Hakle stellt sich neu auf

Handel

Opfer auf dem Zellstoffmarkt

„Die energieintensive Papierindustrie unterliegt seit dem Beginn der Corona-Pandemie 2020 starken Verwerfungen im global agierenden Rohstoff-, Logistik- und Energiemarkt“ Ein Satz den auch die Düngerhersteller unterschreiben würden. Bei der Hakle GmbH in Düsseldorf hat das teure Umfeld „den Betrieb in die Enge“ geführt und der Hersteller von Hygienepapieren stellt sich in einem Eigenverwaltungsverfahren neu auf.

„Die Eigenverwaltung bietet uns die notwendige Flexibilität und Geschwindigkeit, um unseren Betrieb nachhaltig zu sanieren und ganz im Sinne unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kunden und Gläubiger neu aufzustellen“, sagt Geschäftsführer Volker Jung in der Geschäftszentrale. Jung zeigt sich optimistisch, dass die Neuaufstellung in der „als historisch zu bezeichnenden Energiekrise gelingt“.

Die Mitarbeiter wurden auf einer Betriebsversammlung bereits informiert. Als Sanierer steht Dr. Matthias Kampshoff von der Kanzlei McDermott Will & Emery dem Unternehmen zur Seite. Als vorläufiger Sachverwalter und „Restrukturierungsspezialist“ wurde Dr. Jan-Philipp Hoos von White & Case bestellt.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat dem Prozess der Eigenverwaltung zugestimmt.

Historie

Das Unternehmen Hakle geht auf den schwäbischen Unternehmer Hans Klenk im Jahr 1928 zurück. In Ludwigsburg hat er die erste Toilettenpapierrolle mit garantiert 1000-Blatt auf den Markt gebracht. 1954 zog das Unternehmen nach Mainz und wurde vom Kabarettisten Herbert Bonewitz in der Werbung begleitet. Unter anderem gründete er die Unternehmer-Zeitung „Die Rolle“. Hakle wurde 1972 dreilagig und erfand 1977 Hakle Feucht. 1999 zog das Unternehmen nach Düsseldorf-Reisholz, einem seit 1905 bestehendem Standort für die Papiererzeugung.

Woraus besteht Klopapier?

Auch Toilettenpapier war einmal ein Baum. Nach dem Entrinden werden aus dem Holz Sägespäne, die in Hilfsmitteln gekocht werden. Nach dem Trocknen bleibt Faserstoff aus Zellulosefasern und dem biologischem Bindemittel Lignin übrig. Lignin und die chemischen Hilfsstoffe werden ausgewaschen und der Faserstoff mit Wasser vermischt, gesiebt und verpresst. Klingen schaben das Papier ab und Stempel stanzen die Vierecke aus.

Alternativ wird es aus Altpapier recycelt, das mit Chemikalien und Wasser gemischt, geschöpft, gefiltert und aufbereitet wird. Daraus formen die Unternehme eine große Rolle, die zurechtgeschnitten wird.

Die Marktsituation

Im Sog von steigenden Preisen für Pellets und Energieholz steigen auch die Preise für Sägespäne und Zellstoffschnitzel. Die Sägeindustrie hat im August nach Informationen des Branchenmagazins „Euwid“ allein bei Spänen für die Augustlieferung drei bis vier Euro je Schüttraummeter (Späne lose auf einen Kubikmeter verteilt) durchgesetzt. Ausgehend vom Holz sind alle nachfolgenden Produkte teurer geworden.

Für Verknappung sorgt auch die Trockenheit. So musste das Zellstoffwerk im spanischen Pontevedra die Produktion am 20. Juli einstellen, weil die ökologischen Werte im Durchfluss des Lérez bei fallendem Pegel nicht mehr stimmten. Anfang September stand das Werk nach Angaben von Euwid noch immer still.

Dazu kommen die steigenden Energiekosten, unter denen nicht nur Hakle leidet. Der schwedische Fein- und Spezialpapierhersteller „Lessebo“ hat wegen der hohen Stromkosten seinen Betrieb am 31. August eingestellt. Die Stromkosten belaufen sich üblicherweise auf drei Millionen Euro pro Jahr und würden aktuell auf 19 Millionen auflaufen. Die Geschäftsführung will tagesaktuell über ein Anlaufen der Produktion entscheiden.

Nordic Paper, ebenfalls aus Schweden, hat sein Werk in Norwegen für drei Tage stillgelegt. Der Hersteller für fettdichte Papiere, wie für Backformen und Lebensmitteln kann ebenfalls die hohen Stromkosten nicht bezahlen.

Zu hohen Preisen trägt auch China bei. Die Zellstoff- und Papierindustrie ist einer der wenigen in China, die unter echten Lieferengpässen leiden, wie die Marktforschung von „Modor Intelligence“ mitteilt. Die Inlandsproduktion kann die Nachfrage nicht decken und hat China zum weltweit größten Importeuer von Zellstoff gemacht. 2020 wurden 24 Millionen Tonnen mit einem Plus von zehn Prozent gegenüber 2019, eingekauft.

Die größten Zellstoffproduzenten sind die USA und Brasilien. Im Jahr 2020 haben die USA mehr als 50 Millionen Tonnen und Brasilien gut 21 Millionen Tonnen produziert. Für die Zellstoffproduktion sind technologieintensive Anlagen notwendig. Brasilianischer Zellstoff hat auf dem Weltmarkt einen guten Ruf für seine Qualität. Das Land exportiert rund 70 Prozent seiner Produktion und verbraucht immer mehr Strom. Waren es 1970 fünf Prozent des industriellen Endverbrauchs im Land, waren es 2020 bereits 16 Prozent. Mit einem Export von 15 Millionen Tonnen Zellstoff ist Brasilien der größte Exporteur der Welt.

Roland Krieg

© Herd-und-Hof.de Nutzungswünsche: https://herd-und-hof.de/impressum.html

Zurück