Heimischen Ökomarkt nutzen
Handel
Zahlungsbereitschaft für zertifizierte Produkte in EW
Der weltweite Ökomarkt ist auf den Export nach
Nordamerika und Westeuropa ausgerichtet. Immer wieder befragen die
Marketingexperten die Konsumenten, ob sie bereit wären, mehr Geld für Produkte
auszugeben, die bestimmte Umwelt- Tierhaltungs- oder Produktionsstandards erfüllen.
Doch wie sieht es in den Ländern selbst aus, aus denen
viele Ökoprodukte stammen?
Fair gehandelter gelber Chili
Jacqueline Garcia-Yi vom Institut Umweltökonomie und Welthandel
an der Universität Hannover hat sich in Peru genau dieser Fragestellung
gewidmet und ihre Ergebnisse auf dem Tropentag 2011 in Bonn vorgestellt.
Die Produzenten des beliebten gelben Chilis lassen sich
zertifizieren, wenn sie ihre Produkte auf dem Weltmarkt verkaufen. Produzenten für
den heimischen Markt hingegen besitzen keine Zertifikate. Doch, so Garcia-Yin,
die Nachfrage nach fairen oder ökologischen sowie Produkten aus der
integrierten Produktion durchdringt mittlerweile auch die Konsumenten in den
Entwicklungs- und Schwellenländern.
Mit drei verschiedenen Produktionsarten hat sie
Peruaner nach ihren Zahlungsbereitschaften gefragt. Wären sie gewillt, mehr zu
bezahlen, wenn die gelben Chilis umweltfreundlich, ohne Pflanzenschutzmittel
oder für einen fairen Preis verkauft würden? Das Ergebnis ist eigentlich nicht
überraschend, denn moralische Werte und Vorstellungen sind universell und
weniger kulturspezifisch. In allen drei Fällen wären die Peruaner bereit, mehr
zu bezahlen. Die Zahlungsbereitschaft für den Anbau ohne Pflanzenschutzmittel
ist allerdings doppelt so hoch wie für Umwelt- oder Sozialstandards.
Garcia-Yin hat auch hingeschaut, wer einen Mehrpreis
bezahlen würde: Die junge Generation, die eine gute Ausbildung hinter sich hat
und über ein höheres Einkommen verfügt.
Für die heimischen Chiliproduzenten müsse dann die
Marketingstrategie lauten, Chili ohne Pflanzenschutzmittel anzubauen, um einen
höheren Erlös zu erzielen. Die Studie zeigt aber auch: Steigt der Wohlstand,
steigen die Ansprüche und stellen die Bauern auf neue Märkte um.
Wertbewusst
Solche Studien sind derzeit noch rar und eine Schwalbe
macht noch keinen Sommer. Mesfin Tilahun von der Katholischen Universität Leuven
in Belgien hat aber in Äthiopien vergleichbare Ergebnisse erzielt.
Weihrauch der Boswellia papyrifera Wälder in Afrika
wird als Medikament, in der Kosmetik und für religiöse Rituale eingesetzt. Doch
die Waldbestände sind bedroht. Meshin Tilahun hat Bauern befragt, ob sie zum
Erhalt der Wälder auch mehr für das Weihrauch-Produkt, das in der äthiopischen
Kaffeezeremonie eine Rolle besitzt, bezahlen würden und sogar Arbeitszeit zur
Verfügung stellen würden. Im Jahr 2007 wurden rund 4.500 Tonnen dieses
Weihrauchs (Frankincense) im Wert von fünf Millionen US-Dollar exportiert.
Und in der Tat waren die Äthiopier auch bereit, ein
Extrageld für den Erhalt der Wälder zu bezahlen. Selbst die Familien, die keine
Boswellia-Wälder besitzen, sind bereit Arbeitszeit für den Erhalt zu leisten.
Bemerkenswert, denn Äthiopien gilt nicht als reiches Land.
Mesfin Tilahun folgert sogar noch weiter: Die
Bereitschaft für freiwillige Arbeitsleistung kann als Maßstab herangezogen
werden, welchen Wert die Menschen auch nicht-marktfähigen Umweltleistungen
bemessen würden.
Lesestoff:
Auftakt Tropentag
Kleine Schritte mit großen Erfolgen
Roland Krieg