Hot Spot Indien

Handel

Die Magie der Konsumentenzahlen

Indien gilt mit einer Milliarde Menschen als einer der beiden großen Wachstumsmärkte der Welt. Die Magie, die von der großen Zahl an Verbraucher ausgeht, weckt Begehrlichkeiten, auf den Subkontinent zu exportieren. Seit Mitte 2007 gibt es eine bilaterale Arbeitsgruppe für Agrarfragen zwischen Indien und Deutschland im Bundeslandwirtschaftsministerium. Seit zwei Wochen hat Deutschland einen Agrarattaché in Delhi.
Allerdings ist es noch immer leichter nach Indien zu reisen, als dorthin zu exportieren.

Wertschöpfung Export
Die deutsche Ernährungsindustrie exportiert Waren im Wert von 36,6 Milliarden Euro. Dabei nimmt aber der europäische Binnenmarkt bereits 90 Prozent auf. Nach Amerika und Asien werden nur etwa vier Prozent, nach Afrika zwei Prozent exportiert, beschreibt Dr. Gesa Koglin von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie auf dem Indien-Symposium der Grünen Woche in Berlin. Nach Indien gehen Waren im Wert von etwa 20 Millionen.
Das Wachstum der Branche resultiert fast ausschließlich durch den Export. Hier sind die Zuwachsraten mit 18 Prozent mehr als Doppelt so hoch wie im Handel mit dem europäischen Ausland. Als Drittlandsmarkt ist Indien schon alleine wegen der großen Zahl Verbraucher interessant.
Aber auch qualitativ hat Indien einiges zu bieten. Der Global Retail Index von AT Kearney weist Indien mit den Parametern ökonomische und politische Stabilität als Land mit geringem Investitionsrisiko aus. Die Märkte sind attraktiv, der Markt nicht gesättigt und der Zeitdruck zum Handeln nicht all zu groß. Das verfügbare Einkommen des Durchschnittsinders stieg zwischen 2003 und 2007 von 311 auf 486 Euro, das Bruttoinlandsprodukt je Kopf von 484 auf 741 Euro im Jahr.

German Taste
Wenn der indische Konsument Geld hat, dann orientiert er sich auch an westlichen Waren, denn er ist sehr experimentierfreudig, beschreibt Sanjai Dev Jena von der Marketingagentur BBDO aus Berlin. Double Income No Kids: Die DINKS werden auch in Indien immer mehr. Mobilität und kleinere Haushalte durch wachsenden Wohlstand, lange Arbeitszeiten, doppeltes Einkommen: In den Städten wollen die Menschen Convenience-Produkte. Inder lernen durch Reisen die ausländische Küche kennen und wollen zu Hause die Produkte weiter genießen. Und die deutsche Küche ist mittlerweile mehr als Sauerkraut und Bier. Chefköche nutzen bereits Schweineschnitzel, Pumpernickel, Schwarzbrot oder Spätzle, um deutsche Genüsse bekannter zu machen.
Während der Weltmeisterschaft hatte die Centrale Marketing-Agentur der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) in neun Städten mit Erfolg "German Taste Festivals" durchgeführt. Die Städte stehen auch im Fokus des Verkaufsinteresses. Adressierbar für deutsche Produkte sind in Indien rund 20 Millionen Menschen, etwa fünf Millionen Haushalte.

Magie der Zahlen
So groß der Markt durch die Konsumentenzahl auch erscheint – so wenig bleiben übrig, wenn Aruna Rangachar Pohl vom Center for Research & Applied Food Technologies in Bangalore die Lupe anlegt. Sie beschreibt, dass von einer Milliarde möglicher Konsumenten nur etwa 300 Millionen infrage kommen, die auch die finanziellen Möglichkeiten der aufkommenden Mittelschicht aufweisen, deutsche Produkte zu kaufen. Bei Berücksichtigung von ethnischen, religiösen und infrastrukturellen Aspekten, verkleinert sich der Zukunftsmarkt auf nur noch 30 Millionen Menschen.

Vom Hafen zum Verbraucher
Der Weg, die Ware nach Indien zu verschiffen, bedeutet aber noch lange nicht, dass die Ware den Verbraucher auch erreicht. Indien legt Importzölle in Höhe zwischen 30 und 100 Prozent auf die Produkte. Produkte müssen mit einem grünen Punkt für vegetarische Kost und mit einem roten Punkt für Inhalte tierischen Ursprungs gekennzeichnet werden. Nicht jeder Hafen hat auch die Verwaltung, die Produkte in das Land zu lassen. In einem falschen Hafen gelöscht, kann das Ende des Containers bedeuten.
Exporteure müssen sich vorher darüber informieren, in welchen Bundesländern ihre Ware verkauft werden darf. Die Importgenehmigung für den Süden bedeutet nicht automatisch, dass die Ware auch im Norden verkauft werden darf.
Indische Händler nehmen meist nur geringe Mengen zum Testen ab. Da kann ein ganzer Container bereits überdimensioniert sein. Und: Tiefgefrorene Ware hat bessere Chancen, den Verbraucher zu erreichen, als gekühlte: Kleine Händler schalten nachts mitunter die Kühlgeräte ab, um Strom zu sparen! Aber die Tiefkühlkette funktioniert, beruhigt Rangachar Pohl.

Nur für ernsthafte Interessenten
Der Exportweg nach Indien ist steiniger als die Statistik auszuweisen scheint. Das Wachstum der interessanten Konsumentenschicht aber bringt Indien immer wieder auf die Agenda. Und wer genau hinsieht, seine Chancen erkennt der hat Erfolg: Mit einem indischen Agenten auf seiner Seite. Die Verwaltungspapiere, die Behördengänge und die Feinheiten des indischen Marktes kennen die Agenten vor Ort genau. Diese Hilfe vor Ort ist unbezahlbar.

Lesestoff:
Ende März, Anfang April wird die Seite www.guten-appetit-india.com ganz fertig sein. Heute bereits können Sie sich einige Trailer anschauen, wie die deutsche Küche dem asiatischen Subkontinent schmackhaft gemacht werden soll.

roRo

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