Investorenschutz-Debatte nach EU-Konsultation

Handel

Investorenschutz im TTIP: Vielleicht, reformiert oder gar nicht

Nachdem die EU im Frühjahr eine öffentliche Konsultation zum Investorenschutz im transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP gestartet hat [1], stellte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Dienstag die Ergebnisse vor.

Umstritten seit Auftritt USA

Investorenschutzklauseln gibt es weltweit in rund 1.400 Handelsabkommen zwischen EU-Ländern und Drittstaaten. Alleine Deutschland hat 130 Verträge ratifiziert, die solche Klauseln beinhalten. Aktuell sind sie im Paket mit Kanada ebenfalls vorhanden [2]. So richtig gestritten wird über das investor-to-state dispute settlement (ISDS) erst, seitdem die USA als Partner aufgetreten sind.

Der Kern aller bisherigen ISDS-Klauseln spiegelt sich in vier Punkten wider. So dürfen ausländische Unternehmen nicht gegenüber einheimischen Firmen mit unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen oder verschiedener Umweltgesetzgebung diskriminiert werden. Eine Enteignung darf nur bei einem vernünftigen Grund und gegen Entschädigung vorgenommen werden. Undeutlich klingt die Forderung nach einer „fairen und billigen Behandlung“ von Ausländern nach dem Völkerrecht der Gleichheit aller Menschen. Zudem muss Kapital der Firma ungehindert in und wieder aus dem Land fließen dürfen.

Lange waren diese Kernpunkte nicht strittig und treten erst seit Verschiebung der Warenströme quer über alle Kontinente auf. So auch in Deutschland, als Vattenfall gegen die Bundesregierung Klage wegen des Atomausstiegs erhob. Berühmt ist auch der Fall von Philip Morris, die gegen Australien zu Felde zieht, weil im Rahmen der Nichtraucherkampagne die Zigarettenschachteln nur noch ohne Markenzeichen verkauft werden dürfen. Da wird das Kamel quasi enteignet. Jetzt geht die Furcht um, dass Firmen über Schiedsgerichte mühsam errungene Umweltregeln umgehen können.

Das ist der Kommission schon länger ein Dorn im Auge und daher bereits gewillt, das Thema auf die Agenda zu setzen. Im CETA ist bereits eine reformierte ISDS-Fassung eingearbeitet.

Ablehnung auf breiter Front

Daher ist die Konsultation am Ende vielleicht keine Überraschung. Auch nicht das Ergebnis. 149.399 Antworten hat es auf die Konsultationsfragen gegeben. Ein wenig schief ist das Bild schon, denn 75 Prozent der Antworten stammen aus Großbritannien (34 Prozent) und Österreich und Deutschland mit jeweils rund 22 Prozent. Zudem sind 97 Prozent der Antworten vorformulierte Negativantworten, die von TTIP-Gegnern zum Versenden angeboten wurden.

Aber es gab auch ausführliche, individuelle Antworten. Die Kommission hat in einem langen Bericht alle Ausführungen gleich bewertet und nimmt die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema ernst. Vier sensible Themen stehen an erster Stelle.

So soll das nationale Regelungsrecht geschützt bleiben. Ausländische Firmen dürfen sich nicht über nationale Verbote hinwegsetzen dürfen. Strittig ist auch das Schiedsgericht. Soll es ein internationaler Gerichtshof werden oder eine ad hoc-Einrichtung? Soll es parallel, nacheinander als höhere Instanz oder als Alternative zu nationalen Gerichten etabliert werden? Soll es nach einem Urteil die Möglichkeit für ein Berufungsverfahren geben?

Die Verhandlungen zum ISDS sind von der EU ausgesetzt und bleiben es erst einmal auch. Die Kommission will mit den Ergebnissen der Konsultation im ersten Quartal 2015 erneut mit Akteuren wie Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen und Verbänden erneut über ISDS diskutieren. Das wird TTIP um mindestens ein halbes Jahr verzögern. Am Ende kann ein nicht nur ein reformiertes und verbessertes ISDS stehen, sondern auch, was im Verhandlungsmandat mit den USA niedergeschrieben steht, auch ein Abkommen ohne ISDS. Ob die Amerikaner dabei mitziehen bleibt offen. So offen wie das Diskussionsergebnis im Sommer 2015.

Lesestoff:

Konsultation und Ergebnisbericht: http://trade.ec.europa.eu/consultations/index.cfm?consul_id=179

[1] Ankündigung der Konsultation auf Herd-und-Hof.de

[2] Europaparlament über CETA uneins

Roland Krieg

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