Grüne fordern kohärente Digitalisierungspolitik

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Bund will mehr Geld für digitale Bildung

Erst zur Grünen Woche debattierten die Parlamentarier in Berlin über die Digitalisierung. Der Schwerpunkt lag auf der Landwirtschaft [1]. Deutschland 4.0 sollte aber größer werden. Und ob das Thema in seiner Gänze die Politik durchdrungen hat, bleibt offen. Elvan Korkmaz von der SPD sagte in ihrem Debattenbeitrag am Donnerstag: „Digitalisierung ist nicht Wlan in Bussen bis 2050, sondern bestimmt, ob Deutschland auch künftig auf der Höhe der Zeit sein wird.“  

Bündnis 90/Die Grünen haben aus ähnlicher Vermutung heraus einen Antrag zu mehr Kohärenz in der Bundespolitik gestellt. „Jeder Dritte im ländlichen Raum befindet sich im digitalen Niemandsland“, sagte Anna Christmann. Die Digitale Agenda der Bundesregierung sei ein „Ankündigungspapier“. Es gibt Defizite beim Breitbandausbau und in der schulischen Ausbildung. Die Grünen fordern einen Digitalrat mit Bürgerbeteiligung.

Axel Knoerig von der CDU verteidigte die Anstrengungen aus der letzten Legislaturperiode und verweist auf das Sondierungspapier zwischen Union und Sozialdemokraten, wo Digitalisierung in jedem Ressort einen Schwerpunkt bilde. Allerdings reichen auch ihm nicht die 90 bis 98 Prozent angeschlossenen Haushalte, die von der Bundesnetzagentur als Zielmarke herausgegeben wurden und forderte die Kommunen auf, Funklöcher zu sammeln und den Druck auf die Behörde zu erhöhen. „Vorrangig mit Glasfaser, aber Vectoring kann als Übergangslösung genutzt werden.“ Manuel Höferlin von der FDP plädiert für ein Digitalisierungsministerium.

Digitalpaket Schule

Ebenfalls am Donnerstag traf sich die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder. Zur Begleichung der Defizite in der Schule soll es mehr Geld geben, sagte Angela Merkel. Für die Digitalisierung stehen im Sondierungspapier 46 Milliarden Euro zur Verfügung – die Schulen sind noch nicht dabei. Mit Blick auf den in dieser Woche ebenfalls vorgestellten Jahreswirtschaftsbericht, der „sehr gute Wachstumsraten in Aussicht stellt“, würden sich zusätzliche finanzielle Spielräume ergeben. Das sei eine „Frage der Bildung unserer Kinder mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit Deutschlands“. Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsidentin des Saarlandes (CDU), hat auf die Inhalte der letztjährigen Kultusministerkonferenz hingewiesen, die von der „technischen Ausstattung über entsprechende Fort- und Ausbildungskonzepte bis hin zu Cloud-Lösungen“ Umsetzungen vorsieht. „Es wird in den nächsten Jahren keine Schülerin, kein Schüler mehr die Schule verlassen und in einen Ausbildungsberuf oder in ein Studium gehen, ohne dass sie oder er im Bereich der Digitalisierung Voraussetzungen mitbringen muss“, ergänzte Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern (SPD). „Deshalb wollen wir unsere Schulen in das 21. Jahrhundert befördern.“ Die Schule sei zwar Ländersache, aber das Digitalpaket ein „schönes Beispiel“ für ein Zusammenspiel mit dem Bund.

Lösungen und Geld fehlen

Wie viel Geld tatsächlich zur Verfügung steht und in welchem Ausmaß die Digitalisierung der Schulen umgesetzt werden kann, bleibt qualitativ offen. Für Falko Mohrs von der SPD wird erst das Ende des Kooperationsverbotes die Schule „aus der Kreidezeit herausführen.“

Die AfD hat sich gegen den bürgernahen Digitalrat ausgesprochen. Uwe Kamann will keine Bürgerdiskussion: „Zeitraubende Erörterungen können wir uns nicht erlauben.“

Es fehlen aber noch andere Lösungen. Start-ups in Deutschland haben es schwer – vor allem wenn sie einmal scheitern. Dann haben die Unternehmer einen Schufa-Eintrag und ein Looser-Image, erläuterte Korkmaz. Deutschland bräuchte bei den Jungunternehmen eine „Kultur der zweiten Chance“. Das sieht auch Axel Knoerig so. Er will die Risikoabsicherung der Jungunternehmer verbessern.

Anke Domscheit-Berg (Die Linke) verweist auf die soziale Frage der Digitalisierung. Einer aktuellen Bitkom-Studie nach, werden innerhalb der nächsten fünf Jahre rund 3,4 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Alleine das Autonome Fahren mache 800.000 Berufskraftfahrer überflüssig. Die Digitale Revolution brauche Transparenz und Partizipation. Der Roboter schaffe einen Mehrwert, aber ohne Arbeitskosten, was zu einem neuen Umverteilungssystem in Deutschland führen müsste. Die Politik müsse den Menschen die Angst vor der Zukunft nehmen.

Die Digitalisierung hat am Donnerstag gleich eine Niederlage erlitten. Der Grünen-Antrag sollte nach Wünschen der AfD, FDP, Grünen und Linken in den Ausschuss Digitale Agenda überweisen werden. Die Mehrheit von Union und SPD hat die Federführung jedoch dem Wirtschaftsministerium überlassen.

Lesestoff:

[1] Digitale Landwirtschaft vom Funkturm bis zum Reichstag: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/bonirob-und-vertikalisierung.html

Roland Krieg

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