IPPC-Debatte und EEG
Handel
Aktuelle Stunde zum IPCC-Bericht vor leerem Haus
Die Grünen hatten im Bundestag eine aktuelle Stunde zum IPCC-Bericht über den Klimawandel [1] beantragt und waren zahlenmäßig die stärkste Partei in punkto Anwesenheit. Doch auch ihre Abgeordnetenzahl reichte am Mittwoch nicht aus, die Zahl der Besucher auf den Tribünen zu übertreffen.
Inhaltlich blieb die Debatte blass, nachdem sich alle schon am Montag zum IPCC-Bericht geäußert hatten und der Energiegipfel am Dienstagabend das EEG als „zentrale Stelle“ der Energiewende bearbeitet hat. Nicht nur in Europa hat der Klimaehrgeiz nachgelassen, wie Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks feststellte.
Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) forderte: „Die Bundesregierung muss endlich handeln.“ Andreas Jung (CDU/CSU) bestätigte: „Es ist dringende Zeit zu Handeln!“. Die Ablenkungsfaktoren sind auch klar. Jung: Ohne China und den USA geht es nicht. Beide Länder müssen ihre Blockaden für eine internationale Klimapolitik aufgeben. Edelgard Bulmahn (SPD) assistierte: Alleine geht es wirklich nicht. Das heiße aber nicht, dass sich Deutschland eine anspruchsvolle Klimapolitik sparen könne. Auch die Krise in der Ukraine dürfe nach Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nicht für fossile Ausflüchte herhalten [2]. Energieeffizienz als Antwort verringere die Importabhängigkeit von Energien.
Noch vor Ostern will Barbara Hendricks die ersten Eckpunkte ihres Sofortprogrammes an die Ressorts versenden. Die derzeitigen Maßnahmen für die Klimaziele werden diese 2020 um sieben Prozent verfehlen. Für den Herbst ist die Verabschiedung im Kabinett geplant und Deutschland könne seine Vorreiterolle in der Klimapolitik wieder deutlicher machen. Sie bremste aber auch: Ohne Zustimmung aller Ressort gehe es nicht.
Energiegipfel
Den aufregendsten Inhalt verbreitete Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg, der Sigmar Gabriel wegen seines Verhandlungsgeschickes in Brüssel als „Bundesumweltminister“ bezeichnete. Kurzfristig.
Bund und Länder, die vier statt zwei Stunden zusammen saßen, fanden einen breiten Kompromiss für die Reform des EEG. Die Industrie werde in ihrer Wettbewerbskraft nicht eingeschränkt, Eigenstromanlagen und ihre Erweiterungen bleiben von der EEG-Umlage weiterhin befreit und bis 2020 werde die Umlage aller Wahrscheinlichkeit nicht um mehr als 0,2 Prozent steigen. Dazu wird bei der Umlage für neue Eigenstromanlagen zwischen denen mit neuen und jenen mit alten Energien differenziert. Das Referenzertragsmodell wird ohne Umlagebelastung die ungünstigeren Windstandorte den Off-shore-Anlagen gleicher stellen. Beim Ausbau der Windkraft wird künftig bei Repowering-Analgen nur noch die ausgebaute und nicht die schon vorhandene Leistung für den Ausbaukorridor bewertet. Off-shore Wind soll 2020 tatsächlich seine 6,5 GW erreichen. Zusätzlich wird ein 1,2 GW-Netzanschlussbedarf als Puffer eingebaut, der aber mit der Zahl der nicht realisierten Windparks zurückgefahren wird. Die Degression für Anlagen für den Meereswind wird ab 2018 halbiert. Biomasseanlagen im Bestand und als Erweiterung werden so flexibel gehandelt, dass 2020 nicht mehr als 0,1 Cent zusätzliche Umlage herauskommen. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht betonte, dass bei der Biomasse der Flexibilisierungsbonus und der Formaldehydbonus erhalten bleiben. Der Deckel von 100 MW gelte nicht für Erweiterungsbauten: „Denn wir wollen in den kleinen überschaubaren regionalen Kreisläufen keine Großanlagen, die nur zu einer Vermaisung der Landschaft führen.“
Reaktionen
Die Deutsche Umwelthilfe hingegen glaubt nicht an eine faire Lastenverteilung, aber an eine Verteuerung des EEG. „Die Bundesregierung untergräbt mit ihren neuesten Plänen beständig die Akzeptanz für die Energiewende, indem sie Teile der Industrie noch stärker begünstigt als bisher. Deren Lasten tragen zunehmend der Verbraucher und mittelständische Unternehmen, die auf Arbeitskräfte und Energieeffizienz setzen und somit nicht in den Genuss der Vergünstigungen kommen“, so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, sieht „keine substantielle Verbesserung“ gegenüber den „Ausbaubremsen“ für neue Energien, die Gabriel in seinem Eckpunktepapier bereits vorgestellt habe. Die Maßnahmen zur Kostenbremse werden nicht greifen, weil nicht die neuen Energien die Umlage in Höhe treiben, sondern der „Umlagemechanismus im EEG“. Für diese Änderungen sind überhaupt keine Vorschläge eingegangen. Als Ergebnis des Energiegipfels bleibe nur, dass mittlerweile auch rot-grüne Länder die Ausbaubremsen mittragen und dass diese bis hin zu den Medien gefeiert werde.
Die Klimapolitikerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) argumentiert ähnlich: „„Dank der Intervention von grün regierten Ländern, gehen wir bei der EEG-Novelle einen Schritt in die richtige Richtung. Am Ziel sind wir aber noch lange nicht. Die Beratungen dürfen keinesfalls als abgeschlossen gelten. Gabriel hält nicht, was er versprochen hat: Er hat behauptet, die grundlegende EEG-Reform soll Planungssicherheit herstellen, die erneuerbaren Energien weiter ausbauen und vor allem die Kosten senken. Rausgekommen ist bisher aber: Weniger Erneuerbare für mehr Geld. Statt Kostensenkung will Schwarz-Rot die Kosten weiter einfach an Privatkunden und Mittelstand abwälzen und die Industrie befreien.“
Die Ernährungsindustrie ist auch nicht zufrieden. Wichtige Teilbranchen bei der Umlagebefreiung wie Fleisch-, Geflügel-, Mühlen-, Teigwaren-, Cerealien-, Würzmittel-, Feinkost-, Mineralbrunnen-, Zucker-, Speiseeis und die Süßwarenbranche sowie die kartoffelverarbeitende Industrie seien nicht berücksichtigt worden. Insgesamt würden rund 300 Betriebe mit 65.000 Beschäftigen aus der neuen Ausgleichsregelung fallen, teilt die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie mit.
Klimapolitik im Verkehrsausschuss
Schienenbahnen könnten künftig pauschal mit 20 Prozent der EEG-Umlage belastet werden. Diese am Mittwoch im Verkehrsausschuss geäußerte Aussage kritisiert Matthias Gastel, Sprecher für Bahnpolitik bei Bündnis 90/Die Grünen. Das wäre eine Anhebung um neun Prozentpunkte. Zudem sollen künftig die ersten drei GWh voll belastet werden, was vor allem den kleineren Bahnen nichts nütze. Demgegenüber werde der Gütertransport auf der Straße mit einer sinkenden Maut belohnt. Damit kündige die Koalition den Konsens auf, Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
Ulrich Lange, verkehrspolitischer Sprecher der (CDU/CSU), hingegen führt an, dass auch die Schienenbahn einen „verkraftbaren Beitrag zum EEG-System leisten muss“. Die 20 Prozent sind noch nicht endgültig. Lange will einen Beitrag, der den „umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene nicht stranguliert“. Es laufen noch die Ressortgespräche.
Lesestoff:
[2] Am Mittwoch tagte der EU-USA-Energierat. Thema war
unter anderem die Situation in der Ukraine. Dem Land sollte, so das
Schlussstatement, bei seiner Diversifizierung des Energieimportes geholfen
werden. Zusammen mit dem IWF soll daher an einer Rücklieferung von Erdgas und
dem Aufbau von Lagerkapazitäten gearbeitet werden. Der Rat will bei der Reform
von Naftogaz als auch bei der Einrichtung von Subventionen für Energie bei den
ärmsten der Gesellschaft mithelfen. Am Ende soll die vollständige Integration
der Ukraine in den Europäischen Energiemarkt stehen. Des Weiteren soll der
Ukraine bei dem Ausbau neuer Energien und Schaffung von Energieeffizienzen
geholfen werden. Der Rat begrüßt daher auch die Bereitschaft Moldawiens, seine
Energiesysteme mit den EU-Strukturen zu verbinden.
Im engeren Rahmen zwischen den EU und den USA soll im
TTIP die Vermarktung amerikanischen Flüssiggases zum Wohle Europas verankert
werden. www.eeas.europa.eu
Bundestag debattiert über Energiewende
Roland Krieg