehmensbeteiligungen wie etwa der Kauf bzw. Verkauf von Unternehmen, Unternehmensanteilen oder Teilbetrieben. Daneben zählen auch Joint Ventures, Finanzierungen und Börsengänge zum Anwendungsbereich. Joachim C. Schmidtke (Environ Germany) erklärte, Due Diligence befasse sich mit den wesentlichen Fakten, die für eine Kaufentscheidung wichtig sind und fokussiere dabei auf Informationen, die als Grundlage für die Bewertung dienen, auf Aspekte, die von besonderer rechtlicher Bedeutung sind sowie auf Sachverhalte, welche im Kaufvertrag geregelt werden müssen. Er stellte klar, dass Due Diligence keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe und weder mit einer Jahresabschlussprüfung noch mit einer Unternehmensbewertung verwechselt werden dürfe. Ebenso sollte nicht aufgrund von Due Diligence auf Gewährleistungen im Vertrag verzichtet werden, warnte Schmidtke.

Environmental Due Diligence: das steckt dahinter

Mit „Environmental Due Diligence“ (EDD) bzw. einem Environmental Due Diligence Audit (EDDA) ist im Speziellen die sorgfältige Prüfung von Umwelt-, Sozial-, und Betriebsmanagement-Themen im Rahmen von Transaktionen gemeint. Sinn des Ganzen sei es, aktuelle und potentielle Umwelthaftungen, die mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden können, zu identifizieren, diesen Haftungsrisiken Kosten und Wahrscheinlichkeiten gegenüberzustellen und festzulegen, ob die Kosten substanziell genug seien, um vom Handel zurückzutreten, den Preis des Geschäftes zu verändern oder andere Transaktionslösungen zu suchen, fuhr der Experte fort. Dabei sei insbesondere zu bedenken, dass es direkte, aber auch indirekte Risiken gäbe, die sich auf unterschiedliche Art und Weise manifestieren könnten. Als Beispiele nannte Schmidtke unter anderem Untersuchungs- bzw. Sanierungskosten, Strafgelder, Rohstoffersatzkosten, Gebühren, eine mögliche Schädigung des Rufes und Verkaufsverluste. Daneben ging er auch auf den Bereich Haftung ein. Klassische Haftungsrisiken, welche über EDD aufgedeckt werden könnten, seien Boden-bzw. Untergrundbelastungen, Probleme mit Asbest, CO2-Emissionen oder Naturgefahren. Weitere Haftungsrisiken könnten sich jedoch auch aus dem Produkt Design und der Herstellerverantwortung sowie dem Aspekt der Nachhaltigkeit ergeben, so Schmidtke. Ziele eines EDDA-Berichts seien entsprechend, potentielle Haftungsrisiken zu quantifizieren und rückzustellen, den aktuellen Compliance-Status zu ermitteln und, falls notwendig, eine Regelung zur Entschädigung mit dem Verkäufer auszuhandeln.

Managementsysteme schützen nicht per se vor Haftung

Zum Thema Compliance im Umweltrecht äußerte sich in Dortmund Prof. Dr. Hans-Jürgen Müggenborg näher. Bei einem entsprechenden Audit seien sowohl Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes, der Länder und der EU sowie Verwaltungsvorschriften wie die TA Luft, technische Regelwerke (wie z.B. DIN-Normen), Genehmigungen samt Nebenbestimmungen und Urteile und Beschlüsse von Gerichten zu prüfen, führte er an. Oft werde gefragt, ob ein Unternehmen, das über Managementsysteme im Hinblick auf Risiken, Sicherheit, Qualität, Arbeits- und Umweltschutz verfüge, in Bezug auf Haftungsgefahren auf der sicheren Seite sei, so Müggenborg. Dies müsse man allerdings klar mit „nein“ beantworten. Managementsystem sei nicht gleich Managementsystem, man müsse das Ganze detaillierter betrachten. Auch Zertifizierungen würden keinesfalls eine „Environmental Compliance“ garantieren. Der Wert eines Managementsystems hänge zum einen von der Qualität der ausführenden Personen und des Zertifizierers, zum anderen auch von der Detailschärfe des Pflichtenheftes, dem Alter des Systems und der Ernsthaftigkeit des Audits ab, erklärte Müggenborg. Der Vorteil von Managementsystemen bestehe darin, dass sie eine lernende Organisation erschafften und die Motivation der Mitarbeiter steigerten. Auf diese Weise könne ein Unternehmen flexibel auf geänderte Anforderungen reagieren und die Haftungsrisiken für die Unternehmensleitung reduzieren. Jedoch bleibe es dabei, dass trotz eingerichteter Managementsysteme, ein Zielunternehmen im Rahmen der Environmental Due Diligence auf allen relevanten Gebieten des Umwelt- und Sicherheitsrechts akribisch untersucht werden müsse, um unerwartete Haftungsrisiken zu vermeiden, betonte der Experte. Aus diesem Grund sei es ratsam, fachkundige Personen, gegebenenfalls auch externe Berater, einzusetzen, da diese Aufgabe sehr anspruchsvoll sei.

Gängige Schwachstellen im Unternehmen

Dr. André Turiaux (Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft) wies im Rahmen der Tagung auf gängige Schwachstellen in Betrieben hin, welche zu Haftungsrisiken führen können. Er betonte, dass die Mehrzahl aller Schadensfälle nicht auf technischem Versagen beruhe, sondern aus falschen Verhaltensweisen heraus entstünde. Beispielsweise seien eine fehlende Organisationsstruktur, falsche Vorstellungen von den eigenen Pflichten und Risiken sowie unzureichend geschulte (oder motivierte) Mitarbeiter kritische Punkte, erwähnte Turiaux. Darüber hinaus berge im Speziellen die Übernahme von Verantwortung für Auslandsgesellschaften, das Ignorieren von berechtigten Nachbarbeschwerden und eine verzögerte Bereinigung bekannter Altlasten aus Kostengründen Risiken. Am Ende seines Vortrags ging der Experte auf wirksame Ansätze zur Haftungsvermeidung ein. Eine sachgerechte Organisation, welche auf Compliance ausgelegt sei, müsse bei ausnahmslos jedem Unternehmen und nicht nur bei Großbetrieben vorhanden sein, so Turiaux.

Die Etablierung einer solchen gehöre zur Pflicht der Unternehmensleitung bzw. der Geschäftsführung. Desweiteren könne eine rechtssichere Organisation nur über wirksame Delegation und Dokumentation erreicht werden. Daneben sei in jedem Fall eine Versicherung des Unternehmens als Ganzes und gesondert für verantwortliche Personen anzuraten, schloss Turiaux.

Lesestoff:

Die Tagungsunterlagen mit den Skripten aller Vorträge der Fresenius-Konferenz können zum Preis von 195,- EUR zzgl. MwSt. bei der Umweltakademie Fresenius bezogen werden. Die Umweltakademie Fresenius ist ein Geschäftsbereich der Akademie Fresenius. www.umweltakademie-fresenius.de

Stefanie Johannsen (Akademie Fresenius)

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