JEFTA
Handel
Grundzüge des Handelsabkommen mit Japan stehen
Vor Beginn des G20-Gipfels haben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe Grundzüge für das Handelsabkommen zwischen der EU und Japan festgelegt. Durch den Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen sollen Wachstum generiert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Verhandelt wird seit 2013, eine Einigung im letzten Jahr schlug fehl.
Übliche Kritik
Für Umweltorganisationen fehlen europäische Verbraucherstandards. Obwohl die EU und die Bundesrepublik sich gegen den Walfang ausgesprochen haben, fehle das Thema im Abkommen, klagte Greenpeace. Da aber Europa keine Walfischprodukte importiere, sei das Thema kein Gegenstand des Abkommens, heißt es in Brüssel. Auch bei Holz gelten auf beiden Seiten gleich hohe Standards. Japan habe sogar die geografischen Angaben europäischer Produkte wie Flönz oder Karpfen akzeptiert.
Dennoch sind auch die Grundzüge nur ein Zwischenergebnis. Was künftig beispielsweise noch im Investitionsschutz ausgearbeitet wird, ist noch offen. In dem Zusammenhang prüfen die EU und die Bundesrepublik noch, ob wie bei CETA das Abkommen mit Japan (JEFTA) auch von den einzelnen Parlamenten abgestimmt werden muss.
Eindeutige Zielmarken
Für den Europaabgeordneten Bernd Lange, Vorsitzender des EU-Handelsausschusses, ist die Einigung ein „erstes politisches Signal. Ein gutes EU-Japan-Abkommen kann globale Standards für Arbeitnehmerrechte, Verbraucher und Umweltschutz untermauern und wirtschaftlich und politisch Chancen für die Europäische Union eröffnen.“
Bis zum Abschluss sei es noch ein weiter Weg. Der SPD-Politiker vergleicht JEFTA mit CETA und wertet das Abkommen mit Kanada als Messlatte. „So sind private Schiedsstellen (ISDS) bei einem Investitionsstreit für das Europäische Parlament bekanntermaßen inakzeptabel. Darüber sagt die politische Einigung noch nichts.“
30 Prozent des Welthandels
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, kommentiert: „Die Einigung mit Japan ist ein entscheidender Schritt, um die Globalisierung nach unseren gemeinsamen Werten zu gestalten. Die Vereinbarung erteilt dem Protektionismus eine klare Absage. Sie hat eine besondere Signalwirkung, da Japan und die EU zusammen für mehr als 30 Prozent des weltweiten Handels stehen. Die Verhandlungen sind noch nicht zu Ende. Bei den Ursprungsregeln im Automobilsektor etwa darf der japanische Vorschlag nicht hinter die Regeln bisheriger Abkommen der EU zurückfallen.“
Boom bei Lebensmittel aus Europa?
„Die Einigung auf ein ambitioniertes, umfassendes und wertebasiertes Freihandelsabkommen mit Japan ist ein Meilenstein in der europäischen Handelspolitik und ein Lichtblick angesichts der zahllosen Abschottungstendenzen weltweit. Wichtig ist das Abkommen sowohl aus politischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen. Nach der blamierenden Hängepartie um das CETA-Abkommen zeigt die EU, dass sie willens und handlungsfähig ist, die Regeln des globalen Handels verantwortungsbewusst mitzugestalten,“ erklärt Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Dabei adressiert dieses Abkommen neben der Senkung von Zöllen, der Abschaffung von nicht-tarifären Handelshemmnissen auch die Bekämpfung des Klimawandels und den Umweltschutz. Mit dem Abkommen werden jährliche Zölle in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro abgeschafft. Darüber hinaus wird ein Anstieg der europäischen Exporte nach Japan um bis zu 180 Prozent im Bereich der weiterverarbeiteten Lebensmittel und um bis zu 20 Prozent bei den chemischen Exporten erwartet.
Vorteil chemische Industrie
Der Verband der chemischen Industrie (VCI) begrüßt den Schritt. Japan gehört zu den großen Handelspartnern der deutschen Chemieindustrie. 2016 wurden Chemikalien und Pharmazeutika für 4,3 Milliarden Euro nach Japan verkauft. Umgekehrt exportierte Japan als viergrößter Chemieproduzent Waren im Wert von 2,8 Milliarden Euro.
Milch und Fleisch
Alexander Anton, Generalsekretär der European Dairy Association (EDA), sieht einen neuen Markt am Horizont. Der Milchsektor in Europa vollzieht in den letzten Monaten und Jahren den erheblichsten Strukturwandel aller Zeiten. Die Wettbewerbsfähigkeit habe gegenüber den internationalen Mitbewerbern zugenommen. Und mit JEFTA kann ein neuer Absatzmarkt entstehen. Das werden die Details der kommenden Monate aber noch zeigen.
Danish Crown sieht ebenfalls neue Absatzmärkte sowie bessere Preise für Schweinehalter und sichere Arbeitsverhältnisse in den Schlachthöfen. Seit Mitte der 1970er Jahre exportieren die Dänen Schweinefleisch nach Japan und kamen rund zehn Jahre später richtig ins Geschäft mit Fernost. In diesem Jahr rechnen die Dänen mit einem Umsatz von drei Millionen Kronen, was demnächst noch ansteigen soll. 2016 haben die Dänen mehr als 100.000 Tonnen Schweinefleisch nach Japan exportiert. Geschäftsführer Jais Valeur habe bereits Signale des japanischen Marktes nach mehr dänischem Schweinefleisch wahrgenommen. Versorgt wird Japan vom Schlachthof in Ringstedt. Erst im letzten Jahr standen die Dänen noch im scharfen Wettbewerb mit Schweinefleisch aus Brasilien und den USA. Seit US-Präsident Donald Trump das asiatische Freihandelsabkommen TPP verworfen hat, sind die Dänen einen Wettbewerber los.
Die europäischen Vereinigungen der Landwirte und Genossenschaften Copa Cogeca sehen nach dem Deal mit Japan auch Exportchancen für europäischen Wein und weiterverarbeitete Lebensmittel.
Kritik
Wettbewerbspolitikerin Katharina Dröge von Bündnis 90/Die Grünen kritisiert das Abkommen als überholt. Japan habe mit Australien ein Abkommen ohne Schiedsgericht verabschiedet. So hätten die Grundzüge im JEFTA auch darauf verzichten können, wenn die EU darauf gedrängt hätte. „Bundesregierung und Kommission halten ohne Not am falschen Weg fest.“ Dröge kritisiert weiter, dass die Debatte um die Verankerung des europäischen Vorsorgeprinzips genauso wie die Debatte um die Beteiligung der europäischen Parlamente offen bleibt und weitergehen wird.
Roland Krieg