Haushalt, Klima und Kostenentlastung
Handel
Bundeskabinett mit wichtigen Entscheidungen

Beim Haushalt 2022 hat das Bundeskabinett die Stufe 2 erklommen. Nach den Eckwerten hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf am Mittwoch genbilligt. Jetzt folgt die Befassung im Parlament.
Dazu gehört aber auch die Setzung der Eckpunkte bis zum Jahr 2026. Und die wurden ebenfalls am Mittwoch vorgestellt.
Für das laufende Jahr sind 457,6 Milliarden Euro für Einnahmen und Ausgaben vorgesehen, die vor allem auf die Schwerpunkte Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung fallen. Zusätzlich zur Pandemie stellt der Russlandkrieg den Haushalt vor neuen Herausforderungen, die durch die Ausnahmeregelung Artikel 113 Grundgesetz berücksichtigt wird. Das betrifft die Kreditobergrenze, die ab 2023 wieder gelten soll.
BMEL-Haushalt
Im Finanzplan zehn für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft liegt der zentraler Schwerpunkt sind hier insbesondere der Umbau der Tierhaltung sowie klimafeste Wälder. Der Haushaltsentwurf 2022 sieht im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Mittel in Höhe von rund 7,104 Milliarden Euro vor. Die Absenkung um rund 571 Millionen Euro im Vergleich zum Jahr 2021 geht im Wesentlichen auf die nur für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 bereitgestellten Zusatzmittel des Konjunkturprogramms „Corona-Folgen" bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunft stärken“ zurück. Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag der BMEL-Haushalt bei rund 6,3 Milliarden Euro.
Für den Umbau der Tierhaltung stehen eine Milliarde Euro bereit, für klimafeste Wälder 900 Millionen und für die Eiweißstrategie werden zusätzliche 1,6 Millionen Euro für die Summe von 5,6 Millionen Euro avisiert.
Der Deutsche Bauernverband ist damit nicht zufrieden, denn der Umbau der Tierhaltung wird mehr kosten. Bauernpräsident Joachim Rukwied kommentierte: „Diese Mittel können nur als ein erstes Signal gewertet werden, aber reichen bei weitem nicht aus. Wenn der Umbau der Tierhaltung wirklich gelingen soll und man die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung ernst nimmt, dann braucht es ein Mehrfaches dieser Größenordnung. Eine tragfähige Finanzierung des Umbaus ist eine Schlüsselfrage. Wer hier bremst, gefährdet den Tierhaltungsstandort Deutschland und vor allem die geforderten hohen Tierwohl-Standards.“
Zudem entfallen 770 Millionen Euro Zuschuss für die landwirtschaftliche Unfallversicherung, was die Betriebe zusätzlich belasten wird.
Den Waldbesitzern sind die Gelder für die Wälder zu gering. Der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, Max v. Elverfeldt, ist kritisch: „Es ist gut und richtig, dass der Wald als Klimaschützer eine zentrale Rolle im Haushaltsplan des Bundelandwirtschaftsministeriums spielt. Angesichts der enormen Herausforderungen und einem riesigen Investitionsbedarf beim klimastabilen Umbau unserer Wälder bieten die vorgesehenen Mittel jedoch keine ausreichende Zukunftsperspektive für die Waldbesitzenden.“
Energie und Klima
Der „Energie- und Klimafonds“ (EKF) wird umbenannt. Ab sofort heißt das Sondervermögen „Klima- und Transformationsfonds“. Schon zu Beginn der neuen Legislaturperiode wurde der Fonds um 60 Milliarden Euro erhöht.
Entlastungspaket
Wegen der steigenden Energiepreise hat die Regierung ein Entlastungspaket in Höhe von 15 Milliarden Euro für kleine und mittlere Einkommen geschnürt. Das Paket ist unabhängig von der Diskussion in Brüssel, wo ein Deckel für Strom- und Gaspreise diskutiert wird. Die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums wollte dazu noch nichts sagen, weil das eine noch offene Diskussion ist. Was dieser Deckel kosten würde, stehe daher auch nicht fest.
Die EEG-Umlage soll früher als zum 01. Juli 2022 entfallen. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Dafür müssen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz vorgenommen werden, die den verschiedenen Vertragsverhältnissen Rechnung tragen. Auch das wird heute im Bundestag besprochen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner: „Es muss ein nächstes Entlastungspaket geben. Der Staat darf die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft mit steigenden Preisen nicht allein lassen. Wir müssen in dieser Krise handlungsfähig sein und müssen schnell und spürbar zu Entlastungen kommen. Dazu wird es eine Reihe von Vorschlägen geben, die wir in einem Paket zusammenbringen.“
Damit gilt rückwirkend zum 1. Januar 2022:
Der Arbeitnehmerpauschbetrag steigt um 200 Euro auf 1.200 Euro.
Der Grundfreibetrag steigt um 363 Euro auf 10.347 Euro.
Die Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) sowie die Mobilitätsprämie steigen auf 38 Cent.
Weitere steuerliche Entlastungen werden mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz umgesetzt, auf das sich das Kabinett am 16. Februar 2022 verständigt hat:
Erweiterte Verlustverrechnung,
Verlängerung der degressiven Abschreibung um ein Jahr,
Verlängerung der Home-Office-Pauschale,
Steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld,
Steuerfreiheit für Corona-Pflegebonus bis zu 3.000 Euro und
Verlängerung der Abgabefrist für Steuererklärungen 2020, 2021 und 2022.
Zur Entlastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den Stromkosten entfällt zum 1. Juli 2022 die EEG-Umlage. Die sich daraus ergebende Entlastung von insgesamt rund 6,6 Mrd. Euro sollen Stromanbieter in vollem Umfang an ihre Endverbraucher weitergeben.
Weitere Maßnahmen zur sozialen Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern:
100 Euro Coronazuschuss für Beziehende von Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung.
20 Euro pro Monat Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder
Heizkostenzuschuss
135 Euro für Beziehende von Wohngeld (bei Haushalt mit zwei Personen: 175 Euro, pro weiterem Familienmitglied 35 Euro)
115 Euro für Azubis und Studierende im Bafög-Bezug
Kraftstoff
Am Mittwoch sind in vielen Orten Lkw mit Transparenten gegen die hohen Dieselpreise in mehrspuriger Schleichfahrt unterwegs gewesen. Die ganze Transportbranche fährt am Limit, was eben auch nicht nur den Fern- sondern auch den Güternahverkehr betrifft. Verbraucher spüren Effekte, wenn die Lieferungen für das Supermarktregal ausbleiben. Die Bundesregierung ist mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Gespräch. Es soll ein Kreditprogramm für Unternehmen geben, die von den Folgen der Russland-Sanktionen besonders betroffen sind. Die EU hat bereits einen Beihilferahmen dazu vorgelegt.
Speziell schaut sich das Bundeskartellamt die Kraftstoffreise an. Das Amt soll prüfen, ob Unternehmen nicht aus der Situation zusätzliche Gewinner erzielen, weil Kraftstoff mehr kostet, als eigentlich nötig. Mit den EU-Nachbarländern liege ausreichendes Vergleichsmaterial vor. Untersucht wird die ganze Kette vom Rohölmarkt über die Raffinerien und den Großhandel bis zu den Tankstellen.
Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura sagte dazu: „Die Energiepreise sind aktuell viel zu hoch. Sie sind für Endverbraucher, Industrie und Handel in gleichem Maße bedrohlich und schaden unserem Standort. Ich erwarte von der Politik jetzt Vorschläge, wie die Energieversorgung sicher und bezahlbar bleibt. Wir dürfen uns nicht in populistischem Aktionismus verlieren, bei dem sich kurzfristige, aber unausgereifte Vorschläge überschlagen. Wir brauchen stattdessen echte und dauerhafte Lösungen. Diese vermisse ich in der aktuellen Diskussion noch. Für 83 Prozent unserer Unternehmen hat die Sicherung der Energieversorgung jetzt politische Priorität. Das bedeutet auch, dass Energie bezahlbar bleiben muss. Damit ist klar, wo Politik jetzt gefordert ist. Die Preisspirale muss gestoppt werden.“
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir beobachten die Preisentwicklung an den Tankstellen fortlaufend und sehr aufmerksam. Aufgrund der geopolitischen Lage sind die Preise flächendeckend schockartig gestiegen. Wenn die Rohölpreise jetzt wieder sinken und die Tankstellenpreise dem nicht folgen oder sogar weiter steigen sollten, muss man sich das genau ansehen.“ Das Kartellamt greift dabei auf die Daten der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe zurück, die kontinuierlich die Preise an den Tankstellen notiert. Nur die abgegebenen Mengen werden nicht notiert. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Preismeldung und auch zur Mengenangaben wäre künftig hilfreich, so Mundt. Im Agrarbereich sind Preise und Mengen sowie Qualitäten bei den meldepflichtigen Mühlen oder Schlachtereien Pflicht.
Im Verkehrsausschuss sagte der Parlamentarische Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) diese Woche, dass viele Fahrten ein Minusgeschäft sind, weil die gestiegenen Preise nicht in den laufenden Verträgen abgebildet seien. Zudem mangelt es Fahrern, aus Polen, der Ukraine und Belarus.
Gas
Der aktuelle Füllstand der Gasspeicher liegt bei 25 Prozent. Heute wird im Parlament über einen Mindestfüllstand vor dem Winter beraten. Die Speicherbetreiber haben die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten. Anderenfalls werden ihnen die gebuchten Speicherkapazitäten wieder entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen für eine Sonderausschreibung zur Verfügung gestellt.
Dazu gehört auch die Frage nach dem Eigentum der Gasspeicher. Gitta Connemann (CDU) ist Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) und kritisiert in der Neuen Osnabrücker Zeitung von Mittwoch den „Einfluss russischer Staatskonzerne auf existenzielle Energieinfrastruktur“. Dem russischen Energielieferanten Gazprom gehören über das Tochterunternehmen Astora mehrere Gasspeicher in Norddeutschland. „Dieses nationale Sicherheitsrisiko muss beendet werden. Die systemrelevanten energiewirtschaftlichen Verflechtungen müssen unbedingt gelöst werden.“ Connemann will alle Instrumente für eine Entflechtung nutzen, aber in der letzten Instanz auch vor einer Enteignung als „Ultima Ratio“ nicht ablehnen. Der Vize-Fraktionsvorsitzende der niedersächsischen Grünen, Christian Meyer, ist schneller: „Deshalb sollten sie schnell in die nationale, öffentliche Kontrolle überführt werden.“
Kabinett – Sonstiges
Das Kabinett hat ein Abkommen mit Italien über „Solidaritätsmaßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung“ genehmigt. Das ist nach Angaben des Bundeswirtschaftsministerium keine aktuelle Reaktion auf den Krieg, sondern ein Vorhaben, das Deutschland beispielsweise auch mit Dänemark abgeschlossen hat: „Hier geht es eben darum, dass bilaterale Solidaritätsverträge geschlossen werden, die dann diese EU-Mitgliedstaaten verpflichten, solidarisch Erdgas an Nachbarstaaten zum Schutz ihrer geschützten Kunden zu liefern. Geschützte Kunden sind dann vor allem in letzter Instanz die Haushalte und auch Krankenhäuser usw., wo man wirklich sagt: Diese Gaskunden können jetzt wirklich nicht abgestellt werden, können wirklich nicht darauf verzichten, beliefert zu werden. Dass dann Gas von einem in einen anderen Mitgliedstaat fließt, soll quasi das letzte Mittel sein, wenn einer Gasmangellage anders nicht beizukommen ist.“ Basis ist nach der Sprecherin das rund acht Jahre alte EU-Recht, den Binnenmarkt bilateral zu verknüpfen. Künftig werden weitere Verträge folgen.
Erneuerbare Energien
Parallel arbeitet die Bundesregierung am Ausbau der erneuerbaren Energien. Bis 2030 soll deren Anteil am Stromverbrauch bei 80 Prozent liegen. Im Ernährungs- und Landwirtschaftsausschuss des Bundestages hat die Parlamentarische Staatssekretärin Ophelia Nick (Bündnis 90/Die Grünen) im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) den massiven Ausbau an Photovoltaikanlagen angekündigt. Dächer und Freiflächen werden dafür nicht ausreichen. PV-Anlagen sollen auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen entstehen. Bis zu 85 Prozent dieser Flächen seien dafür geeignet. Vor allem benachteiligte Gebiete, aber auch wiedervernässte Moore. Alleine bei Mooren kommt das BMEL auf verfügbare 70.000 Hektar. Unter den Anlagen soll die landwirtschaftliche Nutzung weiter gehen können. Die Fraktion Die Linke mahnte, dass für den PV-Ausbau keine Flächen verloren gehen dürfen, die für die Lebensmittelproduktion notwendig sind.
Die Klimaziele sind ohne eine stärkere Einbindung der Bioenergie nicht möglich, teilte das Hauptstadtbüro Bioenergie am Mittwoch mit. Mit insgesamt 762 Millionen Tonnen CO2äq. ist nach heute veröffentlichten Zahlen des Umweltbundesamts der Gesamtausstoß an Treibhausgasen in Deutschland im Jahr 2021 um 4,5 Prozent gegenüber 2020 gestiegen. Dabei lagen die Sektoren Verkehr und Gebäude über den im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmengen. Die Trümpfe der Bioenergie müssen nun gezielt ausgespielt werden. Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, kommentiert im Namen der Verbände des Hauptstadtbüros. Denn die Bundesrepublik hat erneut ihre Klimaziele verfehlt. „So begrüßen wir zwar die Anerkennung der wichtigen Rolle der Bioenergie bei der Bereitstellung von gesicherter und regelbarer Leistung im EEG-Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima“, so Rostek, „doch mahnen gleichzeitig an, den bestehenden Anlagenpark nicht durch übermäßige Beschneidungen zu gefährden. Gleiches gilt auch in den vom UBA angesprochenen Sektoren Verkehr und Gebäude. Bei der Wärme leistet die Bioenergie mit circa 86% der CO2 Einsparungen den Löwenanteil, im Verkehrsbereich stellen Biokraftstoffe die einzig breit verfügbare Möglichkeit dar, im Fahrzeugbestand zu Treibhausgaseinsparungen zu kommen. Die Bioenergie ist somit ein taktischer Verbündeter bei der Erreichung der deutschen Klimaziele und sollte dort mit Augenmaß gezielt eingesetzt werden, wo andere Technologien an ihre Grenzen kommen.“
Die Steuern sprudeln
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat am Mittwoch kein großes Geheimnis gelüftet: „Die Wirtschaft in Deutschland dümpelt noch vor sich hin, doch die Steuereinnahmen sprudeln wieder und lagen 2021 über dem Vorkrisenniveau.“ Die Inflation treibt buchhalterisch auch die Steuereinnahmen an. Das hat sich im Vergleich zur Finanzkrise auch 2009 gezeigt, wenn auch nicht ganz so stark. Nach dem ersten Krisenjahr stiegen die Steuereinnahmen im zweiten Krisenjahr an. 2020 lag das Plus bei 0,4 Prozent (nach einem Minus von 5,2 Prozent) und 2021 lag das Plus nach einem Minus von 6,5 Prozent sogar bei satten 13 Prozent.
„Dass sich die Steuereinnahmen in der Pandemie so viel dynamischer entwickelt haben als in der Finanzkrise, liegt zum einen an den unterschiedlichen Ursachen der Krisen. Zum anderen aber auch an den Reaktionen der Politik, die in der Pandemie sehr viel entschlossener umfangreichere Maßnahmen ergriffen hat“, erläutert DIW-Studienautorin Kristina van Deuverden. „Offensichtlich haben die Unternehmen nicht damit gerechnet, dass diese Maßnahmen die Wirtschaft so gut stabilisieren und das führt jetzt zu Nachzahlungen.“
Roland Krieg
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