Kapital sucht Werte

Handel

Auswirkungen des Preisverfalls bei Rohstoffen

Deutsche Verbraucher haben den Preisverfall von Rohstoffen im letzten Jahr an den Tankstellen bemerkt. Derzeit steigen die Preise wegen des schwachen Euro wieder. Der muss in größeren Paketen auf die internationale Ladentheke gelegt werden, um Öl oder Eisenerz zu bezahlen.

Doch der Trend sinkender Rohstoffpreise hält weltweit an. Die UN –Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) vermerkte vor ihrem Global Commodity Forum diese Woche in der Schweiz, dass der Ölpreis von 100 US-Dollar im Juni 2014 bis zum Frühjahr 2015 um die Hälfte gefallen ist. Selbst gegenüber dem durchschnittlichen Zehn-Jahres-Wert von 80 US-Dollar ist das ein Minus von 40 Prozent. Das schwächt vor allem die Wirtschaft der Länder, die vom Verkauf des Erdöls leben. Was die reichen arabischen Länder vielleicht noch verkraften können, trifft andere Länder besonders hart. Angola, Nigeria und der Tschad füllen ihre Staatskasse zu 70 Prozent aus dem Ölverkauf. Diese Länder müssen ihre Ausgaben drastisch kürzen, Infrastrukturausgaben und neue Projekte auf Eis legen und können die Gehälter der öffentlich Beschäftigten nur mit Mühe bezahlen.

Überangebote

Nicht nur die Ölpreise fallen. Nach Angaben der UNCTAD befinden sich alle Rohstoffpreise mit einem Minus zwischen zehn und 50 Prozent im Sinkflug. Eisenerz gibt derzeit um 50 Prozent, Kautschuk um 37 Prozent zum Zehn-Jahresdurchschnitt nach. Das gleiche gilt auch für landwirtschaftliche Güter wie Mais und Soja. Grund ist die Überversorgung vieler Wachstumsmärkte und die schwächelnde Nachfrage der BRICS-Länder. Börsengehandelte US-Fonds haben nach Angaben des Handelsblatt im ersten Quartal 2015 einen Nettoabfluss von 1,23 Milliarden US-Dollar zu verzeichnen. Der höchste Abfluss seit 2006. Vor allem Chinas Zurückhaltung beendet einen „Superzyklus“ bei Rohstoffen, den die UNCTAD zuletzt noch definiert hatte. Derzeit sei nicht der beste Zeitpunkt, um Wetten auf Rohstoffe abzuschließen, heißt es in Börsenkreisen.

Politische Auswege

Gefordert sind die lokalen Regierungen der Rohstoff exportierenden Länder, die für ihre Ökonomien neue Anreize schaffen und die Wirtschaft diversifizieren müssen. Der Wechsel hin zu erneuerbaren Energien ist eine Option, lautet das Ergebnis in Genf. Das Preisniveau könnte Anreiz sein, Subventionen auf fossile Rohstoffe zu streichen.

Kapital sucht neue Werte

In Australien suchen sich frei werdendes Kapital und Minengesellschaften lohnendere Alternativen. Letztere steigen nicht mehr in den Handel mit Agrarrohstoffen ein, sondern investieren gleich in die Wertschöpfungskette. Lizensierte Exportfirmen für australisches Rindfleisch nach China oder gleich der Bau eines Pulverturms für die Erzeugung von Qualitätsmilchpulver fangen frei werdendes Kapital auf. Welche Auswirkungen der direkte Einstieg in die Verarbeitungsindustrie für die im Vergleich kleinen Agrargesellschaften oder gar Bauern hat, bleibt abzuwarten.

Chance für fairen Handel

Auf der anderen Seite bietet das Überangebot gerade jetzt eine Chance, Rohstoffe aus fairem Handel zu gewinnen. Schon länger soll die Verbindung zwischen dem Handel mit „Konflikt“-mineralien wie Eisenerz, Zinn oder Gold mit Unfrieden stiftenden, bewaffneten Rebellengruppen, die ihren Kampf mit deren Verkauf finanzieren, gekappt werden. Der EU-Ausschuss für internationalen Handel hat am Dienstag für die Plenarsitzung im Mai eine entsprechende Verordnung vorbereitet, die aus der EU einen „verantwortlichen Importeur für Rohstoffe“ machen soll. Wenn auch knapp, mit 22 zu 16 Stimmen bei zwei Enthaltungen, wurde der Entwurf angenommen. Der rumänische Berichterstatter Iuliu Winkler von den europäischen Christdemokraten zeigte sich nach dem Votum zufrieden: „Der Entwurf stärkt den Kommissionsvorschlag, mehr Verantwortung an Hüttenwerke und Raffinerien zu übertragen.“ Ein mögliches Label gegen Rebellengruppen und Sklavenarbeit bringe die EU näher an die Vorarbeiten der OECD und soziale Verantwortung der Firmen.

Lesestoff:

Wer Rohstoffe importiert, kann gesparte Ausgaben woanders investieren

Roland Krieg

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