Ist Börsengang schon Rohstoffspekulation?

Handel

Gegenwind für Glencore International

Rohöl und Kohle sind die beiden großen Standbeine der Schweizer Glencore International. Anfang der 1980er Jahre kamen mit der Übernahme einer holländischen Getreidehandelsfirma landwirtschaftliche Produkte wie Ölsaaten und Zucker hinzu. Der weltweit tätige Konzern konnte zwischen 2009 und 2010 sein Nettoeinkommen von 2,7 auf 3,7 Milliarden US-Dollar steigern und platzierte sich im Mai 2011 an der Londoner Börse und in Fernost. Nach Angaben des Handelsblattes1) brachten die Börsengänge dem Rohstoffkonzern rund elf Milliarden US-Dollar ein. Jetzt soll Glencore etwa 60 Milliarden US-Dollar wert sein – den Anlegern zu teuer, weswegen der aktuelle Kurs zunächst einmal unter den Ausgabepreis rutschte.

Glencore im Fokus

Das Auf und Ab der Rohstoffpreise und die derzeitige erneute Hausse bei den Agrargütern rückt alle Beteiligten in den Fokus der Kritik. Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), Mitglied im Ernährungsausschuss des Bundestages, wollte wissen, ob der Börsengang von Glencore Auswirkungen auf die Agrarrohstoffpreise hat. Da aber lediglich zum Börsengang die Rechtsform gewechselt wurde, hat dieses nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums keine Auswirkungen auf die Preisgestaltung. Der Börsengang bringe jedoch höhere Informationspflichten und daher höhere Transparenz mit sich.
Glencore teilte Herd-und-Hof.de mit, dass sie Waren auch nur zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsort im eigentlichen Handelssinne bewegen.
Wer bei den Spekulationen im Fokus steht, hat die Welthungerhilfe kürzlich auseinander dividiert, als sie die Studie „Finanzmärkte als Hungerverursacher“2) vorstellte. Die Hochschule Bremen hat die „Indexspekulanten“ als Preistreiber ausgemacht, die in den letzten Jahren zu einem um 15 Prozent höheren Getreidepreis geführt hätten.

Trotzdem in den Schlagzeilen

Am Mittwoch geriet Glencore noch wegen eines anderen Themas auf die politische Agenda. Die englische Finanzpresse3) titelte, dass die Europäische Investitionsbank (EIB) Glencores Konten eingefroren habe.
Gegenüber Herd-und-Hof.de präzisiert die EIB den Vorgang. Es geht um die Mopani Copper Mines in Sambia, die zu 73 Prozent zu Glencore gehört. Man habe durchaus gute Krediterfahrungen mit der Minengesellschaft, die bis 2016 noch einen Kredit in Höhe von 50 Millionen US-Dollar aus dem Jahr 2005 zurückzahlt. Mit dem Geld hat sie eine Entschwefelungsanlage in einer Schmelzhütte zur Emissionsreduzierung eingebaut. Die Kreditvergabe an Mopani folgte den EU-Entwicklungsrichtlinien, Export- und Steuereinnahmen zu generieren und positive Auswirkungen auf Arbeitsplätze zu haben. Nun aber hat die EIB das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) eingeschaltet, weil das internationale Auditorenteam von Grant Thornton und Econ Pöyry Unstimmigkeiten bei der Steuererklärung entdeckt habe. Solange die Untersuchung währt, so der Sprecher der EIB, werden keine neuen Finanzierungsgelder an Mopani vergeben. Aktuelle Kredite zum einfrieren gibt es nicht.
Möglicherweise müssten ausstehende Raten früher zurückbezahlt werden.
In Sambia köchelt das Thema schon länger. Noch bevor der Steuerbericht fertig war, beklagte Yamfwa Mukanga, sambischer Parlamentarier aus dem District Mufulira, wo die Mine angesiedelt ist, die Steuerhinterziehung, während die Region dringend Gelder für den Ausbau der Infrastruktur brauche4).

Lesestoff:
1) Handelsblatt 26.05.11
2) Niebel und Aigner wollen Rohstoffspekulationen eindämmen
3) www.thisismoney.co.uk 01.06.2011
4) www.postzambia.com 16.02.2011

Roland Krieg

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