Ist Krebs ein Bergbaufolgeschaden?

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Fracking ist nicht gleich Fracking

„Ein generelles Verbot von Hydraulic Fracking erscheint auf der Basis von wissenschaftlichen und technischen Fakten nicht begründbar.“ Das ist ein zentrales Fazit der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), die im September ihr Gutachten für die Gewinnung von Schiefergas vorgestellt hat [1]. Mit Hydraulic Fracking ist das Verfahren gemeint, Gas aus geringporigem Gestein durch Aufbrechen von Rissen herauszulösen.

Erdgas: Normal, Tight und Shale

Mittlerweile wird deutlicher zwischen „konventionellem“ und „unkonventionellem“ Fracking unterschieden. Je nachdem, wie das Porenvolumen des Ortsgesteins ist, wie die Informationsgrafik von Wintershall zeigt, dem größten deutschen Erdgas und Erdölförderer aus Kassel. Die Unterscheidung macht Sinn, denn Tight Gas wird seit mehr als 30 Jahren in Deutschland gefördert. Dabei kommt auch ein Wasser-Chemikalien-Gemisch zum Einsatz. Aber ein gänzlich anderes als bei Shale-Gas in den USA. Dieses Gas verbleibt mangels Poren im Gestein am Ort seiner Entstehung.

Diese Unterscheidung wird wichtig, denn der Bundestag hat bei der Frage nach der Verbindung zwischen Krebs und Schiefergas am Mittwoch auch auf die Unterschiedlichkeit der Förderung verwiesen.

Krebsrate in Bothel

Ende September wurde das Thema medienrelevant, weil eine Auswertung des Epidemiologischen Krebsregisters in Niedersachsen eine Signifikanz in der Krebsrate bei Männern in der Samtgemeinde Bothel im Kreis Rotenburg fand. So sind doppelt so viele Männer zwischen 2003 und 2012 an Leukämie- und Lymphdrüsenkrebs erkrankt wie zuvor. Bei Frauen und anderen Krebserkrankungen gab es keine Häufungen. Weil im Landkreis Verden Erdgas gefördert wird, war die lokale Politik schnell alarmiert. Das Thema führte diese Woche zu einer Befragung des Umweltministeriums in Berlin. Hubertus Zdebel von Die Linke erkundigte sich, ob Krebserkrankungen dazu führen könnten, Gasförderbetriebe still zu legen?

Bergbaugesetz ausreichend

Im Auge hat der Politiker das „Fracking“, für das die Bundesregierung gerade einen Gesetzentwurf zur Regulierung erarbeitet. Grundsätzlich reicht nach Auskunft von Staatssekretär Uwe Beckmeyer aus dem Bundeswirtschaftsministerium das Bergbaugesetz aus. Ähnlich wie bei der Steinkohle kann es eine Beweislastumkehrung auch für den Bohrlochbergbau geben. Dann muss die Firma die Ungefährlichkeit ihres Tuns belegen. Das erleichtert vor allem die Beweislast für typische Bergbauschäden wie „Senkungen, Pressungen und Zerrungen der Erdoberfläche“. Krebserkrankungen zählen dazu allerdings nicht, betonte er. Beim Bergbau haben die Länder viele Rechte und können Betriebe bereits heute stilllegen. Da sei eine zusätzliche Befugnis für den Bund nicht nötig.

Zum Verhältnis von Krebserkrankungen zu Gasbohrungen in Niedersachsen wartet das Wirtschaftsministerium genauere Analysen vor Ort ab, weil die Zusammenhänge noch nicht erwiesen sind: „Der Zusammenhang mit Fracking-Technologien ist aus meiner Sicht zurzeit sehr unwahrscheinlich, da potenzielle Gefahrenquellen wie Benzol, Quecksilber oder auch freigesetztes Methan, die möglicherweise eine krebserregende Wirkung haben, dort nicht vorhanden gewesen sind.“ Dann müsse zunächst Niedersachsen seine Schlussfolgerungen ziehen.

Das dort seit langem praktizierte Fracking werde mit Flüssigkeiten durchgeführt, von denen lediglich eine mit einem Anteil von 0,03 Volumenprozenten „potenziell krebserregend“ ist. Assistenz erhielt der Staatssekretär durch den SPD-Politiker Wolfgang Tiefensee. Es müsse zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking unterschieden werden. „Sonst leisten wir einer Diskussion in der Öffentlichkeit Vorschub, die eher auf Angst als auf konkrete Fakten setzt“. Die in der Öffentlichkeit diskutierte Fracking-Methode betreffe nur das Shale-Gas, für das der Gesetzentwurf gelte. Die Gewinnung von Tight Gas hingegen gibt es in Niedersachsen seit mindestens 40 Jahren. „Den Einsatz der in den USA gängigen Frack-Flüssigkeiten können wir uns hier in Deutschland nicht vorstellen“, erklärte Beckmeyer.

Lesestoff:

[1] „Fracking-Zick-Zack der Bundesregierung“

Der Fracking-Mix für Shalegas

Roland Krieg; Grafik: Wintershall

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