Holz - Der richtige Weg

Handel

Mutige Einschlagpolitik gefordert

Die Konferenzreihe „Zukunft ländlicher Räume“ fokussierte letzte Woche in Münster die „Wirtschaft in ländlichen Räumen“. Dieser zweite Teil berichtet über das Forum „Forst- und Holzwirtschaft“.

Holzvorratseuropameister
Holz ist einer der traditionsreichsten Rohstoffe, der von den Menschen schon immer genutzt wurde und seit kurzem eine Renaissance erfährt: Vom Pellet bis zum Dekortisch präsentiert sich Holz auf unterschiedlichster Weise. Doch noch immer zu wenig. Ein Drittel des Rohholzpotenzials bleibt ungenutzt. Deutschland ist Europameister, was den Holzvorrat angeht, führte Prof. Dr. Carsten Thoroe von der Bundesanstalt für Forts- und Holzwirtschaft (BFH) in Hamburg aus. Die wirtschaftliche Bedeutung des Holzes ist in den letzten Jahren kräftig angestiegen. 12,6 Millionen Beschäftigte arbeiten entlang der Wertschöpfungskette Holz. Das sind im Cluster Forst und Holz 3,2 Prozent aller deutschen Erwerbstätigen, oder 12,3 Prozent der im produzierenden Gewerbe tätigen oder 16,5 Prozent der in der verarbeitenden Industrie tätigen. Zusammen erwirtschaften sie 154 Milliarden Euro Umsatz – aber nur, weil mittlerweile in dem Cluster auch die Nicht-Holz-Leistungskomponenten hinzugenommen wurde. Dazu zählen eben auch Druckereien und das Verlagsgewerbe. Hamburg hat es damit auf den fünften Umsatzrang aller Bundesländer geschafft.

Der Münchener Waldbauprofessor und Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität Karl Gayer (1822 – 1907) hatte bereits im 19. Jh. vor den Folgen der Monokulturen gewarnt und Mischwälder gefordert. Er gilt daher als einer der Pioniere naturnaher Waldbewirtschaftung. Am 01. März gibt es daher um 10:00 Uhr an der Ludwig-Maximilians-Universität eine Gedenkveranstaltung des Bayrischen Forstvereins zum 100. Todestag von Karl Gayer. Forstminister Josef Miller wird daran teilnehmen und zum Klimawandel und dem erforderlichen Waldumbau Stellung nehmen. Die Veranstaltung ist im Hörsaal 1 des Historicums, Amalienstraße 52.
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Die Wertschöpfung wird entlang des Cluster höher, je stärker der Nicht-Holz-Anteil steigt, so Prof. Thoroe. Je höher der Verarbeitungsgrad in der Region, desto mehr kommt es der Region auch zugute. So stehen Broschüren im Wertschöpfungswettbewerb zum Brennholz. Clusteranalysen können Rohholzmobilisierungen für eine Entspannung in der Nutzungskonkurrenz offenbaren. Dabei könnten einerseits die Waldflächen für mehr Holzgewinnung ausgedehnt, oder neue Sortimente genutzt werden: „Wir müssen sehen, dass wir zukünftige Märkte erschließen.“ Das ist die Devise der Forstleute, für die FFH-Gebiete aus forstwirtschaftlicher Sicht Mobilisierungshemmnisse sind.

Holz gegen Stahl
Wer einen Doppel-T-Stahlträger mit einem Kantholz vergleicht, der wird noch feststellen, dass Stahl kostengünstiger als Holz ist. Weniger Material und gegenüber dem einfachen Ausgangsprodukt eine 7,5-fach höhere Tragkapazität. Aus einem runden Baumstamm ein kantiges Bauholz zu machen, erzeugt rund 40 Prozent Restholz und liefert nur wenig verformbaren Baustoff.
Das liegt daran, weil Holz wabenförmig aufgebaut ist, erklärte Prof. Dr. Peer Haller von der Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden. Er ist angetreten, um mit seinem Profilholz, für das er bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, Holz wieder konkurrenzfähig zu machen. Bei ihm wird jeder Millimeter Holz bei 140 bis 160 °C eine Minute lang verdichtet. Das erhöht die Tragfähigkeit bereits enorm. Er kann den Vorgang sogar teilweise wieder rückgängig machen. Wie bei einem Fächer nur auf einer Seite, bis das verdichtete Holz zu einem Rohr gebogen werden kann. Dann trägt ein mannshohes Rohrholzprofil 50 Tonnen Gewicht und wird leicht, kompakt und tragfähig zu einer echten Alternative zu Stahl, für dessen Gewinnung große Mengen fossiler Energie eingesetzt werden. Die Dresdner Formholzprofile können sogar als Verbundwerkstoff Verwendung finden: Mit eingearbeitetem Carbon oder eingewebten Glasfasern.

30 Mio. m3 mehr
Aus der Sicht der Sägewerke hat Dr. Christian Duschl von der Pöyry Forest Industry Consulting aus Freising die Potenziale und Nachfrageentwicklung aus seiner Studie für das BFH zusammengestellt.
Die Nadelholzsäger verarbeiten rund 31,7 Mio. m3 im Jahr. Davon entfallen sieben Millionen auf kleinere Sägewerke mit unter 50.000 Kubikmeter Jahresschnitt. In Bau oder Planung befinden sich Deutschland Sägewerke für weitere sechs Mio. Kubikmeter Nadelholz.
Laubholzsäger mit einem Jahresdurchschnitt von über 20.000 Wertschöpfung HolzKubikmeter haben zusammen einen Jahresverbrauch von 1,6 Mio. m3 Buche und Eiche. Die Buchensperrholzwerke fragen jährlich rund 0,2 Mio. m3 Laubstammholz nach. Hier schneiden kleinere Sägewerke mit weniger als 20.000 Kubik Jahresleistung insgesamt mehr nach als die wenigen großen: 1,8 Mio. Kubikmeter Laubholz. Hier entstehen durch Neuinvestitionen weitere Kapazitäten von 1,1 Mio. Kubikmetern.
Mit einem Vergleich der beiden Bundeswaldinventuren ( 2001 bis 2005 gegenüber dem Zeitraum 2008 bis 2012) konnte Dr. Duschl zeigen, dass auf der Angebotsseite Mehrmengen von 16 Millionen Kubikmeter pro Jahr genutzt werden können. Werden die Altholzbestände der Nadelwälder mit Umtriebszeiten von 100 oder 80 Jahren hinzugezählt, dann stünden weitere 14 Mio. Kubikmeter zur Verfügung.
Während die Sägewerke sich also auf höhere Kapazitäten einstellen, wird vom Forstexperten ein „mutigeres Einschlagverhalten“ der Waldbesitzer gefordert. Denn es ist nicht nur genug Holz vorhanden, sondern: Die Holzknappheit bei der Anlieferung beschleunige den Strukturwandel der Sägewerke. Vor allem beim Generationswechsel wandern dann Sägekapazitäten zu größeren Werken hin.

Einkommensquelle Schnellwuchsholz
Erste Versuche mit dem Anbau von Pappeln im Kurzumtrieb wurden bereits 1976 im Wesertal in der Nähe von Hann. Münden gemacht. Was allerdings in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt, gehört woanders bereits zum Alltag. In Schweden werden auf 16.000 Hektar Weiden und in Italien auf 3.000 ha Pappeln gezielt für die Holzgewinnung „angebaut“. Die beiden Bäume haben sich als die besten Rohholzlieferanten in unserem Klima bewährt, sagte Dr. Martin Hofmann vom Kompetenzzentrum Hessen-Rohstoffe e.V. in Witzenhausen. Aber auch Erlen, Birken und Robinien eigneten sich. Die genutzten Pappeln und Weiden haben sich zudem bereits durch züchterische Bearbeitung in der Vergangenheit von der ursprünglichen Wildform entfernt und weisen in der Jugendentwicklung bereits die höchsten Ertragsmengen auf.
Pappeln werden vegetativ vermehrt. Die etwa 20 cm langen Stöcke werden in dieser Jahreszeit geschnitten und können mit 16.000 Stecklingen je Hektar flächig ausgebracht werden. Dazu kommen ganz normale Pflanzmaschinen ohne Umbau zum Einsatz. Für einen Hektar benötigen die Geräte lediglich zwei Stunden Arbeit.
Kulturen können bis zu 30 Jahre genutzt werden und treiben auf den Stecklingen immer wieder aus. Geerntet werden kann mit extra entwickelten Selbstfahrgeräten, die durch den Stangenwald wie bei einer Maisernte fahren, oder durch verschieden modifizierte existierende Geräte.
Wird in einem dreijährigen Rhythmus achtmal geerntet, können ansteigend 10 bis 14 Tonnen Trockenmasse je Hektar eingefahren werden. Bei einem sechsprozentigen Ernteverlust und handelsüblichen Zinsansätzen schafft eine Pappelplantage bereits den gleichen Deckungsbeitrag je Hektar wie eine Weizenfruchtfolge.
Ein Selbstläufer ist der Energieanbau jedoch nicht. Werden die Stecklinge flächig angebaut und nicht als Streifen oder Hecke, dann ist auch eine mechanische und chemische Begleitwuchskontrolle erforderlich. Zudem müssen nach Dr. Hofmann noch weitere Limitationen bedacht werden: Der Wuchs und der Ertrag sind eng an die Standortbedingungen gebunden, die Anzahl wirtschaftlich verwertbarer Genotypen ist gering und Pilzbefall kann zu einem Problem werden. Auf der anderen Seite sind die mehrjährigen Kulturen auch bei kurzen Umtrieben von drei bis vier Jahren weniger witterungsanfällig, weil sie ein schlechtes Jahr im nächsten wieder ausgleichen können.

Schadenfall Kyrill
Auf der Pressekonferenz trug Landwirtschaftsminister Eckhard Uhlenberg aus NRW noch einmal den Schaden des Orkans Kyrill zusammen. Schäden sind regional sehr unterschiedlich. In Südwestfalen sind mit rund 25 Millionen geknickter Bäume etwa 80 Prozent des Schadens in NRW. Bis zu 10 Millionen Festmeter müssen jetzt schleunigst aus dem Wald geholt werden, bevor sich im Frühjahr der Borkenkäfer einnisten kann. In Arnsberg hat NRW deshalb ein Kommunikationszentrum eingerichtet, in dem jeden Montag die aktuelle Lage zusammengetragen wird und sich Waldbesitzer Rat holen können. Als nächste große Aufgabe steht den Waldbesitzern die Wiederaufforstung ins Haus, wobei sich NRW beim Bundeslandwirtschaftsministerium bemüht, dass das Geld aus den jetzigen Verkäufen nicht im nächsten Jahr der Steuer zum Opfer fällt – und damit die Wiederaufforstung in Gefahr gerät. Schließlich müssen nach Beseitigung des Schadholzes auch noch die dann „zertrümmerten Wege“ wieder hergestellt werden.

Wanderwege wieder frei
Vier Wochen nach Kyrill hat das Landwirtschaftsministerium Thüringen am Freitag verkündet, dass die wichtigsten Wanderwege des Thüringer Wald und Schiefergebirges sowie des Vogtlandes und der Rhön wieder frei geschnitten sind. Allein im Staatswald Thüringen wurden mehr als 100.000 Festmeter Sturmholz aufbereitet und liegen zu 50 Prozent bereits abholbereit am Waldweg. Thüringen hat auf 4.400 ha Flächenschäden gemeldet, aber auf über 155.000 ha Waldfläche verstreute Brüche und Windwürfe. Auch diese „müssen unbedingt aufgearbeitet werden. Denn daraus kann sich sonst im Verlauf des Jahres eine Borkenkäferkalamität mit katastrophalen Folgen entwickeln.“
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Lesestoff:
Weitere Informationen gibt es zu dem Thema unter anderem bei:
www.bfafh.de
www.bundeswaldinventur.de
www.tu-dresden.de/biwibh/holzbau/start-forschung.html
www.nawaro-hessen.de

Roland Krieg, Grafik: Deutscher Bauernverband

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