Handel purzelt Preise, wollen Bauern streiken?
Handel
Achte Preisrunde 2009
Am Donnerstag haben Norma und Penny die achte Preisrunde in diesem Jahr eingeläutet. Norma senkt im Rahmen einer „Herbstoffensive“ die Preise bei Molkereiprodukten, Geschirrreiniger und Tiefkühlfisch, eine Stunde später reagierte Discounter Penny und zieht mit Preissenkungen im vergleichbaren Marktsegment nach. Norma begleitet die Preissenkungen mit dem Hinweis auf höchste Qualität und verweist auf 17 Siegel „Goldene Preise 2009“, die der Discounter von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zugesprochen bekam. Penny begründet seine Preissenkung mit der Weitergabe von Einkaufspreisvorteilen.
Probleme bleiben
Nahezu zeitgleich haben in Paris französische Milchbauern „einen weitgehenden Aufstand“ angekündet. Weil die Europäische Union am Montag nicht auf die Sorgen der Milchbauern eingegangen ist, „schätzt“ Pascal Massol, Milchbauer und Präsident der Milcherzeugerorganisation APLI, dass Milchlieferungen unterbrochen werden. Auch die französischen Milchbauern argumentieren wie der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) für eine Wende in der Milchpolitik. Das Brüsseler Festhalten an den gefällten Entscheidungen „lässt die Bäuerinnen und Bauern ins offene Messer laufen“, so Daniel Condat, Präsident der Milcherzeugerorganisation OPL. Ernst Halbmeyer, Sprecher des österreichischen Verbandes IG-Milch: „Die Wut und die Angst um die eigene Existenz und die Bereitschaft, um ihre Höfe zu kämpfen, ist nicht nur bei den französischen Milchbauern akut. Die Regierungen der EU und die Spitze der EU-Kommission sind in der Pflicht, die notwendige Korrektur durchzusetzen.
Am Rande einer Berliner Tagung über die Wirkung von Exportsubventionen sagte Marita Wiggerthale, Handelsexpertin von Oxfam, zu Herd-und-Hof.de, dass die EU nicht das ganze Health Check-Paket aufschnüren müsste, um den Bauern zu helfen. Die Milchpolitik fuße auf der Annahme, dass die Weltnachfrage nach Milch und Molkereiprodukten steige. Da das nicht der Fall gewesen ist, müsse die Politik auch den Mut haben, Entscheidungen zu revidieren, wenn sich die Grundannahme geändert haben.
Eine Absage an die Vorruhestandsregelung im Bereich der Milchwirtschaft, um Bauern den Ausstieg zu erleichtern hält Cornelia Behm, agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Grüne für einen „Griff in die Mottenkiste der Agrarpolitik“. Generell würde das Programm den Strukturwandel beschleunigen, und im Besonderen stünden die Gelder nicht zur Verfügung. Programme der letzten zwei Jahrzehnten hätten gezeigt, dass die aktiven Betriebe dadurch nicht entlastet würden. Es wäre volkswirtschaftlich nicht vertretbar, „Millionen von Steuergeldern in den Ausstieg aus der Erwerbsarbeit anstatt in aktive Betriebe zu investieren.“ |
Wie geht es weiter?
In dieser Woche hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Beschwerde des Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) zurückgewiesen. Damit hat der Beschluss des Bundeskartellamts Wirkung. Gemäß Boykottverbot dürfen Unternehmen nicht andere Unternehmen zu Liefersperren aufrufen. Die Teilnahme an einem Lieferstreik ist nach Angaben des BDM nicht rechtswidrig. Nur der Aufruf.
Es kann aber auch anders gehen. Schon vor zwei Jahren hat sich in Bayern eine Milcherzeugergemeinschaft (MEG) gegründet, die mittlerweile auf über 26.000 Mitglieder angewachsen ist und sich der Angebotsbündelung inklusive der Gestaltung von Verkaufsregeln widmet. Ziel sind faire Milchpreise. Die MEG hat sich im Rahmen des Marktstrukturgesetzes gegründet und verstößt daher nicht gegen das Kartellrecht. Das European Milk Board als Dachverband der nationalen Milchviehhalterverbände verweist auf das Bundeslandwirtschaftsministerium, dass jüngst die Milchviehhalter auf das Marktstrukturgesetz aufmerksam machte. Eine „Bundes-MEG“ könnte der Politik ein Schnippchen schlagen.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat am abend einen Milchstreik entschieden abgelehnt: „Es sei völlig widersinnig, jetzt die Lage der Bauernfamilien noch durch Wegschütten und Vernichten von Milch weiter zu verschlechtern und ihnen die Einnahmen völlig zu entziehen.“
roRo