Investitionsfaszilität für AKP-Staaten
Handel
Beispiel Mikrofinanzierung in Haiti
37 Sekunden haben Haiti im Januar 2010 verändert. Vor über sechs Jahren hat ein starkes Erdbeben die Hauptstadt Port-au-Prince in weiten Teilen zerstört. 220.000 Menschen starben und mehr als drei Millionen Haitianer wurden obdachlos. Noch heute fehlen in Aushilfssiedlungen Wasser, Kanalisation und Strom. Eines der ärmsten Länder der Welt lebt noch immer im Ausnahmezustand.
Die EU hat einem Mikrofinanzinstitut eine Kreditlinie für die Unterstützung von einzelnen Unternehmen und Kleinstfirmen gewährt. Mit drei Millionen Euro konnte das Institut ein neues Darlehensportfolio auflegen und Firmen aus den Bereichen Handwerk, Handel und Dienstleistungen unterstützen. Die drei Millionen Euro wurden in Landeswährung ausgezahlt, so dass die Gelder nicht dem Risiko des Wechselkurses unterliegen.
Investitionsfaszilität für AKP-Staaten
Das ist ein Beispiel aus der Investitionsfaszilität für AKP-Staaten. Die Länder aus Afrika, der Karibik und dem Pazifischen Raum (AKP) waren allesamt einstige Kolonialländer Europas und genießen im Verhältnis zur EU einen Sonderstatus. Cotonou ist das ökonomische Zentrum Benins in Westafrika. Dort haben die EU und 79 AKP-Staaten am 23. Juni 2000 mit dem Cotonou-Abkommen ein Partnerschaftsabkommen (Folgeabkommen von Lomé) unterzeichnet, das derzeit bis 2020 den Rahmen für die Entwicklungshilfe vorgibt. Drei Jahre später wurde die Investitionsfaszilität (IF) eingerichtet. Das sind revolvierende Fonds, bei denen Rückflüsse aus Darlehen wieder in die IF zurückfließen. Die Einrichtung der Europäischen Investitionsbank (EIB), die den IF mit eigenen Mitteln ausstattet, resultiert aus der Erkenntnis, dass private Gelder die Entwicklung schneller voranbringen. In zehn Jahren wurden 3,363 Milliarden Euro an die AKP-Länder verausgabt. 2013 wurde der IF um weitere 500 Millionen Euro erhöht. Die Gelder sollen weitere Investitionen auslösen und damit als Katalysator dienen. So wurden 150 Millionen Euro für die Errichtung des Turkana-See-Windenergieparks in Kenia investiert, die weitere Mittel für die Finanzierung mit insgesamt 623 Millionen Euro auslösten. Weitere Segmente sind Infrastrukturprojekte oder Städtische Entwicklung sowie Beteiligungskapital.
Rechnungshofbericht
Der Europäische Rechnungshof stellte für einen
Sonderbericht die Frage, ob die AKP-Investitionsfaszilität auch tatsächlich
einen Mehrwert bringt und kam im November 2015 zu einem positiven Ergebnis. Es
wurden Projekte aus den Jahren 2011 bis 2014 in Tansania, Uganda, Kamerun,
Malawi, Mauritius und Haiti untersucht. Klaus-Heiner Lehne, Berichterstatter am
Rechnungshof für diesen Report, stellte am Mittwoch im EU-Entwicklungsausschuss
noch einmal die Ergebnisse vor. Sowohl die Auszahlung der Gelder in
Landeswährung zur Vermeidung des Wechselkursrisikos als auch
Multiplikatoreffekte sind in den untersuchten Projekten eingetreten. Die
Projekte lassen sich mit den Entwicklungszielen der EU vereinbaren. „Unser
Gesamteindruck war sehr gut. Die African Development Bank hat gut
mitgearbeitet.“ Denn, so Lehne, die meisten Gelder gehen nach Afrika. Der
Sonderbericht 14/2015 ist einer der wenigen Berichte, die einem untersuchten
Thema recht viele positive Effekte bescheinigt.
Mittelverwendung
aus der Investitionsfaszilität für
AKP-Staaten 2011 bis 2014;Q: Sonderbericht
des Europäischen Rechnungshofes
Es gab nur zwei Mängel, die sich in den Empfehlungen niedergeschlagen haben. Zum einen wissen die Empfänger gar nicht, vom wem sie die Hilfe bekommen, zum anderen sollte die EIB ergänzend zur finanziellen auch technische Hilfe für Lösungen anbieten.
Enger zusammenarbeiten
Der Entwicklungsausschuss will künftig mit dem Rechnungshof enger zusammenarbeiten, hieß es am Mittwoch. Es gab nur wenige kritische Fragen. So sollte der Rechnungshof die Wirkungseffekte einmal überprüfen, wie sie sich ohne EIB entwickelt hätten. Dazu fehlte den Rechnungsprüfern schlicht die Datenbasis, erklärte Lehne.
Lehne stellte auch doch einmal klar, dass die EU verschiedene Säulen der Entwicklungshilfe hat. Neben der direkten Projekthilfe gewährt sie eine Budgethilfe, die sie als Druckmittel bei Menschenrechtsfragen einsetzt. In wenigen Jahren muss Cotonou verlängert werden. Im Mittelpunkt steht der Artikel 96, nach dem beide Seiten die Einhaltung der Menschenrechte sicher stellen. Sonst gibt es Sanktionen. Seit 2000 wurde der Artikel 96 insgesamt 15 Mal angewandt. Zuletzt Ende 2015 das Verfahren gegen Burundi. Im Fall von Guinea-Bissau wurde die Entwicklungshilfe 2011 ausgesetzt und die politische Situation alle sechs Monate bis zu den freien Wahlen 2014 überprüft. Erst seit einem Jahr erhält das westafrikanische Land wieder die volle Hilfe. Und als dritte Säule steht die IF zur Verfügung.
Diese Säulen sind nicht zu vermischen. Sie haben alle ihre Berechtigungen, passen mal hier, mal dort, mal gar nicht, oder können auch nebeneinander angewandt werden, erklärte Lehne. Kritikpunkte der Europaabgeordneten wie schlechte Regierungsführung und mangelhafter Finanzrahmen passen daher nicht in die Bewertung des IF, sondern in den Rahmen der Budgethilfe.
Eine Klarstellung und der Ausbau des Cotonou-Abkommens sind für die Grünenabgeordnete Maria Heubuch bedeutend. „Die Entwicklungshilfe brauchen wir mehr denn je!“
Lesestoff:
Roland Krieg