Impulse durch EU-Kanada-Abkommen

Handel

Verhandlungen über Freihandelsabkommen EU-Kanada

Am Freitag haben sich EU-Präsident José Manuel Barroso und der kanadische Premierminister Stephen Harper nach vier Verhandlungsjahren auf die Schlüsselelemente eines Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada verständigt. Für die EU wäre es das erste Abkommen mit einem G8-Land und soll 99 Prozent der Zölle zwischen beiden Regionen aufheben. Kanada hat vor allem die Beschränkungen für Ausschreibungen im öffentlichen Beschaffungswesen angekündigt – und zwar auch weit unterhalb der Regierungsebene, was vor allem Dienstleistern in der EU neue Märkte erschließt.
Nach Abschluss soll der Handel zwischen beiden Wirtschaftsregionen um 23 Prozent oder 26 Milliarden Euro steigen. Die EU hat ein Plus für ihr Bruttosozialprodukt in Höhe von jährlich 12 Milliarden Dollar errechnet. Nach Barroso ist Kanada auch ein wichtiger Schritt in den ganzen nordamerikanischen Markt. Neben den Zollsenkungen wird das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) vor allem den Markt für Dienst- und Finanzleistungen, Telekommunikation, Energie und Transport öffnen. Im Bereich der geistigen Eigentumsrechte näherten sich Kanada und die EU einander an, so dass vor allem die Pharmaindustrie und Agrarwaren mit geschützten geografischen Angaben besser geschützt werden. Der Ministerrat und das Europäische Parlament müssen dem Abkommen noch zustimmen.

Handelsvolumen

Kanada steht auf Platz 12 der wichtigen EU-Handelspartner und nimmt rund 1,8 Prozent des europäischen Außenhandels auf. Für die Kanadier ist die EU nach den USA mit einem Anteil von 10,4 Prozent der zweitwichtigste Handelspartner. Das Handelsvolumen betrug im letzten Jahr 61,8 Milliarden Euro. Am meisten wurden Maschinen, Transportausstattung und Chemikalien gehandelt. Investitionen sind wesentlich umfangreicher. Die EU halten etwa 220 Milliarden, umgekehrt die Kanadier 140 Milliarden Euro Investments in der anderen Wirtschaftsregion.

Reaktionen

Dem Abschluss steht Stefan Mair, Mitglied in der Geschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, positiv gegenüber und erwartet mehr: „Das muss auch die laufenden Verhandlungen mit den USA beflügeln.“ Das Handelsvolumen zwischen Kanada und Deutschland beläuft sich auf 14 Milliarden Euro. Kanada ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Allein 2012 stieg der Export nach Kanada um 22 Prozent. „Mit dem Abbau von Handelsbarrieren erwarten wir einen weiteren Auftrieb für unsere Handelsbeziehungen.“
Optimistisch zeigt sich auch die Europäische Milchvereinigung (EDA). Auch wenn die kanadische Regierung noch zustimmen muss, so können die Europäer 18.000 Tonnen mehr Käse nach Kanada liefern. Der Anstieg in der Lieferquote spiegele zwar lediglich nur 0,3 Prozent der jährlichen EU-Käseproduktion wider, doch nach Alexander Anton, Generalsekretär der EDA, sendet die EU mit dem Verhandlungsergebnis ein deutliches Signal an die Milchwirtschaft, wohin sich der Milchmarkt in der EU künftig bewegen muss. Der Milchmarkt sei einer der innovativsten und wettbewerbsfähigsten: „Wir vertrauen der EU, dass sie mit ihrer künftigen Politik den Dynamik im Milchsektor weiter tragen wird“, so Anton.

FTA-ritis

Je mehr Freihandelsabkommen abgeschlossen werden, desto kleiner wird die Chance für einen multilateralen Ansatz innerhalb der WTO. Im Dezember wird die Doha-Runde auf Bali weiter verhandelt.
Schneller geht es bilateral. Der EU-Rat hat am Freitag ein Mandat für ein Freihandelsabkommen mit China erteilt. Das soll in zweieinhalb Jahren abgeschlossen sein und schützt vor allem gegenseitige Investitionen. Das öffne beide Märkte.


Rot: Länder mit aktiven FTA, Dunkelgrün: FTA in Verhandlungen oder noch offenem Abschluss der Verhandlungen, Ocker: Länder, mit denen die EU ein FTA erwägt

Ein zweites Mandat eröffnet weitere Verhandlungen mit Ländern aus dem ASEAN, der asiatischen Wirtschaftsgemeinschaft. Aktuell verhandelt die EU mit Malaysia, Thailand, Singapur und Vietnam. Mit Singapur sind trotz Abschlusses im letzten Jahr noch die Verhandlungen über Eigentumsrechte offen. Die Verhandlungen mit der ganzen ASEAN-Region wurden bereits im Juni 2007 gestartet, wurden aber 2009 ausgesetzt. Seitdem werden die Verhandlungen mit einzelnen Mitgliedsländern geführt. Seit Freitag geht es auch um Investitionsabkommen mit einzelnen Ländern, ohne die Vision ein Freihandelsabkommen mit dem ganzen ASEAN aus den Augen zu verlieren.

Roland Krieg; Grafik: EU-Kommission

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