Kaffeepreise werden gerechter

Handel

Tchibo beginnt mit der Preiserhöhung

> Das zurückliegende Jahr bescherte dem Lebensmittelhandel viele schlaflose Nächte. Die Verbraucher zeigten ihr geiziges Gesicht und strömten Lemmingen gleich in die Rabattschlachten des Handels. Das dies überwiegend unternehmerisch auch möglich ist, liegt an den besonders niedrigen Einkaufskonditionen, die der Handel bei den Erzeugern festlegt. Allerdings sieht der Handelsverband HDE das Ende der margenvernichtenden Rabattaktionen, auch wenn eine Elektrokette zum Jahresbeginn den Einkauf ohne Mehrwertsteuer versprach ? und natürlich nicht einhalten kann. Rabatt verdrängt den Homo Oeconomicus.

Faire Preise für den Erzeuger
Gerade in der Landwirtschaft bleiben viele Bauern auf der Strecke, da Discounterpreise für Fleisch, Eier und Gemüse keine nachhaltige Landwirtschaft zulassen. Fast jedes Stimmungsbarometer spiegelt die Verbraucheraussage wieder, mehr Geld für bessere Qualität und umweltgerechte Produktion ausgeben zu wollen ? aber die Discounter gewinnen an Marktanteilen. So ist es fast rührig dass der Deutsche Bauernverband die Kampagne ?Lebensmittel sind mehr wert!? gestartet hat ? allerdings fast nur in der Fachpresse und daher am Verbraucher vorbei. Billiger Einkauf hat die Sogwirkung fallender Erzeugerpreise. Fatal bei steigenden Kosten für Produktionsmittel.
Gelegentlich hat die Abwärtsspirale fallender Preise eine Talsohle erreicht: Geringer geht nimmer. Beispielsweise bei Kaffee, der mit rund 2,82 Euro so günstig ist wie zuletzt vor 50 Jahren. In Berlin bieten Discounter Kampfpreise unter 1,90 Euro für ein Pfund Kaffee an. Jetzt verkündet Tchibo steigende Preise, die vermutlich bereits im Februar greifen.

Kaffeepreise steigen zu recht
Für die Produzenten gerechte Preise, sind schwer auszumachen, sofern nicht bestimmte Standards gesetzt werden, an denen sich ein Preis orientieren kann. Der faire Welthandel hat sich bereits früh mit bestimmten Standards und ökologischer Produktionsweise hervorgetan, den Bauernkooperativen mehr zu bezahlen als der Weltmarktpreis hergibt. Der von den größten Kaffeehändlern und Röstern ausgehandelte ?Common Code for the Coffee Community? (s. Herd-und-Hof.de vom 20.09.2004) setzt auch für den konventionellen Kaffeemarkt Standards: Danach darf es beispielsweise keine Kinderarbeit mehr geben, die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft wird nicht mehr verboten, Plantagenarbeiter müssen in ordnungsgemäßen Unterkünften untergebracht sein, Rodungen in geschützten Waldgebieten sind unterbunden und Pestizide, die in der Rotterdamer Konvention über POP (langlebige organische Verbindungen, wie Dioxine, PCB, DDT) aufgelistet sind, werden nicht mehr eingesetzt. Zwar fehlen in der freiwilligen Vereinbarung Preisgarantien, wie Dieter Overath von Transfair bemängelt, jedoch gibt diese Liste einen Eindruck davon, wie es auf den Kaffeeplantagen aussieht und sich in billigsten Preisen niederschlägt.
Von Herd-und-Hof.de auf die niedrigen Kaffeepreise angesprochen äußert sich Hauptgeschäftsführer Winfried Tigges vom Deutschen Kaffeeverband: ?Die derzeitigen Kaffeepreise im deutschen Einzelhandel sind betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar. Mit der Unterschreitung der Preisschwelle von ? 2,00 hat sowohl der Handel als auch die Industrie eine neue Dimension des ruinösen Wettbewerbs erreicht. Eine Preiserhöhung ist daher dringend geboten.?
Ob denn die Produzenten von den steigenden Preisen auch profitieren werden, prognostiziert Winfrid Tigges: ?Aufgrund der gestiegenen Rohkaffeepreise bekommt der Farmer bereits heute ein Drittel mehr für seinen Kaffee als noch vor drei Jahren. Erntprognosen für Brasilien für das Kaffeejahr 2005/2006 gehen von einer 20 % geringeren ernte aus, so dass dieses zu weiteren Steigerungen an den Börsen durch die Verknappung des Angebots führen würde. Auch hiervon gingen ein Teil an den Produzenten.?
Allerdings ist die Lage auf dem Weltmarkt für Kaffee nicht ganz so eindeutig, denn die Internationale Kaffeeorganisation (ICO) hat die Kaffeeländer begutachtet, die nicht zu ihrem Klientel gehören und früher nur wenig zur Weltkaffeeernte beigetragen haben. Vor zehn Jahren lieferten diese Länder nur etwa 870.000 Sack Kaffee (a 60 kg), im letzten Jahr waren es 2,3 Millionen Sack. Ganz vorne sind liegen dabei die asiatischen Länder, die eher mit Tee in Verbindung gebracht werden: Malaysia, Laos, Vietnam und China. Auch ein Land, dass sich vor der Welt fast ganz verschließt und mehr durch seine politische Diktatur auffällt, verstärkt seine Bemühungen, die Kaffeeproduktion aus den landwirtschaftlichen Hinterhöfen in eine großflächige Größenordnung auszuweiten: Myanmar - das frühere Birma.
Der ?Common Code? und die neueste Ausgabe des ?Kaffee-Text? kann unter www.kaffeeverband.de eingesehen werden.

VLE

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