Handel blickt optimistisch auf 2017

Handel

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen stehen auf Konsum

Deutsche Konsumenten konsumieren Krisen einfach weg. Der syrische Bürgerkrieg, Englands Brexit und die Anschläge von Paris haben weder Wirtschaft noch Konsum geschadet. Das wird sich auch 2017 nicht ändern. Denn trotz Trump, Umsetzung des Brexits und dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin, verzichten die Bundesbürger nicht aufs Einkaufen. So blickt der Handelsverband Deutschland (HDE) am Dienstag optimistisch auf das Jahr 2017. Hauptgeschäftsführer Stefan Genth hatte die Zahlen: Die Beschäftigtenzahlen sind um ein Prozent, die Löhne um 2,2 Prozent gestiegen, so dass die Grundlage für den Konsum gelegt ist.  Vor allem für die Hauptkonsumgruppe der Mittelschicht. Der Preisauftrieb ist mit 0,5 Prozent moderat. Für das aktuelle Jahr rechnet der HDE mit einem Anstieg des Konsums um 1,5 Prozent, was seit 2010 der achte Anstieg hintereinander bedeutet. Im letzten Jahr hat der Einzelhandel über alle Sparten hinweg 482,2 Milliarden Umsatz gemacht. 60 Milliarden mehr als im Jahr 2010. Für das Jahr 2017 reicht die Prognose für 491,9 Milliarden Euro.

Umsatz nach Sparten

In den einzelnen Sparten sieht es unterschiedlich aus. Am meisten konnte die Freizeitindustrie mit Fahrrädern, Teilen und Zubehör zulegen. Zwischen Januar und November 2016 kam die Zweiradbranche auf ein Plus von 6,4 Prozent real. Mit über fünf Prozent wuchsen auch Kosmetik und der Onlinehandel.  Uhren und Schmuck sowie Keramik und Glaswaren hingegen mussten Umsatzeinbußen von 4,7 und 4,5 Prozent hinnehmen. Der milde Herbst und eine fehlende „Übergangszeit“ hat auch dem Textilbereich ein leichtes Minus eingebracht. Lebensmittel haben im Umsatz um 2,4 nominal und 1,9 real zugelegt.

Weihnachtsgeschäft

Zum Saisaonende klingeln die Kassen besonders laut. „Wir haben ein gutes und ordentliches Weihnachtsgeschäft gehabt“, sagte Genth. Auch wenn der Umsatz mit 89,8 Milliarden Euro unterhalb der eigenen Prognose lag. Seit 2005 haben die Konsumenten in den beiden letzten Monaten noch nie so viel Geld ausgegeben. Dabei zeigte der Dezember eine „Delle“. Genth führt das auf die neuen und mittlerweile etablierten Spezialverkaufstage wie „Cyber Monday“ und den „Black Friday“ zurück, die am Weihnachtsgeschäft geknabbert haben. Hingegen habe die Zurückhaltung der Kunden wegen des Terroranschlags in Berlin nur die Geschäfte rund um den Breitscheidplatzplatz und einige Weihnachtsmärkte getroffen. „Der Konsument ist besonnen mit dem Anschlag umgegangen“, so Genth.

Weniger Minijobs

Zufrieden zeigt sich der HDE mit der Entwicklung der Minijobs. Im letzten Jahr sind rund 10.000 der prekären Arbeitsverhältnisse weggefallen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtungen Arbeitsstellen ist um 33.000 angestiegen – auch weil etliche Minijobs dorthin überführt wurden. In der Summe hat es 2016 einen Stellenzuwachs im Einzelhandel um 23.000 Plätze gegeben. Deshalb kann Genth die am Montag von der Hans-Böckler-Stiftung des Gewerkschaftsbundes über Minijobs nicht nachvollziehen. Jeder zweite verdiene nach Einführung des Mindestlohns weniger als 8,50 Euro, heißt es dort Die Lage der Minijobber habe sich nur partiell verbessert. Im Einzelhandel sind drei Viertel der Mitarebiter tariflich gebunden, betonte Genth.

Online-Handel

Der Online-Handel steigt jährlich. Lag der Umsatz im Jahr 2005 noch bei 13,8 Milliarden Euro, wurden im letzten Jahr 44 Milliarden erwirtschaftet. Für das Jahr 2017 ist eine weitere Steigerung auf 48,8 Milliarden prognostiziert. Die Hälfte des gesamten Umsatzwachstums kommt aus der digitalen Welt. Genth sieht die Trennlinie zwischen online und offline schwinden. Der Handel muss sich „Multikanalfähig“ aufstellen. Die digitale Welt diene dabei nicht nur der Umsatzerzielung, sondern vermehrt der Kundenbindung.

Die Auswirkungen sind aber deutlich sichtbar. Die besten Lagen in den Großstädten und Metropolen bieten eine abwechslungsreiche Warenwelt mit Erlebnis-Shopping. Doch schon in den B-Lagen steigt der Leerstand. Die Mittelzentren mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern werden beim Feizeit-Shopping übersprungen. Die Kunden fahren in die Großstadt. Im weiteren Umkreis bestehe die Gefahr, dass das fehlende Angebot online kompensiert wird. Für die Kleinstädte bleibt nur das Versorgungsangebot des täglichen Bedarfs. Die Entwicklungsmöglichkeiten in Richtung Shopping-Erlebnis hält der HDE für begrenzt. Es baue sich eine Kluft zwischen Online und attraktiven Städten auf. Genth fordert die Kommunen auf, mehr für die Ansiedlung des Handels zu tun:

Gegenüber Herd-und-Hof.de sagte er, dass sich die funktionale Trennung der 1980er Jahre in Arbeitsraum, Wohnbereich und Einkaufszentrum nicht bewährt hat. Wo Innenstädte sauber und sicher sind, eine hohe Aufenthaltsqualität vorhanden ist, komme der Einzelhandel wieder zurück. Dieser gehöre zur Stadtentwicklung und müsse wieder stärker berücksichtigt werden. Dazu gehörten Änderungen zu Öffnungszeiten, die dem Kundenverhalten entspricht, der öffentliche Nahverkehr und Parkraum.

In den Städten führt der Online-Handel zu einem Infarkt des Lieferverkehrs. Schließlich muss die Ware auch physisch an den Kunden ausgeliefert werden. Autonome Auslieferungen wie Drohnen und Roboter werden nach Genth eine Rolle spielen. Wichtiger allerdings ist die Kombination der Verkehre, weil es meist nur um die letzten 500 Meter bis zum Kunden gehe. Neue Logistikkonzepte bis zum Fahrradkurier am Ende der Auslieferungskette bieten nicht nur betriebswirtschaftliche Chancen für Startups im Logistikbereich, sondern können den wachsenden Online-Handel auch aus seinem Lieferdilemma befreien.

Roland Krieg

Zurück